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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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nicht, Mbusa über das Gespräch zu befragen. Als es Abend wurde und das Lagerfeuer hell loderte, zog Kambere sich zurück und legte sich in seiner Hütte auf den Boden. Schlafen konnte er nicht. Die vielen Gedanken wirbelten in seinem Kopf durcheinander und ließen ihm keine Ruhe. Ein Geräusch riss ihn aus der Verwirrung. Erst dachte er, die Balindi säßen vor seiner Hütte, doch dann zeichnete sich der Umriss seines besten Freundes Baluku vor ihm ab. Der Junge kam in die Hütte und setzte sich neben Kambere.
    »Was war heute mit dir los? Erst warst du mit Mbusa lange weg, und danach hast du fast nichts mehr gesagt.«
    »Ich weiß selber nicht genau, was um mich herum geschieht. Was würdest du sagen, wenn ich für eine Weile fortgehe?«
    »Was meinst du damit? Fortgehen ... aus dem Tal?«
    Kambere nickte.
    »Das geht nicht. Keiner hat das bisher getan.«
    »Nur weil es bislang keiner getan hat, bedeutet das noch lange nicht, dass es unmöglich ist.«
    »Die Alten müssen zustimmen.«
    »Ich weiß. Aber es gibt ja auch noch die Geister. Wenn die entscheiden, dann können die Alten nichts tun.«
    Baluku sah seinen Freund ratlos an. Dann fragte er: »Kann ich bei dir schlafen? Da drüben ist es so einsam.« Kambere nickte.
    Sie hatten noch nicht lange auf dem Boden gelegen, als Kambere wieder einen Jungen am Eingang seiner Hütte bemerkte. Aber diesmal war es keiner aus der Gruppe, sondern ein Geist. Er war unfassbar weiß. Der beinahe durchscheinende Junge hockte auf dem Boden und sah Kambere wortlos an. Kambere erschrak. Es dauerte einen Moment, bist er wieder ruhiger wurde. Der Geist sprach nicht, sondern bat ihn schweigend um Hilfe. Ein Unglück war geschehen. Menschen waren in Not, und sie brauchten seine Hilfe. Kambere spürte Müdigkeit. Er versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was der weiße Junge ihm mitteilte, aber sein Kopf sackte immer wieder zur Seite. Schließlich schlief er ein.
    Der Geist erhob sich und verschwand in der Nacht.

41
    Am Pass, 18. Juni
    Tom öffnete die Augen. Er lag gekrümmt auf der Seite, die Beine bis zum Bauch angezogen.
    »Jens«, flüsterte er.
    Andrea saß neben ihm, griff nach seiner Hand und strich ihm liebevoll über das Gesicht. Peter stand etwas weiter von ihnen entfernt, bis zu den Knien im Schnee versunken, und blickte den Hang hinab, nach Nordwesten, in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    Um sie herum wurde es heller. Die Sicht wurde schnell besser. Nach wenigen Minuten ebbte der Schneefall schließlich ganz ab, und die Wolkendecke brach auf. Gleißendes Sonnenlicht strahlte auf sie und die weiße Umgebung herab. Sie schienen in Sicherheit.
    Mühsam hob Tom den Kopf und sah sich um. Sie befanden sich auf dem Scheitelpunkt des Gletschers, auf einem lang gezogenen Pass zwischen zwei sich grauweiß und majestätisch in den Himmel erhebenden, wild gezackten Bergspitzen. Tom musste die Augen zusammenkneifen, damit er bei der plötzlichen Helligkeit überhaupt etwas sehen konnte. Schnee, so weit das Auge reichte.
    Er schaute den Berg hinunter, doch da war niemand mehr. Nur Schnee. Keine Menschenseele. Weder Hans und Imarika, noch einer von den Rebellen. Sie waren vom Schnee verschluckt worden, als wären sie lediglich ein Spielball der Naturgewalten. Tom stammelte leise vor sich hin. Um ihn zu verstehen, beugte Andrea den Kopf zu ihm herab.
    »Der Berg, er ist riesig«, murmelte er. »Alles so weiß ...«
    »Was meinst du damit?«, fragte Andrea ihn leise.
    Er wandte ihr den Kopf zu, sah ihr mit flackerndem Blick in die Augen.
    Andrea dachte daran, welch gewaltige Kräfte unter dem Schnee verborgen sein mussten, auf dem sie saß. Unter seiner Last wurden unaufhörlich Eiskristalle zusammengepresst und formten den riesigen Gletscher, den sie stundenlang hinaufgewandert waren. Sie, Tom und Peter hatten einen gigantischen Schneesturm überlebt, hatten ihre Verfolger abgeschüttelt und dabei zwei ihrer Leute verloren. Sie waren ohne Essen und ohne Trinken. Und sie waren zu Tode erschöpft. Alle drei. Ihr Atem versorgte ihre Körper kaum noch mit ausreichend Sauerstoff. Dazu die Ungewissheit, was sie nun erwartete. Waren die Rebellen der Lawine vielleicht doch noch entkommen und befanden sich schon wieder auf dem Weg zu ihnen, oder hatten die Schneemassen sie für immer unter sich begraben? Was sie auf der anderen Seite des Berges erwartete, wussten sie ebensowenig. Ob sich dort die kongolesische Grenze entlang zog? Oder hatten sie diese längst übertreten? Sie waren

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