Mond-Elfe
beharrte Che und zeigte genau jenen Starrsinn, den sie gerade beschrieben hatte. »Du hast überhaupt kein Recht, etwas von mir zu verlangen. Bring mich sofort zu meiner Mutter zurück!«
Godiva dachte nach. »Wie wäre es, wenn ich es Jenny Elfe erzähle? Und sie kann dir dann sagen, ob du auf den Handel eingehen sollst?«
»Nein, warte…« protestierte Jenny.
Aber Che überlegte es sich. »Jenny ist nicht von dir entführt worden, sie ist freiwillig hier. Sie kann sich mit dir einigen, wenn sie will.«
»Dann komm mit, Jenny«, forderte Godiva sie auf.
»Aber ich bin nur hergekommen, um mit Che zusammen zu bleiben!« rief Jenny. »Ich will ihn nicht verlassen.«
»Ich verspreche dir, dich gleich zu ihm zurückzubringen, wenn unser Gespräch beendet ist«, beruhigte Godiva sie. »Er wird ja nicht mit mir zusammenarbeiten, bis er von dir gehört hat, was ich zu sagen habe. So gibt es keinen Grund für mich, dich von ihm fernzuhalten – außer dem, mein Geheimnis zu schützen.«
Das schien sinnvoll zu sein. »Ich werde es tun«, stimmte Jenny zu. »Aber ich kann nicht versprechen, daß ich Che von irgend etwas überzeugen werde.«
Godiva klopfte wieder an die Tür. »Reich mir die Kleidung herein«, rief sie.
Die Tür wurde entriegelt. Eine Koboldhand wurde sichtbar und reichte ein Kleid herein, das Godiva entgegennahm. Dann folgten ein paar zierliche Schuhe und andere Dinge. Die Tür schloß sich wieder.
»Und jetzt, Che«, sagte Godiva bestimmt, »sieh zur Tür und schließ die Augen.«
»Warum?«
»Weil wir jetzt Jenny Elfe ankleiden werden und das ist etwas, wobei kein Mann zusehen sollte.«
»Aber…«
»Einschließlich Höschen.«
Das wirkte. Er wußte von Höschen. Er blickte zur Tür und kniff die Augen fest zu.
Godiva ging auf Jenny zu und hielt ihr das Höschen hin. Es war rosa und sehr hübsch, viel schöner, als man in einer Koboldfeste erwarten sollte. Jenny schlüpfte hinein. Es folgte ein noch unaussprechlicheres Kleidungsstück – ungefähr auf halber Höhe zwischen Höschen und Kopf. Dann das Kleid, auch in rosa, das ihr fast perfekt paßte und das so ziemlich das Schönste war, das sie je gesehen hatte. Schließlich schlüpfte sie in die Schuhe, die aus dehnbarem Stoff gefertigt waren, der sich nachgiebig um ihre Füße schloß, ohne zu kneifen. Sie betrachtete sich eingehend in dem Steinspiegel und war überrascht. Abgesehen von ihrem wirren Haar sah sie fast aus wie eine Prinzessin!
»Wo – wie hast du nur…« begann sie, während sie die Bürste nahm, die Godiva ihr reichte, und ihr Haar bearbeitete. Es würde niemals auch nur ahnungsweise in die Nähe von Godivas eigenem wundervollen Haar kommen, aber sie konnte es immerhin ein wenig ordnen. Bevor dieses Abenteuer begonnen hatte, reichte ihr Haar bis zur Hüfte, aber inzwischen war es so verfilzt, daß es genausogut hätte abgeschnitten sein können.
»Die Ausstattung gehört meiner Tochter Gwendolyn«, erklärte Godiva. »Sie hat ungefähr deine Größe.«
Ganz offensichtlich! Und das erklärte auch die Qualität der Kleidung, denn Gwendolyn war ja eine Prinzessin beziehungsweise das entsprechende Gegenstück bei den Kobolden. Das Gewand hatte Jenny ebenso gründlich verwandelt, wie Godiva sich durch ihren Kleidungswechsel verändert hatte. Jenny hatte zunächst angenommen, daß Godiva hauptsächlich ungebändigtes Haar trug, aber das war offensichtlich nur außerhalb des Bergs der Fall.
»Jetzt darfst du wieder herschauen«, sagte Godiva zu Che.
Das Fohlen öffnete die Augen, drehte sich um und sah Jenny an. »Du bist schön«, staunte er.
Jenny errötete so tief, daß ihre Sommersprossen kaum noch zu sehen waren. »Das bin ich nicht!« protestierte sie.
Che wandte sich ab.
»Das hättest du nicht sagen sollen«, murmelte Godiva. »Ein Zentaur spricht stets nur die reine Wahrheit. Du hast seine Gefühle verletzt.«
Jenny war entsetzt. »Oh, Che, es tut mir leid«, rief sie und ließ die Bürste fallen. »Ich wollte nicht – ich habe es falsch verstanden! Bitte vergib mir!«
»Natürlich«, brummte er ein wenig aufgemuntert. »Ich hätte es wissen müssen. Es tut mir leid.«
Sie beschloß, dazu nichts weiter zu sagen, sondern umarmte ihn einfach. Dann richtete sie sich wieder an Godiva. »Nun bin ich bereit, dich zu begleiten.«
Sie warf einen Blick auf Sammy, der sich nicht gerührt hatte, seit sie sich in der Kammer aufhielten. »Sammy leistet dir Gesellschaft, wenn ich fort bin, Che. Er wird sich zwar nicht
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