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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gelegt hatte. Wenn er heute schon nicht fliegen konnte, hätte er sich wenigstens gewünscht, selber am Lenkrad zu sitzen, um die Krämpfe aus Armen und Beinen zu vertreiben, die darauf brannten, etwas zu steuern. Er schloss die Augen.
    »Wollen Sie lieber den langen oder den kurzen Weg?«, fragte der dicke Mann am Lenkrad.
    »Den langen Weg«, sagte Baedecker, ohne die Augen aufzumachen. »Immer den langen Weg.«
    Gehorsam nahm Ackroyd die nächste Ausfahrt der I -74 und entführte ihn in die euklidische Geometrie von Maisfeldern und Landstraßen.  
    Baedecker hatte möglicherweise ein paar Minuten gedöst. Er schlug die Augen auf, als das Auto an einer Kreuzung stoppte. Grüne Schilder nannten Richtung und Entfernung nach Princeville, Galesburg, Elmwood und Kewanee. Glen Oak wurde nicht einmal erwähnt. Ackroyd bog links ab. Die Straße war ein Korridor zwischen endlosen Vorhängen aus Mais. Dunkle Nähte von Teer und Asphalt zogen sich über die Straße und lieferten einen rhythmischen Unterton zu der Klimaanlage. Die sanfte Vibration hatte etwas Hypnotisierendes an sich, ähnlich wie ein sanfter Trab.
    »Ins Herz des Herzens des Landes«, sagte Baedecker.
    »Hm?«
    Baedecker richtete sich auf und stellte überrascht fest, dass er laut gesprochen hatte. »Ein Ausdruck, den ein Schriftsteller – William Gaddis, glaube ich – mal benutzt hat, um die Gegend hier zu beschreiben. Fällt mir ab und zu ein, wenn ich an Glen Oak denke.«
    »Oh.« Ackroyd rutschte unbehaglich hin und her. Baede cker wurde erschrocken klar, dass er den Mann nervös gemacht hatte. Ackroyd war eindeutig davon ausgegangen, dass sie zwei Männer waren, zwei ganze Kerle, und dazu passte die Erwähnung eines Schriftstellers nicht. Baedecker lächelte, als er an die Seminare dachte, die die verschiedenen Streitkräfte ihren Testpiloten vor den ersten Interviews der NASA für das Mercury-Programm gegeben hatten. Wenn sie die Hände in die Hüften stemmen, dann achten Sie darauf, dass Ihre Daumen nach hinten deuten. Hatte Deke ihm das erzählt, oder hatte er in Tom Wolfes Buch darüber gelesen? Ackroyd hatte gerade von seinem Maklerbüro gesprochen, bevor Baedecker ihn unterbrochen hatte. Jetzt räusperte er sich und machte eine vage Geste mit der rechten Hand. »Ich könnte mir denken, Sie haben ‘ ne Menge bedeutender Persönlichkeiten kennengelernt, hm?«
    »Richard«, sagte Baedecker leise. »Sie sind Bill, richtig? «
    » Ja. Aber nicht verwandt mit Dan aus Saturday Night Live. Eine Menge Leute fragen mich danach.«
    »Verstehe«, murmelte Baedecker. Er hatte die Sendung nie gesehen . »Was meinen Sie, wer war der Bedeutendste? «
    » Was denn?«, fragte Baedecker. Es schien unmöglich, das Gespräch in eine andere Richtung zu leiten.
    »Die wichtigste Persönlichkeit, die Sie je getroffen haben?«
    Baedecker versuchte etwas Leben in seine Stimme zu zwingen. Plötzlich fühlte er sich sehr müde. Er überlegte sich, dass er mit seinem eigenen Auto von St. Louis hierher hätte fahren sollen. Der Zwischenhalt in Glen Oak wäre kein nennenswerter Umweg gewesen, und er hätte sich jederzeit wieder davonmachen können. Baedecker konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal irgendwohin gefahren war, außer von seinem Haus in der Stadt ins Büro und wieder zurück. Das Reisen war zu einer endlosen Folge von Flügen geworden. Leicht bestürzt wurde ihm klar, dass Joan, seine Ex-Frau, nie in St. Louis, Chicago oder dem Mittelwesten gewesen war. Ihr ganzes gemeinsames Leben hatte sich an der Küste abgespielt, in Fort Lauderdale, San Diego, Houston, Cocoa Beach – auch die fünf schlimmen Monate in Boston –, und damit an Stellen, wo der Kontinent zu Ende ging. Plötzlich war er neugierig, was Joan von diesen endlosen Feldern, den Farmhäusern und dem Hitzeflimmern gehalten hätte. »Der Schah von Persien«, antwortete er schließlich. »Er war jedenfalls am eindrucksvollsten. Das Hofzeremoniell, das sie dort abgezogen haben, das Protokoll und das schiere Gefühl von Macht, das er und seine Gefolgschaft verströmt haben, die haben sogar das Weiße Haus und den Buckingham-Palast in den Schatten gestellt. Hat ihm aber auch nicht viel genützt.«
    »Ja«, sagte Ackroyd. »Ich habe einmal Joe Namath kennengelernt. Hab die Amway Convention in Cincinnati besucht. Seit ich in das Pine-Meadows-Geschäft eingestiegen bin, hab ich dazu keine Zeit mehr, aber damit ging ’ s mir wirklich nicht schlecht. Dreizehnhundert pro Monat, und das ohne große

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