Mond-Elfe
schließlich gelungen, auf die Füße zu kommen. Jetzt konnte er selbst etwas gegen die Kobolde unternehmen. Aber er wollte sie nicht zertrampeln. Sie würden unter seinen Füßen zerquetscht werden und die ganze Gegend besudeln. Also drängte er einfach nach vorn, drückte die Bäume beiseite und ließ die Kobolde hinter sich zurück.
Die Horde gab nicht auf. Die Kobolde folgten ihnen, und immer mehr tauchten rechts und links aus dem Dschungel auf – Dolph konnte sehen, wie sie sich duckten, wenn er den Kopf wandte. Aber alles, was sie hatten, waren Stöcke und Steine, und es waren nicht genug, um ihm damit die Knochen zu brechen. Also bewegte er sich langsam vorwärts, und trotz der Kobolde war es ein schnelles Vorankommen.
»Jetzt können wir schlafen«, meinte Electra. »Was für eine Erleichterung!«
»Was für eine Erleichterung!« wiederholte Godiva.
Bald darauf verfielen sie alle in Schweigen. Sie schliefen. Dolph war ebenfalls die ganze Nacht wach gewesen, aber er konnte jetzt noch nicht schlafen. Nun gut, vielleicht würde er später an die Reihe kommen.
»Ziemlich stumpfsinnig, nicht wahr?«
Es war Metria. Zum ersten Mal freute er sich über ihre Gesellschaft. Sie würde ihn wach halten. Aber das durfte sie nicht wissen. »Bist du noch immer da?« fragte er mit vorgetäuschtem Ärger. »Es ist jetzt alles entschieden, also könntest du dich genausogut davonmachen.«
»Nichts wurde entschieden«, widersprach sie. »Wenn du erst einmal das opferbereite Fohlen bei den Kobolden abgeliefert hast, fängt der Spaß erst richtig an. Warte nur ab, bis die Flügelungeheuer eintreffen!«
»Welche Flügelungeheuer?« fragte er und blickte nervös in die Runde. Ein Flugdrachen könnte im Gleitflug lautlos herankommen und seine Reiter rösten. Das wäre ein Problem.
»Diejenigen, die Cheiron Zentaur zur Rettung seines Fohlens ausgesendet hat. Du mußt wissen, daß sie nicht lange fackeln.«
»Daß sie nicht was?«
»Herumreden, zögern, um den heißen Brei herumschleichen, auf Samtpfötchen…«
»Katzenpfötchen?«
»Egal. Sie werden den Koboldberg jedenfalls Tunnel für Tunnel demolieren. Das ist eine Vorstellung, die ich um nichts in der Welt versäumen möchte!«
Möglicherweise hatte sie recht. Chex Zentaur war eine verhältnismäßig sanfte Kreatur, die selten ihren Schweif in einen Streit verwickelte. Aber ihr Gatte, Cheiron, war ein Hengst, und er duldete nur wenig oder gar keine Einmischung in seine Angelegenheiten. Und sein Fohlen war mit Sicherheit seine Angelegenheit! »Wir werden die Spalte bestechen müssen!« murmelte Dolph.
»Wen bestechen?«
»Die Hölle, die Unterwelt, den Hades…«
»Das wirst du nicht, o nein!« erwiderte sie lachend. »Du wirst mich nicht dazu bringen, das schmutzige Wort auszusprechen, das du hören willst! Ich weiß, daß du es nicht kennst.«
»Stopfnaht!« fluchte er.
»Nähen, heften, reparieren?« fragte sie besorgt.
»Wirst du jetzt endlich verschwinden, du… du was auch immer?!«
»Selbstverständlich, Süßer. Ich liebe es, dich zu piesacken. Ich glaube, ich komme in deiner Hochzeitsnacht mal vorbei und beobachte dich dabei, wie du versuchst, den Storch herbeizurufen.«
»Storch?«
»Das ist es, was man unter Hochzeit versteht, mein unschuldiges Jungchen. Aber das ist ziemlich egal, bis du dem Storch wirklich begegnest.«
»Aber ich weiß doch gar nicht, wie ich das tun soll!«
»Daher wird es wohl ein selten schönes Vergnügen für mich werden.«
Dolph stampfte weiter voran, aber er war nicht mehr ganz so zufrieden mit seinem Erfolg, sie zum Bleiben bewegt zu haben. Wie sehr wünschte er doch, er könne die magische Barriere überwinden und erwachsen werden, damit er alles über die Erwachsenenverschwörung erfahren konnte! Dann würde es der Dämonendame nicht gelingen, ihn so grausam zum Narren zu halten.
Aber zunächst einmal mußte er heiraten, und das war noch schlimmer. Oh, es würde ihm durchaus gefallen, Nada zu heiraten, aber der Gedanke daran, Electra sterben zu sehen, erschütterte ihn. Und wenn er sie heiratete und Nada verlöre, würde ihm das Herz brechen. Die Zeit verrann so schnell, wie seine großen Sphinxfüße voranstampften, aber er war einer Antwort nicht nähergekommen als vor sechs Jahren, bei seiner Verlobung mit den beiden Mädchen. Die Neuigkeit, daß er den Storch herbeirufen sollte, machte es nur noch schlimmer. Nada kannte das Geheimnis, aber Electra nicht. Und er fürchtete, Nada würde es ihm nicht erzählen.
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