Mondberge - Ein Afrika-Thriller
zwischen den Bergen Crophi und Mophi erwähnte, die bis heute niemand identifiziert hat. Er kennt aber auch die Niederschriften des Diogenes, der angeblich bis zu den Quellen des Nils vorgedrungen ist und feststellte, dass der Nil von geschmolzenem Schnee gespeist wird, der sich in zwei Seen sammelt.
Seit der alte Grieche seine unbedarften Linien auf ein Pergament zeichnete, beschäftigte die Menschen die Suche nach dem Ort, den der Mann gemeint haben könnte. Die großen Herrscher über die Welt versuchten den Berichten auf den Grund zu gehen. Doch keiner von ihnen fand auch nur den kleinsten Hinweis auf die von Ptolemäus erwähnte Quelle des Nils. Ganz zu schweigen von den Bergen, die eine wie auch immer geartete Verbindung zum Mond haben sollten.
Der Weiße Nil wird unter anderem durch das Wasser des Viktoria-Sees gespeist. In diesen mündet der Fluss Kagera, der aus Ruanda und Tansania weit im Süden nach Norden strömt. Für die Ruander ist damit klar: Der Nil entspringt inmitten der Berge ihres Landes. Die Ugander sehen das ganz anders. Für sie befindet sich die Quelle des Nils in dem Ort Jinja, an dem das Wasser aus dem Viktoria-See in den Viktoria-Nil fließt. Aus Burundi hingegen kommt der Ruvuvu, der ebenfalls zum Oberlauf des Nils gezählt wird. Damit ist geklärt, wo der Nil für die Burundier seinen Ursprung hat.
Noch heute streitet die Wissenschaft darüber, wo der Ursprung des Stroms zu finden ist, der vor fünftausend Jahren die einzigartige ägyptische Hochkultur beförderte.
Dabei wird auch immer wieder die Frage gestellt, ob nicht die größte Menge Nilwasser aus dem Ruwenzori kommt und somit dieses Gebirge die wichtigste Nilquelle ist. Denn das Wasser westlich des Ruwenzori fließt über den Semliki, der in den Albert-See mündet, ebenfalls in den Nil. Östlich des Gebirges sammelt sich das Wasser in vielen kleinen Flüssen, die entweder in den Georg-See, den Albert-See oder den Viktoria-See fließen. Alles Wasser aus dem Ruwenzori endet also letztlich in den Fluten des Weißen Nils.
Da die von Ptolemäus erwähnten Mondberge bis heute nie eindeutig identifiziert wurden, sponnen sich um sie im Laufe der Jahrhunderte Legenden. Einige Expeditionen kamen den Bergen zwar offenbar sehr nahe, aber wegen des immerwährenden Nebels und der scheinbar unverrückbaren Wolken auf den Gipfeln liefen die berühmten Forscher lange an ihnen vorbei.
Weshalb Ptolemäus diese Berge jedoch als »Montes Lunae« bezeichnete, blieb ein unerschöpflicher Quell für immer neue Mythen, die noch auf ihre Auflösung warten.
Tom stand bereits seit einer Weile vor seinem Zimmer, als die Sonne aufging. Er ließ sich vom faszinierenden Anblick der ihn umgebenden Landschaft in den Bann ziehen und dachte an die Mythen und Anekdoten über den Ruwenzori. Leichte Nebelschwaden zogen vom nahe vorbeirauschenden Gebirgsfluss Mubuku über das Gelände der Hostel-Anlage. Tom blickte auf die Hügel, die sich vor seinen Augen erhoben. Grün. Tausende Schattierungen von Grün. Rechts und links an den nahegelegenen Hängen stiegen dünne Rauchsäulen aus den Hütten auf; die Menschen arbeiteten bereits auf den steil abfallenden Feldern. Der Himmel war strahlend blau, nur ganz in der Ferne, über den Höhen des Ruwenzori, hielt sich eine dunkle Wolke an den Bergspitzen fest, als sei sie betoniert.
Die Kamera hatte er griffbereit, seine Trekkingschuhe an den Füßen, der Tagesrucksack war gepackt. Es konnte losgehen. Tom brannte darauf, in die Höhe zu steigen, in die Geheimnisse dieses Gebirges einzutauchen, das für ihn eine große Chance bereithielt.
Er betrat gleichzeitig mit Peter die Terrasse. Tom bestellte sich einen Kaffee. Wenn man das Instantgetränk überhaupt so nennen konnte, das er gleich bekommen sollte. Auf einen normalen Bohnenkaffee musste er in dieser Region verzichten. Eine Spur, die die westliche Welt nach Jahren der Invasion und Ausbeutung hinterließ, war, dass Kaffee hier zwar angebaut, aber weder geröstet noch getrunken wurde. Immerhin war das Wasser für die Zubereitung hier unten noch klar; weiter oben, in den Camps, würden sie auf die Flüsse und Bäche zurückgreifen müssen, die voller Schwebeteilchen waren.
Er sah sich ruhig um – noch war er allein mit Peter. Das war wohl seine letzte Chance, mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Also kam er sofort auf den Punkt.
»Kann ich dich etwas fragen?«, sprach er ihn an.
»Natürlich. Alles was du willst«, antwortete der.
»Ich möchte die Wanderung
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