Mond-Elfe
zusammenzuckte, und wünschte sich, diese Frage wäre nicht gestellt worden. Aber nun mußte er sie beantworten. »Dann werden wir diesen Stamm vollständig auslöschen«, fauchte er grimmig.
Alle äußerten sich auf ihre Art bedauernd wegen eines möglichen Verlusts des Fohlens, aber die Aussicht auf so eine blutige Schlacht ließ sie wohlig erschauern. Es war schon lange her, daß es eine solche Gelegenheit gegeben hatte. Cheiron persönlich widerte es zwar an, aber ihm war klar, daß sein Trupp in der Lage sein mußte, diesen Berg in Schutt und Asche zu legen. Andernfalls würden die Kobolde über das Ultimatum nur lachen. Eventuell würden sie sowieso so lange lachen, bis er seine Macht demonstriert hatte.
»Wir rechnen damit, nachts anzukommen«, schloß Cheiron. »Dann rasten wir bis zum Morgen und verschaffen uns einen Überblick über die Situation, während wir verhandeln. Denkt daran: Wir wollen unsere Macht demonstrieren, aber wir werden nicht wirklich angreifen – bis sie sich entweder weigern, den Gefangenen zurückzugeben, oder sich als nicht vertrauenswürdig erweisen. Disziplin steht an erster Stelle.«
Das verstanden sie. Disziplin war nicht gerade beliebt, aber sie war nun einmal der Preis, um in den Trupp aufgenommen zu werden.
Grundy Golem setzte sich zu Gloha auf Cheirons Rücken, weil er sie wahrscheinlich beide für Verhandlungen brauchte. Gloha sollte mit den Kobolden sprechen, und Grundy würde es für die Truppe übersetzen.
Sie brachen auf. Die kleinen Lebewesen ritten auf den größeren: So begleiteten die Drachenfliegen die Drachen, und der Basilisk ritt auf dem Rokh. Die Harpyien waren relativ unbeholfene Flieger. So mußten sie ebenfalls auf anderen mitfliegen und versprechen, daß sie diese nicht besudeln würden.
Sie flogen in Formation Richtung Nord-Nordost. Die stärksten Flieger waren die Rokhs. Sie hatten ihr Tempo gedrosselt, bildeten vorne einen Keil und brachen Bahn für die nachfolgenden. Die Truppe kam schnell bis zur Spalte voran, und als der Tag zuerst in Dämmerung und dann in Nacht überging, ließen sie sie schon hinter sich zurück. Sie zogen an den Grenzen des Fliegenreichs und des Luftelements entlang, denn sie wollten auf ihrem Weg keine Schwierigkeiten bekommen.
»Ich glaube, ich kenne dich gar nicht richtig, Gloha«, sagte Grundy. »Natürlich weiß ich einiges über dich; als sich deine Eltern zusammentaten, war es fast Krieg. Aber du hast die meiste Zeit bei den Flügelungeheuern und nicht auf Schloß Roogna gelebt.«
»Nun, ich bin ein Flügelungeheuer«, antwortete sie.
»Ich habe niemals ein hübscheres Ungeheuer gesehen!« rief er aus.
Ihr wurde heiß, und sie errötete ganz offensichtlich. Cheiron wollte ihr Gespräch eigentlich nicht belauschen, aber es gab kaum eine Möglichkeit, das zu vermeiden. »Ich wünschte, dort wäre ein Ungeheuer meiner Art gewesen. Aber ich bin das einzige.«
»Ich bin auch der einzige meiner Art«, meinte Grundy. »Aber ich fand das nicht mehr schlimm, als ich dann Rapunzel traf, die wiederum die einzige ihrer Art ist.«
»Aber du bist auch kein Flügelungeheuer«, erklärte sie. »Du hast nicht wie ich die Verpflichtung, eine neue Spezies zu schaffen, ohne deine besten Eigenschaften zu opfern.«
»Das stimmt wohl«, gab Grundy zu. »Die Kobolde und die Harpyien kämpfen schon so lange miteinander, daß es seit Jahrhunderten keine Kreuzung mehr gegeben hat. Ich vermute, daß das zu früheren Zeiten vorgekommen ist. Vielleicht gibt es noch geflügelte Kobolde im Hirnkorallenteich?«
»Der Hirnkorallenteich!« rief sie aus. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht! Oh, ich frage mich, ob es wohl möglich ist? Vielleicht gibt es ja dort einen Mann für mich?«
»Wer weiß?« stimmte Grundy ihr zu. »Du solltest zum Guten Magier gehen und ihn danach fragen.«
»Vielleicht sollte ich das tun! Aber erst, nachdem wir Che befreit haben.«
»Weißt du, Che hat das gleiche Problem«, erzählte Grundy. »Er ist auch das einzige Flügelungeheuer seiner Art. Ihr könntet euch zusammentun, und vielleicht genügt die Antwort auf eine Frage für euch beide.«
»Vielleicht! Oh, Grundy, du hast mir etwas gegeben, auf das ich mich freuen kann!«
Auch Cheiron hatte allen Grund dazu. Er hatte sich über das Schicksal seines Fohlens Sorgen gemacht, denn er wußte, daß es keine Partnerin für ihn gab. Auch wenn es in einem Jahr ein Schwesterfohlen geben sollte, wäre sie nicht die richtige. Damit ihr Geschlecht fortbestehen konnte,
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