Mond-Elfe
niemals wiederfinden!«
»Und wenn nur eine von uns wieder aus dem Kürbis gelangen kann, welchen Nutzen haben wir dann davon?« erkundigte sich Nada sanft.
»Aber…«, begann Electra aufgeregt. Dann begriff sie. »Du meinst…?«
»Ich meine, daß das eine Möglichkeit ist, um unser Dilemma zu lösen, ohne einen von uns dabei zu bevorteilen.«
»Oh, Nada, ich mag diese Möglichkeit überhaupt nicht!« rief Electra.
»Laß uns einen Pakt schließen«, sagte Nada bestimmt. »Diejenige von uns, die den Kekspfad findet, wird ihm direkt nach draußen folgen, um keine Zeit für die Rettung von Che Zentaur zu verlieren. Diejenige, die ihn nicht findet, zieht sich erst einmal zurück und verfolgt den Pfad nach draußen eben etwas später.«
»Aber wenn wir es beide nach draußen schaffen, wer soll dann Dolph heiraten?«
»Diejenige, die er erwählt natürlich, so wie jetzt schon.«
Electra sah bekümmert aus. Offensichtlich hatte sie einen Verdacht, was Nada plante, wollte diesen aber im Moment nicht aussprechen. »Einverstanden.«
»Sehr gut, damit ist es entschieden«, sagte Nada forsch. Dann glitt sie flußabwärts davon. Sie sah absichtlich nicht zurück, damit Electra nicht anders handeln konnte, als flußaufwärts zu forschen.
Sie hoffte, daß es Electra sein würde, die den Kekspfad fand. Dann würde das Mädchen auf ihm hinausgehen und ihre ursprüngliche Mission allein weiter verfolgen. Die Pfadmarkierungen würden verschwunden sein, so daß Nada nicht mehr in der Lage wäre, ihr zu folgen. Electra würde Dolph heiraten, am Leben bleiben und glücklich sein. Dolph würde auch glücklich werden, denn wenn er erst einmal Electra seine Aufmerksamkeit widmete – was er vorher wirklich noch nie getan hatte –, dann würde er entdecken, daß sie viel besser zu ihm paßte als Nada. Sie entsprach seinem Alter viel mehr, was schon einiges zählte, und noch mehr bedeutete es, daß sie vom Wesen her mit ihm harmonierte. Sie teilte seine jugendliche Begeisterungsfähigkeit. Sie liebte es zu essen, sie konnte niemals ihr Lachen unterdrücken, wenn jemand auf einem Stinkhorn blies und dabei einen faulig riechenden Lärm machte. Das war etwas, was eine Prinzessin sich nicht leisten konnte, aber ein Prinz oder ein einfaches Mädchen konnten das. Und am wichtigsten von alledem war, daß Electra lebte, um Dolph zu erfreuen, und das war etwas, das jeder Mann an jeder Frau schätzte, wenn sie erst einmal seine Aufmerksamkeit gewonnen hatte. Deshalb wäre Dolph viel glücklicher mit Electra, und jedermann wußte das auch, außer ihm. Er mußte nur darauf gestoßen werden, das zu begreifen.
Der Kristallfluß wand sich lieblich hinunter bis zu einem seltsamen See. Er war rot und es schien, als ob er seufzen würde. Nun ja, es war kein wirkliches Seufzen, es klang eher nach einem Weinen.
Sie machte am Ufer halt, das die Form einer Mondsichel hatte – oder besser noch wie ein großgeschriebenes U. Tatsächlich lagen dort anstelle des Sands viele kleine metallene Us. Sie sahen aus wie diese Dinger, die die Zentauren unter ihre Hufe nagelten, damit sie nicht so abnutzten. Sie wurden auch Hufeisen genannt, wahrscheinlich einfach deshalb, weil man diese Eisen an den Hufen trug. Der gesamte Strand bestand aus verlorenen Hufeisen! Für welchen schlimmen Traum mochte dies das Szenario sein?
Sie ging zum Wasser und war von dessen tränender Farbe erstaunt. Nachdem sie sich umgesehen und keinen Menschen entdeckt hatte, verwandelte sie sich in ihre menschliche Gestalt. Dann bückte sie sich, um eine Handvoll Wasser zu schöpfen.
Unter der Oberfläche sah sie Augen, die zu ihr hoch blickten. Huch! War da etwa jemand, der heimlich ihre menschliche Nacktheit begaffte? Nein, es war eine Muschel mit Augen, die sie ansah. Eine Sehmuschel, natürlich.
Sie langte in das Wasser, ergriff den Rand der Muschel, hob sie und drehte sie um. Dann benutzte sie sie, um etwas von dem weinenden roten Wasser zu schöpfen. Sie hob es an den Mund und kostete davon.
Und tatsächlich, es war ein geschmackvolles, alkoholisches Getränk. Roter Wein. Ohne Zweifel ein weiteres Requisit schlimmer Träume.
Nada hatte dafür keine Verwendung. Sie ging den Strand entlang weg von dem Kristallfluß und wünschte sich, daß sie ihre Kleider wieder hätte. Diesen Aspekt hatte sie vergessen, als sie sich von Electra trennte, und nun konnte sie nicht zu ihrer Freundin zurückkehren, um ihre Kleidung wiederzubekommen. Sie mußte eben so damit zurecht kommen.
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