Monde
und war entsetzt angesichts der Vorstellung, das Grab seiner Eltern zu besuchen, während Bill Ackroyd mit seinem Bonneville im Leerlauf vor dem Friedhof wartete. »Nein danke, ich bin müde. Ich würde gerne ins Motel. Heißt das am nördlichen Stadtrand immer noch Days End Inn?«
Ackroyd kicherte und schlug auf das Lenkrad. »Meine Güte, die alte Klitsche? Nein, Sir, das haben sie schon 1962 abgerissen, nachdem Jackie und ich von Lafayette hierhergezogen sind. Nein, am nächsten liegt das Motel Six an der I -74, Ausfahrt Elmwood.«
»Das wäre prima«, sagte Baedecker.
»Oh, nein«, sagte Ackroyd und wandte Baedecker ein betroffenes Gesicht zu. »Ich meine, wir haben geplant, dass Sie bei uns bleiben, Dick. Wissen Sie, wir haben genug Platz, und Marge Seaton und der Stadtrat haben es extra genehmigt. Das Motel Six liegt völlig abseits, zwanzig Minuten auf der Asphaltstraße.«
Die Asphaltstraße. So hatten alle in Glen Oak den geteerten Highway genannt, der gleichzeitig die Hauptstraße war. Vier Jahrzehnte waren vergangen, seit er diesen Ausdruck zum letzten Mal gehört hatte. Baedecker schüttelte den Kopf und sah zum Fenster hinaus, als sie langsam die Hauptstraße entlangrollten. Der Geschäftsbezirk von Glen Oak nahm genau zweieinhalb Blocks ein. Die Gehwege bestanden aus drei übereinanderliegenden Betonschichten. Die Geschäftsfassaden waren dunkel, die schrägen Parkbuchten verlassen, abgesehen von einigen vereinzelten Pritschenwagen vor einer Kneipe in der Nähe des Parks. Baedecker versuchte, die Bilder dieser abgekämpften Gebäude mit ihren flachen Fassaden in die Schablone seiner Erinnerung zu pressen, aber er fand wenig Übereinstimmung, lediglich den vagen Eindruck fehlender Häuser: Zahnlücken in einem einst vertrauten Lächeln.
»Jackie hat das Essen warm gehalten, aber wir könnten auch zu den Old Settlers gehen und Backfisch essen, wenn Sie möchten.«
»Ich bin ziemlich kaputt«, sagte Baedecker.
»Nun gut«, sagte Ackroyd. »Dann kümmern wir uns morgen um alle Formalitäten. Marge wird heute Abend sowieso ziemlich beschäftigt sein, mit der Tombola und allem. Terry, mein Sohn, brennt darauf, Sie kennenzulernen. Er ist ein echter Held für Sie … ich meine, verflixt, Sie wissen, was ich meine. Terry begeistert sich unglaublich für den Weltraum und das ganze Drumherum. Letztes Jahr hat er einen Schulaufsatz über Sie geschrieben und dabei rausgekriegt, dass Sie eine Zeit lang hier gelebt haben. Um ehrlich zu sein, da bin ich erst drauf gekommen, Sie zum Ehrengast bei den Old Settlers zu machen. Wo Terry sich so sehr dafür interessiert hat, dass das hier Ihre Heimatstadt ist. Marge und die anderen wären selbstverständlich sowieso begeistert, wissen Sie, aber Sie würden Terry ‘ ne Riesenfreude machen, wenn Sie die beiden Nächte bei uns verbringen würden.«
Obwohl sie fast Schritttempo fuhren, hatten sie die Hauptstraße von Glen Oak bereits passiert. Ackroyd bog nach rechts ab und bremste in der Nähe der alten katholischen Kirche. Dies war eine Ecke, in den sich Baedecker als Junge selten gewagt hatte, weil Chuck Compton, der Raufbold der Schule, hier wohnte. Gleichzeitig war es der einzige Ortsteil, den er bei den Beerdigungen seiner Eltern besucht hatte. »Es würd uns wirklich nichts ausmachen«, sagte Ackroyd. »Es w ä r uns eine Ehre, Sie bei uns zu haben, und frei tagsabends ist das Motel Six wahrscheinlich sowieso mit LKW-Fahrern ausgebucht.«
Baedecker betrachtete die braune Kirche. Er hatte sie viel größer in Erinnerung. Er spürte, wie eine große Trägheit über ihn kam. Die Sommerhitze, die langen Wochen des Reisens, die Enttäuschung nach der Begegnung mit seinem Sohn in Poona, das alles trug zu diesem traurigen Zustand der Passivität bei. Baedecker kannte dieses Gefühl von seinen ersten Monaten im Marine-Korps im Sommer des Jahres 1951. Und von den ersten Wochen, nachdem Joan ihn verlassen hatte.
»Ich möchte niemandem zur Last fallen«, sagte er.
Ackroyd grinste erleichtert und packte Baedeckers Oberarm zum zweiten Mal. »Sie sind doch keine Last! Jackie freut sich drauf, Sie kennenzulernen, und Terry wird nie vergessen, dass wir mal ‘ nen richtigen Astronauten zu Gast hatten.«
Das Auto fuhr langsam durch Streifen von sahnigem Abendlicht zwischen dunklen Baumschatten.
Die Fledermäuse waren unterwegs, als Baedecker eine Stunde später einen Spaziergang machte. Ihre ruckartigen, nur halb wahrnehmbaren Bewegungen schnitten Stücke aus der stumpfen
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