Mond der Unsterblichkeit
hineingehen“, bat er leise.
Der nüchterne Tonfall mit dem Aidan ihr berichtete, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie tief ihn der Tod des Vaters erschütterte.
„Vater und ich hatten nie ein sonderlich gutes Verhältnis zueinander. Nach Mutters Tod wurde es dann noch schlimmer. Er konnte einfach nicht akzepti e ren, dass ich nicht so leben wollte wie er. Als ich Te e nager war, verlangte er von mir, aus der Kirche auszutreten. Ich lehnte ab, konnte mich mit seinen heidn i schen Bräuchen nicht anfreunden. Als Kind wir k ten diese Rituale, die meistens im Dunkeln stattfanden, auf mich bedro h lich. Zum Glück stand Mutter mir bei. Aber er hat es mir nie ve r ziehen. Seitdem konnte ich ihm nichts recht machen. Als er von seiner Krankheit erfuhr, und dass es keine Heilungschance gab, ve r schrieb er sich ganz dem Okkultismus und diesem Naturglauben. Ich habe nicht an diesen Hokuspokus geglaubt, und deshalb wohl nicht erkannt, wie tief er sich bereits darin ve r strickt hatte.“ Aidan seufzte und stützte den Kopf in die Hände.
„Du darfst dir keine Vorwürfe machen. Wir alle haben das nicht ernst genug genommen …“
„Doch, du hast ihm geglaubt, und mich gewarnt. Aber ich bin blind gewesen.“
„Wir müssen Hermit überreden, diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen, bevor noch mehr Menschen sterben oder als Monster enden. Lass uns keine Zeit ve r lieren und zu ihm fahren.“
Aidan nic k te.
Draußen tobte ein Unwetter wie schon lange nicht mehr. Ihr Plan, Hermit zu b e suchen, versprach zu scheitern. Sturm heulte um die Mauern und peitschte Regen gegen die Fensterscheiben. Blitze zuckten in alle Himmelsrichtungen und entluden sich in tosenden Donnerschlägen. Sie warteten stundenlang in der Hoffnung auf Besserung, doch es verschlimmerte sich nur. Irgendwann en t schied Amber, trotz des Unwetters zum Haus des Eremiten zu fahren. Aidan stimmte widerwillig zu. Der Wagen kam auf der aufgeweichten, naturbelassenen Straße nur mühsam voran. Die Scheibenwischer zogen quietschend ihre Bahnen und kämpften e r folglos gegen den Regenguss. Sie brauchten fast doppelt so lange wie üblich bis zu Hermits Haus. Zu A m bers Enttäuschung war der Alte nicht da. Sie warteten vergeblich bis Mitternacht im Wagen, auf dessen Dach der Regen unaufhörlich trommelte. Schließlich g a ben sie auf, und fuhren wieder zum Schloss zurück.
„Bei diesem Scheißwetter haben die Vampire bestimmt auch keine Lust auf die Jagd zu gehen“, tönte Kevin vom Rücksitz.
„Hoffentlich.“
Amber verspürte ein ungutes Gefühl. Sie sorgte sich um Hermit. Außerdem begann der Fleck an ihrem Arm wieder zu bre n nen. Sie drückte die Hand darauf, und der Schmerz verebbte allmählich.
„Wir suchen morgen nach Hermit, wenn es hell ist“, schlug Aidan vor.
„Hm“, antwortete sie nur und starrte zum Fenster in die undurchdringliche Dunkelheit hinaus.
Aidan hielt den Wagen dicht vor dem Schlosseingang an. Amber bat ihn, den Abend bei ihr zu verbringen. Wenig später führte sie ihn in ihr Zimmer. Er war noch nie hier g e wesen. In seinem Blick lagen Trauer und Hoffnungslosigkeit. Schwingungen gingen von ihm aus, die sich als Kribbeln auf ihrer Haut entl u den. Es erinnerte sie an die Empfindungen, die sie neulich bei Sally gespürt hatte, genau so dunkel und trist.
Er schloss die Tür mit dem Fuß, ohne sich umzudrehen. Dann riss er Amber in seine Arme und küsste sie so wild, dass ihre Lippen brannten. Auch Amber wollte nur mit ihm zusammen sein und das Grauen der letzten Tage ausble n den. Alles hatte sich verändert, nie mehr würde es so sein, wie es war. Das hinte r ließ unsichtbare Narben, die sie ihr Leben lang begleiten würden. A i dan spreizte ihre Schenkel weit und hob sie hoch. Mit dem Rücken presste er sie gegen die Wand. Mit geschlossenen Augen gab sie sich Aidans wildem Zungenspiel hin, das i m mer fordernder wurde. In diesem Kuss hielten sich Leidenschaft und Verzwei f lung die Waage. Er wollte genau so das Verge s sen finden wie sie. Sie vergrub ihre Hände in seinem dichten Haar und rieb ihre Hüften an seiner Ere k tion. Er stöhnte auf und presste sie so stark gegen die Wand, dass es ihr den Atem rau b te.
„Ich will dich spüren Amber, will mich tief in dir vergraben und diese ganze Welt vergessen“, rau n te er zwischen den Küssen.
Seine Stimme klang kratzig. Er setzte sie ab, einen Arm um ihre Taille g e schlungen, als befürchte er, sie könnte davonlaufen. Ungeduldig zerrte er ihr die Jacke von den
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