Mond-Elfe
Gestalt an: eine Schlange mit Menschenkopf. Nun konnte sie ohne Schwierigkeiten durch den Schlamm gleiten.
»Ich habe es gesehen! Ich habe es gesehen!« schrie jemand hinter ihnen. Es war ein Mann in einem unheimlichen Mantel, dessen Haar senkrecht vom Kopf abstand. »Ich habe sie gesehen, deine Hös…«
Nada ging zur völligen Schlangenform über und ließ ihren Kopf vorpeitschen, um nach dem schrecklichen Mann zu stoßen. Aber ihre Kiefer schossen direkt durch ihn hindurch. Ihr eigener Schwung warf sie über die Kante des spiralförmigen Schlammpfads, und sie verlor langsam den Halt.
»Nada!« schrie Electra, wobei sie sich nach vorn warf, um Nadas Schwanz zu ergreifen. Aber Nada war bereits zu weit über die Kante gerutscht, wodurch auch Electra mitgerissen wurde, als Nada stürzte.
»Das hättest du nicht tun sollen«, tadelte Nada sie und verwandelte sich in ihre natürliche Gestalt. »Nun fallen wir gemeinsam, welch schreckliches Schicksal uns da unten auch erwarten mag.«
»Aber ich konnte nicht zulassen, daß dieser blöde Vogelschreck dir das antut!« protestierte Electra. »Besonders, wo ich doch wußte, daß er deine Höschen überhaupt nicht gesehen hat. Ich habe die ganze Zeit den Weg beobachtet, und er war überhaupt nicht da, bevor er geschrien hat.«
»Das ist immerhin ein Trost«, stellte Nada fest. »Aber was ich eigentlich sagen will ist: Wenn mir etwas zustößt, muß Dolph dich heiraten. Es ist nicht gut, wenn wir beide…«
»Das ist ja entsetzlich!« protestierte Electra. »Ich möchte nicht, daß du anstatt meiner stirbst!«
»Schau«, versuchte Nada sie zu überzeugen. »Wir können Dolph nicht beide heiraten, und ich will es nicht einmal. Aber es ist eben seine Entscheidung und nicht unsere. Da wir nun einmal wissen, daß er sich sowieso falsch entscheidet, ist es unsere Aufgabe, die Entscheidung für ihn zu fällen.«
»Aber wir sind doch Freundinnen, ich käme nicht einmal in Gedanken darauf…«
»Deine Anständigkeit wird dich noch einmal das Leben kosten, und mich meinen Seelenfrieden«, stellte Nada fest. »Mittlerweile ist die Zeit für verzweifelte Maßnahmen gekommen. Wir müssen einen von uns beseitigen, eben gerade hatten wir dazu eine gute Gelegenheit. Nun aber sterben wir vielleicht beide, und das ist doch auch nicht gut.«
»Du hast vielleicht recht«, stimmte Electra zu, wobei sie sich so auf die Unterlippe biß, wie es sich eine Prinzessin nicht erlauben konnte. »Ich glaube, ich habe einfach nicht nachgedacht. Aber, Nada, ich mußte dich doch retten!«
»Ich hätte bei dir dasselbe versucht«, gestand Nada ein. »Doch wir müssen irgendwann klug werden.«
Sie fielen immer noch, aber es schien Nada, als wenn die Fallgeschwindigkeit nachgelassen hätte. Es kam ihr wieder in den Sinn, daß dies hier der Kürbis war, in dem die Dinge nicht unbedingt das waren, was sie zu sein schienen. War es möglich, daß sie dort unten vielleicht doch nicht zerschmettert wurden?
Electra schaute nach unten. »Da ist ein Fluß!« sagte sie, wobei schon wieder etwas von ihrer Fröhlichkeit durchkam. »Und sogar ein sehr schöner.«
Nada sah hin. Dort war tatsächlich ein Fluß, der im Sonnenschein glänzte. Im Augenblick war Nada nicht in der Stimmung, sich zu fragen, wie hier unten unterhalb des Korkenziehersumpfpfades Sonnenlicht sein konnte. Der Fluß war von einer kristallartigen Schönheit mit vielen perfekt geschliffenen Facetten. »Ich stimme dir zu.«
Ihr Fall verlangsamte sich noch immer, bis sie schließlich weich auf dem Flußufer aufsetzten. Von hier aus sahen die Kristalle des Flusses groß und hell aus. Sie schossen wunderbare Lichtstrahlen in alle möglichen Richtungen. »Was für ein wunderschöner Kristallfluß!« hauchte Electra.
»Aber nun haben wir den Kekspfad verloren«, erinnerte Nada sie desillusioniert. »Wir werden danach suchen müssen, denn wir wollen ja nicht für immer im Kürbis verschollen sein, egal wie schön dieser Teil hier ist.«
»Ja, natürlich«, stimmte Electra ernüchtert zu. »Aber ich bin mir sicher, daß der Korkenzieher sich hier irgendwo befindet.« Offensichtlich waren sie unter ihn gefallen und hatten sich verirrt.
»Wir müssen einfach nach einem Kekshinweiszeichen Ausschau halten«, entschied Nada. »Du suchst flußaufwärts, und ich werde mich flußabwärts umsehen. Das wird unsere Chancen, den richtigen Pfad zu finden, verdoppeln.«
»Wir sollten uns nicht trennen!« protestierte Electra. »Wir werden uns vielleicht
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