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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Spielen der Jugendliga erinnern konnte, wenn Scott ins Aus geschlagen hatte. Impulsiv fasste Baedecker na ch dem Arm seines Sohnes. Er fü hlte sich dünn, aber kräftig an unter dem weiten Gewand.
    »Komm mit, Scott. Was hältst du davon, irgendwo zu frühstücken und uns mal richtig auszusprechen?«
    »Ich habe nicht viel Zeit, Dad. Der Meister beginnt seine erste Lektion um acht, bis dahin muss ich zurück sein. Ich fürch te, ich werde in den nächsten Tagen gar keine Freizeit haben. Unsere gesamte Gruppe befindet sich momentan in einem echt empfindlichen Stadium. Es ist nicht viel erforderlich, das Lebensbewusstsein zu zerbrechen. Und das könnte mich in meinem Fortschritt um ein paar Monate zurückwerfen.«
    Baedecker schluckte die erste Antwort hinunter, die ihm auf der Zunge lag. Er nickte verkniffen. »Gut, trotzdem haben wir Zeit für eine Tasse Kaffee, oder nicht?«
    »Klar.« Ein leiser Unterton von Zweifel klang in dem Wort mit.
    »Wohin? Wie wäre es mit der Cafe teria des Hotels? Scheint das einzig Brauchbare in der Gegend hier zu sein.«
    Scotts Lächeln war herablassend. »Meinetwegen.«
    Die Cafe teria war ein schattiger, offener Bereich, der an Garten und Pool angrenzte. Baedecker bestellte Brötchen und Kaffee und bemerkte aus dem Augenwinkel eine Frau der »Niederen Klasse«, die mit einer Handsichel den Rasen mähte. Unberührbare blieben auch im modernen Indien unberührbar, allerdings wurden sie nicht mehr so genannt. Eine indische Familie war zum Pool gekommen. Der Vater und sein kleiner Sohn waren unfassbar übergewichtig. Sie sprangen immer wieder mit den Füßen voraus vom Einmeterbrett und spritzten reichlich Wasser auf den Gehweg. Mutter und Töchter saßen an einem Tisch und kicherten laut.
    Scotts Augen wirkten tiefer und ernster, als Baedecker sie in Erinnerung hatte. Schon als kleines Kind war Scott recht ernst gewesen. Außerdem sah er ziemlich müde aus, sein Atem ging flach und asthmatisch.
    Ihr Essen wurde gebracht. »Mmmm«, sagte Baedecker.
    »Das indische Essen hat mir bisher nicht besonders zugesagt, aber ihr Kaffee ist ausgezeichnet.«
    »Jede Menge Karma«, sagte Scott. Zweifelnd musterte er seine Tasse und die beiden Brötchen. »Man weiß einfach nie, wer diese Sachen zubereitet hat. Wer sie angefasst hat. Könnte jemand mit einem echt lausigen Karma gewesen sein.«
    Baedecker trank von seinem Kaffee. »Wo lebst du hier, Scott?«
    »Meistens im Ashram oder auf der Farm des Meisters. In den Wochen der Einsamkeit nehme ich mir ein Zimmer in einem kleinen indischen Hotel ein paar Blocks von hier entfernt. Es hat offene Fenster und eine Hängematte, aber es ist billig. Und meine materielle Umgebung bedeutet mir gar nichts mehr.«
    Baedecker betrachtete ihn. »Nicht? Wenn es so billig ist, wohin ist dann das ganze Geld verschwunden? Deine Mutter und ich haben dir fast viertausend Dollar geschickt, seit du im Januar beschlossen hast, nach Indien zu gehen.«
    Scott starrte zum Pool, wo die indische Familie herumlärmte. »Ach, du weißt schon. Unkosten.«
    »Nein«, sagte Baedecker leise, »ich weiß es nicht. Was für Unkosten?«
    Scott runzelte die Stirn. Sein Haar war sehr lang und in der Mitte gescheitelt. Mit seinem Bart erinnerte sein Sohn Baedecker an einen exzentrischen Mann von der Bodenkontrolle, den er kennengelernt hatte, als er Mitte der Sechzigerjahre Übungsflüge für die NASA absolviert hatte.
    »Unkosten«, wiederholte Scott. »Es war nicht billig, über die Runden zu kommen. Das meiste habe ich dem Meister gespendet.«
    Baedecker spürte, wie die Unterhaltung seiner Kontrolle entglitt. Und er empfand den Zorn, den er unbedingt hatte vermeiden wollen, das hatte er sich geschworen. »Was meinst du damit, du hast es dem Meister gespendet? Wofür? Damit er noch ein Auditorium bauen oder wieder nach Hollywood ziehen kann? Oder versuchen kann, noch eine Stadt in Oregon zu kaufen?«
    Scott seufzte und biss, ohne nachzudenken, in das Brötchen. Er strich sich die Krümel aus seinem Bart. »Vergiss es, Dad.«
    »Was vergessen? Dass du von der Universität abgegangen bist und stattdessen Geld an diesen falschen Guru verschwendest?«
    »Ich sagte, vergiss es.«
    »Von wegen. Wir können wenigstens darüber reden.«
    »Worüber reden?« Scotts Stimme wurde lauter. Köpfe drehten sich in ihre Richtung. Ein älterer Mann in orangefarbenem Gewand und Sandalen, der das Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, legte seine Ausgabe der Times weg und drückte die Zigarette

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