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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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kenne mich in weiten Teilen mit der StPO aus, ja.«
    »Paragraf 121. Haben sie den im Kopf?«
    »Wenn ich gewusst hätte, dass er für Sie eine so große Rolle spielt, dann hätte ich ihn vor unserem Treffen noch studiert. Soll ich uns eine Ausgabe der aktuellen StPO kommen lassen?«
    »Das wird nicht nötig sein, ich kenne den Wortlaut auswendig.« Kayibanda lächelte verschwörerisch, bevor er begann, wie ein Schulmeister den Text zu zitieren, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu verhaspeln: »Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.« Während der Rede hatte er Wiese die ganze Zeit über freundlich angesehen. Als er fertig war, lächelte er noch immer.
    Wiese blickte den Ruander an. Er beschloss, nichts zu erwidern. Was sollte er auch sagen? Der Gesetzestext war vermutlich wortgetreu wiedergegeben. Doch worauf wollte Kayibanda hinaus?
    Eine Minute des Schweigens verstrich. Eine zweite folgte.
    Ein stummer Machtkampf, dessen Ausgang Wiese bestimmen wollte. Kayibanda durchbrach das Schweigen schließlich. Ein Achtungserfolg für Wiese, zu dem er sich im Stillen gratulierte.
    »Meine Untersuchungshaft läuft in vier Tagen ab. Für eine längere Haft muss das Oberlandesgericht Hamburg neu entscheiden.«
    Schlagartig ging Wiese der perfide Plan des Mannes vor ihm auf: Selbst wenn das Gericht für eine Verlängerung der Untersuchungshaft votierte, am längeren Hebel saß noch immer der Generalbundesanwalt Johannes Nikolaus von Schellenburg. Er war weisungsbefugt. Er konnte erreichen, dass eine Anklage fallen gelassen wurde. Noch war der Prozess nicht eröffnet, noch arbeitete eine ganze Armada internationaler Ermittler an der Zusammenstellung der Akten. Die Verlängerung der Untersuchungshaft war in einem so brisanten Fall normalerweise eine reine Formalie, doch der Plan von Bernard Kayibanda war schlau.
    »Was sollte das Oberlandesgericht davon abhalten, die Untersuchungshaft zu verlängern?« Er musste ein bisschen Zeit gewinnen, um eine Strategie zu entwickeln.
    »Andrea Katharina von Schellenburg«, antwortete Kayibanda im gewohnt freundlichen Ton. »Meine Generäle haben das Täubchen unter ihre Fittiche genommen und sorgen dafür, dass sie unversehrt nach Europa zurückkehrt, sobald ich afrikanischen Boden betrete.«
    »Sie fordern also Ihre Ausreise nach Afrika?«
    »Ich wünsche mir nichts sehnlicher. Genauer gesagt: Ich möchte nach Uganda ausreisen. Linienmaschinen fliegen fast jeden Tag von Amsterdam und Brüssel. Ich fliege nach Kampala, und meine Leute werden Ihnen die junge Dame am Flughafen in bester Verfassung übergeben.«
    »Was würde wohl geschehen, wenn wir Sie nicht ausreisen ließen?«
    Kayibanda erhob sich von seinem Stuhl, ging ein paar Schritte in dem kleinen Raum auf und ab. Dann kehrte er an den Tisch zurück, beugte sich zu Wiese herab und sagte in ruhigem Ton: »Ich weiß es nicht genau. Aber ich bin sicher, dass sie ihre Urlaubsreise nicht mehr so sehr genießen wird wie bisher.«
    Er setzte sich.
    »Sie sind ein kluger Mensch, Herr Kayibanda. Sie werden wissen, dass wir Ihnen das nicht einfach so glauben können. Sie müssten uns zunächst einen Beweis erbringen, dass Frau von Schellenburg und die anderen Touristen wirklich noch am Leben und in den Händen Ihrer Leute sind.«
    »Die Beweise können Sie gerne haben. Was stellen Sie sich genau vor?«
    »Ein Telefonat mit allen Geiseln. Noch heute.«
    »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es dort oben in den Bergen keinen Telefonempfang gibt.«
    »Jetzt erzählen Sie mir nicht, sie hätten Ihren Leuten noch nicht einmal Satellitentelefone mitgegeben ...«
    »Wir sind eine arme Organisation, die ohne internationale Unterstützung für die Befreiung Ruandas kämpft. Wir können uns diese Dinge nicht leisten.«
    »Ihre Organisation hat die meisten der ertragreichen Gold- und Coltanminen an der kongolesischen Ostgrenze unter ihrer Kontrolle. An Geld fehlt es Ihnen bestimmt nicht.«
    »Sehen Sie, Herr Wiese, ich schätze Sie als Verhandlungspartner sehr. Ich werde das also für Sie möglich machen. Bis morgen bekommen Sie den

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