Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
Vom Netzwerk:
Augenwinkel.
    „Ich finde seine Superkräfte geil“, sagte Kevin und grinste.
    Amber warf ihm einen skeptischen Blick zu.
    „Schwesterlein, er ist zwar ein Vampir, aber er liebt dich.“ Kevin legte den Arm um sie, das tat so gut.
    „Jetzt noch. Aber irgendwann wird er alles vergessen, was menschlich ist. Können Vampire überhaupt lieben?“ Wie oft hatte sie sich in der letzten Zeit diese Frage gestellt.
    „Ich denke schon. Nur weil sein Körper tot ist, trifft das doch nicht auf seine Gefühle zu.“
    An diesen Hoffnungsschimmer wollte sie sich weiter klammern. Sie betrachtete das Profil ihres Bruders. Die ersten Bartstoppeln zeichneten sich an seinem Kinn ab, und seine Stimme klang kratziger und um Nuancen tiefer. Kevin war reifer geworden, fast erwachsen. Die Erlebnisse hatten Spuren hinterlassen. Genau das brauchte sie jetzt, jemanden wie ihn, der stark war und ihr Mut zusprach. Mit Mom konnte sie nicht sprechen. Nicht, dass sie kein Vertrauen zu ihr hätte, aber sie kam nach Dads Tod mit ihrem Leben selbst nicht klar und machte um alles, was sich nach Problem anhörte, einen großen Bogen. Großer Gott, wie sehr fehlte ihr Dad. Ihm hätte sie sich anvertrauen können und Rat bekommen.
    Ein Kichern ließ sie herumfahren. Sally lag auf dem Bauch und grinste sie spöttisch an. Die Regeneration schritt schnell voran und damit ihre Gefährlichkeit. Wo zum Teufel blieb Aidan? Es dauerte schon viel zu lange. Fieberhaft überlegte sie, wie sie sich vor Sally schützen konnten.
    „Der Vampir wird nicht zurückkommen.“ In Sallys Augen blitzte es auf.
    „Halt die Schnauze“, fuhr Kevin sie an.
    „Er wird nicht zurückkommen, es sei denn, es verlangt ihn nach eurem Blut.“ Sie robbte näher und schnupperte. „Wenn euer Fleisch genauso köstlich schmeckt, wie euer Blut riecht ...“
    „Halt jetzt endlich dein gottloses Maul, sonst ...!“
    Kevin war aufgesprungen und hatte sein Taschenmesser gezückt, das er ihr drohend entgegenstreckte. Sally kniete, warf den Kopf in den Nacken und lachte. Das Lachen ging in ein heiseres Knurren über.
    „Du willst mir drohen?“
    Sie fletschte die Zähne und Amber erkannte die wachsenden Reißzähne. Zu ihrem Entsetzen begann Sally, sich wieder in den Werwolf zurückzuverwandeln. Wenn Aidan jetzt nicht augenblicklich käme, wären sie geliefert.
    „Kevin, nicht.“ Amber hielt ihren Bruder am Arm zurück.
    „Deine Schwester ist klüger, Leckerbissen.“ Sally leckte sich über die Lippen. Ihre Fangzähne ragten bereits über die Unterlippe.
    Das zwang Amber, zu handeln, sie musste erneut die Geister des Feuers um Beistand bitten, bis Aidan zurückkehrte. Wenn sie sich nur nicht so ausgelaugt fühlte. Leise murmelte sie die beschwörenden Worte in der alten Druidensprache Ogham, doch diesmal schien ihr Ruf zu verpuffen. Kein Lüftchen bewegte sich, keine Flamme züngelte aus dem Boden. Sie wusste nicht, ob sie nur zu erschöpft war oder ob die Geister sich von ihr abgewandt hatten. Ihre Hoffnung ruhte auf Aidan, der ihr versprochen hatte, sie nicht lange allein zu lassen. Vielleicht gelang es ihr, Sally in ein Gespräch zu verwickeln.
    „Und was macht dich so sicher, dass Aidan nicht zurückkommt?“ Amber unterdrückte mit Mühe das Zittern in ihrer Stimme. Die ersten Zweifel hatten sich eingeschlichen. Je länger Aidan fern blieb, desto stärker wurden sie.
    „Sein Name ist jetzt Warrior. Ein neues Leben hat für ihn begonnen“, gab Sally barsch zurück und bleckte die Zähne.
    Amber schöpfte Hoffnung, ihr Plan, Sally hinzuhalten, schien aufzugehen. Gleichzeitig versuchte sie, mental nach Aidan zu rufen, seine Gefühle zu erspüren. Aber es gelang ihr nicht, als würden ihre Energiewellen von einem Bleimantel abgefangen. Entweder schottete er seine Gedanken aus irgendeinem Grund ab oder etwas anderes blockierte sie. Ihr wurde eiskalt bei dem Gedanken, Aidan könnte etwas zugestoßen sein.
    Was soll ihm schon passieren? Er ist ein Vampir, meldete sich ihre innere Stimme.
    „Meinetwegen. Und warum sollte Warrior nicht zurückkehren?“
    Dass Sally von Aidan als Warrior sprach, ließ ihn noch fremder erscheinen. Sally reckte sich wie nach einem längeren Schlaf. Grauer Flaum bildete sich auf ihren Armen, der zeigte, wie schnell die Verwandlung voranschritt. Warum hatte sie auch keine Runensteine zum Schutz mitgenommen. Sally kicherte. Das Fell breitete sich in rasantem Tempo auf ihrem Körper aus, ihre Arme waren bereits vollständig bedeckt. Noch einmal versuchte

Weitere Kostenlose Bücher