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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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Zuhause hatte er die Kassava seiner Mutter geliebt, hier schmeckte sie jedoch fade, beinahe eklig. Nach dem Essen zogen sich die Jungen unter eine der Planen zurück. Rechts neben Hitimana lagen Ndabarinzi und Mugabo, die Unzertrennlichen; auf seiner linken Seite hatte sich Mugiraneza zusammengerollt. Hitimana hatte sich in der letzten Zeit mit ihm angefreundet, obwohl Mugiraneza fast drei Jahre jünger und eigentlich noch ein Kind war. Jede Nacht weinte er – still, damit es niemand bemerkte. Nur Hitimana hörte es. Auch heute. Vorsichtig legte er dem kleineren Jungen seinen Arm um die Schultern. Für einen Moment erstarb das Weinen. Dann spürte er wieder das leichte Zucken des von Trauer geschüttelten Körpers.
    Er war gerade eingeschlafen, als ihn eine Hand an der Schulter berührte. Innocent stand neben ihm und forderte ihn leise auf, aufzustehen. Hitimana taumelte wackelig hinter ihm her an den anderen Schlafenden vorbei zu einem kleinen Zelt, das Innocent allein zur Verfügung stand. Dort ließ sich der Ältere schwerfällig auf eine Strohmatte fallen. Hitimana wusste nicht, was er von ihm wollte. Da griff Innocent nach seinem Arm und zog ihn zu sich nach unten. Er zwang Hitimanas Hand in seine Hose. Innocent stöhnte. Er befahl ihm, sich auszuziehen. Als Hitimana nackt war, ging ihm auf, dass sie keines der Mädchen mitgenommen hatten. Innocent rieb sich an seiner Haut, grunzte wie ein Schwein. Hitimana schloss die Augen und ließ alles mit sich geschehen.
    Mit unsicheren Schritten stolperte Hitimana kurze Zeit später durch das dunkle Lager zu seinem Schlafplatz zurück. Er rollte sich neben seinen Freunden zusammen. Jetzt war er es, der lautlos weinte. Wie ein düsterer Traum sank die Dunkelheit auf seine Seele herab. Mugiraneza lag mit offenen Augen da, sah das verzweifelte Zucken seines Freundes. Ein schmaler Arm legte sich um Hitimanas Schultern.

17
    Ostseite des Ruwenzori, am Morgen des 12. Juni
    Es war wieder der gleiche Traum. Tom war mit Jens auf dem zugefrorenen Fluss, und sein Bruder verschwand unter dem Eis. Tom schrie verzweifelt nach ihm. Dann erwachte er schweißgebadet. Kälte waberte in die Hütte. Er hatte gehofft, die Zeiten dieses Traums seien vorbei. Aber in dieser unheimlichen Umgebung kam er zurück und war machtvoller als je zuvor.
    Er lag mit offenen Augen auf seiner Pritsche. Die Tür war nur halb geschlossen. Draußen wurde es hell. Die anderen schliefen noch. Sie hatten nichts mitbekommen. In seinem Magen schien ein Klumpen aus Teer alles zu verkleben. Tom würgte. Er schälte sich aus seinem Schlafsack, riss sich die verschwitzten Klamotten vom Körper, rieb sich mit einem dreckigen T-Shirt trocken und zog sich zähneklappernd frische Sachen an.
    Als Andrea aus der Hütte trat, schoben sich die Sonnenstrahlen majestätisch zwischen den Bäumen hindurch. Fasziniert betrachtete sie die Landschaft um sich herum. Dschungel, so weit das Auge reichte. Sie waren fast tausend Meter höher als am Morgen zuvor, die Luft war schon merklich dünner und kratzte in den Atemwegen. Die Strapazen des vorangegangenen Tages waren Andrea noch immer anzusehen, doch der weite Blick schien sie nun dafür entschädigen zu wollen. Sie ging zur nahe gelegenen Wasserstelle, um sich das Gesicht und die Hände zu waschen.
    »Dort drüben sind die Portal Peaks.«
    Andrea schrak zusammen. Hans war lautlos neben sie getreten.
    »Sir Henry Peterson hat die Spitzen nach dem völlig unbedeutenden Bruder des damaligen englischen Generalkonsuls Gerald Portal benannt.« Andrea guckte den Mann neben sich entgeistert an, wandte sich dann von ihm ab, tauchte die Hände in das eiskalte Wasser. Die Kälte trieb die letzte Müdigkeit aus ihrem Hirn.
    »Außerdem hat er diese Berge als das Portal zum Schnee angesehen. Da oben gibt es zwar keine Gletscher, aber je höher wir kommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir durch Schnee laufen werden.« Er stand lächelnd neben ihr, die Augen auf ihr Gesicht gerichtet.
    »Was treibt dich eigentlich in diese Berge?«, fragte Andrea. »Du siehst nicht so aus, als würdest du oft bergsteigen.«
    »Ich liebe es, auf Berge zu klettern. Aber so hoch, wie wir in diesen Tagen kommen werden, bin ich noch nie gewesen.«
    »Wo wanderst du sonst, wenn nicht in Uganda?« Andrea trocknete sich das Gesicht und die Hände ab.
    »Ich wandere meistens in den Alpen. Du hast dein Faible für die Berge vermutlich von deinen Eltern, oder?« Hans wandte sich Andrea zu. Andrea

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