Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
hat die Große Verwalterin auch eine.
    »Wir haben zwar nicht mitzureden«, erklärt Jael mit einem schelmischen Grinsen, »aber zumindest von der Party können sie uns nicht ausschließen. Wir haben den kleinen Schlagabtausch heute Nachmittag eine Weile verfolgt, aber es war unglaublich langweilig.«
    »Du hast dich gut gehalten«, wirft Dina ein, und aus ihrem Mund ist das ein riesiges Kompliment. »Jedenfalls soweit ich es aus Vels Übersetzung raushören konnte. Karom hast du’s richtig gegeben.«
    Hammer grinst.
    »Das war ein ziemlicher Gesichtsverlust, glaube ich. Ich hoffe nur, er lässt mich deswegen nicht umbringen.« Ich schaue Vel fragend an. »So etwas würde er doch nicht tun, oder?«
    Velith blickt mich einen Moment lang schweigend an, bevor er antwortet. »Zumindest nicht öffentlich.«
    Während ich noch drüber nachdenke, was genau das bedeutet, reicht Marsch Dina seinen Arm, und Jael reiht sich neben Hammer ein. Bleiben noch Vel und Constance, die sich direkt hinter mir einreihen, als ich mich auf den Weg den Korridor entlang mache. Eine seltsame Prozession, aber irgendwie fühle ich mich trotzdem wie eine Königin und versuche, möglichst gemessen dahinzuschreiten, nur für den Fall, dass sie uns beobachten. Diesmal könnte meine Paranoia uns sogar nutzen, statt uns nur ständig neue Schwierigkeiten zu bringen. Ich versuche, nicht an Tarns Nachricht zu denken und auch nicht daran, wie nahe am Rand des Nervenzusammenbruchs ich bin.
    Heute Abend soll ein zwangloses Treffen mit hochrangigen ithorianischen Beamten stattfinden, und ich hoffe, dass ich inzwischen genug dazugelernt habe, niemanden ernsthaft zu beleidigen. Unsere Gastgeber wissen, dass meine »Garde« keinen Crashkurs in ithorianischen Sitten erhalten hat wie ich, und sie werden ein Auge zudrücken, falls sich einer von ihnen danebenbenimmt. Schließlich sind sie nur ungehobelte Homo sapiens. Ich hingegen soll die Crème de la Crème der Menschheit repräsentieren. Wenn ich allein wäre, ich würde mich totlachen bei dem Gedanken.
    Am oberen Ende der Treppe angekommen, verschränke ich die Arme vor der Brust und vollführe einen höflichen Wa . Dann zähle ich bis fünf, damit sich auch wirklich alle Anwesenden geehrt fühlen. Vor allem diejenigen, die jede meine Bewegungen genauestens beobachten.
    Der Saal ist für menschliche Augen das reinste Wunder. Auf dem Boden wächst süßlich riechendes Blattwerk, das so dicht ist wie ein Teppich. Es erstreckt sich bis über die honigwabenartigen Wände, von wo es bis zur Decke hinaufklettert und die Szene mit roten und gelben Blüten schmückt.
    Klicken und Zirpen erhebt sich, als ich den Saal betrete, doch diesmal höre ich mehr als nur Lärm. Ein erleichterndes und zugleich beunruhigendes Gefühl. Ich muss aufpassen, mir nichts anmerken zu lassen, während mein Implantat die Bedeutung für mich entschlüsselt.
    »Seht euch ihren Mund an … skandalös. Hält sie sich etwa für eine Jägerin? Was für eine Anmaßung. Sie hat ja nicht einmal Klauen!«
    Bedienstete tragen unidentifizierbare Leckereien auf silbernen Tabletts durch die Menge. Die dicken Saucen machen es vollkommen unmöglich zu erraten, was sie uns da anbieten.
    Aber Dina, tapfer wie immer, schnappt sich etwas, das aussieht, als hätte es einen Schwanz, und stopft es sich in den Mund. Sie verzieht das Gesicht. »Besser nicht kauen«, nuschelt sie.
    Ich gehe an den Kakerlaken vorbei, die sich noch immer voll und ganz auf meinen Mund konzentrieren, und lausche einer anderen Unterhaltung.
    »Nie hätte ich geglaubt, eines Tages Weichhäuter unter uns wandeln zu sehen. Sollen wir sie als Nächstes etwa zu uns nach Hause einladen? Ekelhaft. Scharis muss den Verstand verloren haben.«
    »Nun, zumindest wissen sie sich einigermaßen zu benehmen. Das letzte Schiff, das hier gelandet ist, war voll unzivilisierter Wilder.«
    Das war vor zweihundert Jahren. Die Menschheit hat sich seitdem ein paar Schritte weiterentwickelt. Aber offiziell verstehe ich ja kein Wort, also verkneife ich mir eine Entgegnung. Mir kommt der Gedanke, dass ich ohne Übersetzungschip eventuell besser dran war. Auf jeden Fall sieht es nicht so aus, als würde die Party besonders lustig für mich werden.
    »Und erst der Geruch«, fällt ein anderer mit ein. »Widerlich.«
    »Ihre Hüllen befinden sich in einem ständigen Zustand der Verwesung, wusstet ihr das?«, fügt ein Dritter hinzu. »Wo sie gehen und stehen, fallen kleine Stückchen toter Haut von ihnen

Weitere Kostenlose Bücher