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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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brauchten gutes Essen, und das kleine Feld hinter der Hütte gehörte der Familie und musste bestellt werden. Zwei Ziegen, etwas Mais und Manjok, drei Bananenstauden – mehr hatten sie nicht. Und doch war das Leben dort schön gewesen. An manchen Tagen war Hitimana in die Missionsschule im Nachbarort gegangen. Dort hatte er Englisch gelernt. Das Dorf gab es nun nicht mehr. Das Letzte, woran Hitimana sich erinnerte, waren die brennenden Hütten, der Geruch versengten Fleisches, die Schreie der Nachbarn und Freunde.
    Obwohl seine Eltern tot waren, waren sie immer bei ihm. So wie seine Schwester, die die Demütigungen nicht überlebt hatte. Manchmal nahm er sie in seiner Nähe wahr. Heute war es sein Vater, der ihn begleitete. Er stützte ihn, gab ihm Kraft. Kraft, die Strapazen des Lagers und die Launen des Generals zu ertragen. Seine Mutter war für ihn da, wenn er Rat suchte. Er sprach dann manchmal stundenlang mit ihrem Geist.
    Vor ihm gingen die beiden Neuen. Sie waren erst vor einer Woche in die Armee gezwungen worden, nachdem die ALR ihr Dorf überfallen hatte. Hitimana war dabei gewesen. Die Erinnerungen an den Überfall auf sein eigenes Dorf waren aufgestiegen; er hatte geglaubt, seine Freunde wiederzusehen, doch es waren andere Männer und Frauen, die vor ihm und den Soldaten weggelaufen waren.
    Innocent war in dem Chaos auf ihn zugekommen, hatte breit gegrinst und gesagt, Hitimana solle jetzt beweisen, dass er ein Mann sei. Er hatte ihn hinter eine Hütte geführt, wo ein Mädchen nackt auf der Erde lag. Einer der anderen Soldaten verging sich gerade an ihr. Das Mädchen war vielleicht elf Jahre alt, sie schrie nicht, sondern sah nur mit weit aufgerissenen Augen stumpf in den Himmel. Als der Soldat mit einem Stöhnen fertig wurde und aufstand, stieß Innocent Hitimana auf das Mädchen. »Jetzt zeig mal, was du kannst!«, sagte er lachend. Er zog ihm die Hose runter. Hitimana stand verwirrt vor dem Mädchen. Deren Blicke klammerten sich starr an die Bäume, Tränen trockneten an ihren Schläfen. Hitimana musste sich auf sie legen. Die Soldaten um ihn herum lachten. Er ahmte die Bewegungen nach, die er bei dem Mann gesehen hatte. Einmal schaute ihn das Mädchen an. Hitmana schloss die Augen.
    Einer der anderen Soldaten stieß ihn zur Seite und zog sich selber die Hose herunter. Hitmana saß auf dem blutigen Boden eines vernichteten Dorfes, mit heruntergelassener Hose, sah das Mädchen unter dem schwitzenden Soldaten und die Tränen flossen ihm aus den Augen. Als der Soldat fertig war, ließen sie das Mädchen einfach hinter der Hütte liegen. Ihr kleiner Körper war blutüberströmt. Einer der beiden Jungen, die nun als neue Soldaten vor ihm gingen, Ndabarinzi, hatte die ganze Zeit dabeigestanden. Hitimana wusste inzwischen, dass die Kleine seine Schwester gewesen war.
    Als hätte er bemerkt, dass Hitimana an ihn dachte, drehte sich Ndabarinzi um. Er war vollkommen erschöpft. Er trug einen viel zu schweren Sack. Doch es wäre Hitmanas sicherer Tod gewesen, wenn er dem Jungen geholfen hätte. Innocent ging direkt hinter ihnen. Sie sollten gestählt werden für die anstehenden Aufgaben und Gefahren.
    Nach nicht enden wollenden Stunden erreichten die Soldaten ein Hochplateau. Vor ihnen erhoben sich schroffe Berge in den Himmel. Hinter ihnen stand die Sonne tief am Horizont. Paul gab den Befehl, ein Lager aufzuschlagen. Erschöpft ließ sich Hitimana auf die schlammige Erde fallen. Einige Männer machten sich sofort daran, provisorische Hütten aus Baumstämmen und Planen zu errichten. Hitimana und sein Freund Mugiraneza wurden zum Kochen eingeteilt. Die Beine, die Schultern und die Arme schmerzten. Als Hitimana zu der einfachen Kochstelle ging, sah er das Tal hinter sich. Tief unter ihnen erstreckte es sich fast endlos, dicht bewaldet, unendlich grün. Am Rand der weiten Ebene zu seinen Füßen strahlte ihm die rote Scheibe der untergehenden Sonne entgegen.
    Hitimana blieb stehen. Das da unten war sein Land. Hier war er zu Hause. Er spürte seinen Vater neben sich, der gemeinsam mit ihm diese atemberaubende Landschaft betrachtete. Er sehnte sich nach seinen Eltern, seinen Freunden. Und er dachte an seinen Bruder, der vielleicht genau in diesem Moment von einer anderen Stelle aus der untergehenden Sonne entgegenblickte.
    Er durfte seine Aufgabe nicht vergessen, besann sich Hitimana. Schnell eilte er zur Kochstelle hinüber und begann mit der Arbeit. Es gab wie fast immer Kassava, einen Brei aus Maniokmehl.

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