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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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und ihnen optisch ähnlich, wachsen sechs, acht, zwölf, manchmal bis zu fünfzehn Meter in die Höhe. Undurchdringlicher Regenwald, die harten Stämme des acht Meter hohen Bambus, dichte meterdicke Moospolster und mit Tausenden von Bartflechten behangene Urwaldriesen.
    Lobelien, aus dem Gartencenter als kleine, zierliche Pflanzen bekannt, strecken sich hier mit ihren Blütenständen bis zu zehn Meter in den Himmel – in ihrem Inneren gefüllt mit einer Flüssigkeit, die als Frostschutz wirkt. Die Senezien stehen ihnen in nichts nach. Abgestorbene Blätter schützen den viele Meter hohen Stamm vor den niedrigen Temperaturen der Nacht, und nur an den Spitzen recken sich die frischen Blätter nach dem Licht.
    Die immerwährende Feuchtigkeit und eine intensive UV-Strahlung begünstigen den Riesenwuchs in den großen Höhen. Da hier allerdings so gut wie keine Insekten mehr leben – der Luftdruck ist zu niedrig und lässt die Chitinpanzer explodieren – übernehmen Nektarvögel die Bestäubung der Blüten.
    Nie endende Wassermassen führen den Pflanzen ununterbrochen flüssige Nahrung zu. Umso mehr erstaunt es, dass große Flächenbrände im Ruwenzori keine Seltenheit sind.
    Tom kannte die Besonderheiten des Ruwenzori sehr gut.
    Das hohe Elefantengras beherrschte noch immer das Bild, doch es begann nach und nach dem Bergregenwald Platz zu machen. Die Bäume wurden höher, Lianen rankten von den Wipfeln fast bis auf die Erde herab. Über den Köpfen der Wanderer schloss sich bereits hin und wieder das grüne Blätterdach. Der Weg wurde zunehmend sumpfig und auch die Luft war schwer vor Feuchtigkeit. Beinahe unmerklich ging es steiler bergauf, und das Gehen wurde anstrengender. Nicht nur Tom war verschwitzt, auch Andreas Kleidung triefte mittlerweile. Die feuchte Hitze und die ungewohnte Anstrengung forderten den Wanderern einiges ab.
    »Hat Nzanzu dir eine Einführung in seine Kultur gegeben?« Tom ging neben Andrea, die in Gedanken versunken schien.
    »Er hat mir über die Geister seines Volkes berichtet«, entgegnete Andrea. »Ich denke die ganze Zeit darüber nach. Das ist doch spannend, findest du nicht?«
    »Ausgesprochen. Aber du solltest dich damit nicht zu viel beschäftigen. Sonst glaubst du am Ende selbst noch daran.« Tom blickte sie ernst an, dann begann er zu grinsen. Andrea boxte ihn in die Seite, und er tat, als sei er schwer getroffen.
    »Heraus damit: Was treibt dich zum zweiten Mal in diese Wildnis?«, fragte Andrea stichelnd.
    Tom stapfte eine Weile schweigend neben ihr her.
    »Ich bin auf der Suche nach einem Tal, von dem mir eine alte Frau erzählt hat«, sagte er schließlich ernst.
    »Ah, ein Tal! Wie aufregend«, meinte Andrea ironisch.
    Tom fragte sich, ob er ihr erzählen sollte, was er gehört hatte. Vielleicht erklärte ihn Andrea dann für verrückt. Aber er wollte dem Bericht nachgehen. Schließlich war er Journalist und Fotograf, und der Chefredakteur des National Geographic Magazins hatte ihn zu der Reise ermutigt. Storys dieser Art gab es heute nicht mehr viele. Sie könnte sein Durchbruch werden. International.
    »Ich weiß nicht, ob es das Tal wirklich gibt, aber wenn, dann will ich es sehen und darüber berichten.«
    »Was ist denn so besonders an diesem Tal?«
    »Es soll angeblich so ursprünglich sein wie kein anderes in dieser Gegend. Vollkommen unberührt, wunderschön und geheimnisvoll.« Er machte eine Pause. »Kein Europäer hat es je betreten.«
    Milchige Schwaden zogen zwischen den mit Flechten überwucherten Bäumen hindurch. Die Formen und Farben verschwammen im dichten Nebel. Manchmal riss er plötzlich auf und gab die Sicht tief in den Wald hinein frei. Die Umgebung war gespenstisch.
    An einer kleinen Erhebung konnten Tom und Andrea von einem Felsen aus weit ins Tal blicken, und unter ihnen eröffnete sich eine faszinierende Welt aus Hügeln, Tälern und Bergspitzen, aus unendlichem Wald und schroffen Felsen. Im nächsten Moment verschwand wieder alles unter einer dichten Wolke.
    Toms Gedanken schweiften ab. Er dachte an die alte Frau, die er letztes Jahr in einem Dorf am Rande des Ruwenzori getroffen hatte. Er hatte sich lange durchfragen müssen, bis er sie gefunden hatte, doch schließlich stand er vor ihr. Die Einheimischen nannten sie die Weise, das wandelnde Geschichtsbuch der Bayira. Sie musste über neunzig Jahre alt sein. Zu ihr kamen die Menschen von weit her, um sich über ihre Kultur und ihre Ahnen auszutauschen, denn sie war voller Geschichten über den

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