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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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während Sartha ihm ständig beschwörende Blicke zuwirft. Ich weiß nur wenig über ihre Körpersprache, aber selbst das genügt, um mir zu sagen, dass sie sich danach sehnt, einen Moment mit ihm allein zu sein. Das kann ich verstehen. Ich wäre auch gern einen Moment allein, und zwar ganz allein.
    »Schon in Ordnung«, sage ich. »Sprich mit ihr. Ich brauche sowieso mal eine Pause.«
    Er blickt mich kurz an und nickt. »Ich werde gleich wieder zurück sein.«
    »Vel …«
    Er dreht sich noch einmal um. »Ja, Sirantha?«
    »Wie habt ihr beiden zueinander gestanden?«
    Ich bin froh, dass er nicht so tut, als würde er mich nicht verstehen. »Wir sollten verpartnert werden«, antwortet er. »Ihre Mutter und meine hatten eine für beide Familien äußerst vorteilhafte Verbindung geplant.«
    »Und das wolltest du nicht?«
    »Ich hatte Angst davor«, antwortet er geheimnisvoll. Dann wendet er sich ab, um sich mit dem Weibchen zu unterhalten, das ihn seit über einer Stunde mit Blicken verschlingt. Vielleicht war das der Grund für seine Flucht. Aber es scheint mehr dahinterzustecken. Sobald Zeit ist, werde ich versuchen, es aus ihm herauszukitzeln.
    Bevor mir jemand zuvorkommen kann, schlüpfe ich in die kleine Nische, die mir zuvor aufgefallen ist. Darin befindet sich eine zu einer Sitzgelegenheit zurechtgeschnittene Hecke, und als solche benutze ich sie auch. Meine Ehrengarde macht Anstalten, mir zu folgen, aber ich scheuche sie weg. »Sie werden es seltsam finden, wenn wir alle zusammen verschwinden. Haltet einfach kurz die Stellung. Ich brauch nur eine Minute.«
    Mein Bodyguard fixiert mich mit eisigem Blick. »Keine Chance. Ich bleibe bei dir.«
    Die anderen ziehen ohne Protest ab. Dina ist unerklärlicherweise auf den Geschmack gekommen und macht sich sogleich mit Hammer im Schlepptau auf die Suche nach der nächsten ithorianischen Spezialität. Marsch hätte mich früher nie alleingelassen, aber jetzt bin ich froh, ein wenig Luft zum Atmen zu haben, auch wenn ich ihn vermisse.
    Ich seufze erleichtert, wenn auch leise, und stelle mir vor, wie sich die Blätter durch den Druck meines Gewichts genau an meinen Körper anpassen. Ich spüre ihre wohlige Wärme, wie sie mir angenehm den Rücken hinaufkriecht.
    Jael steht neben mir, stumm, wachsam. Ich bin froh, dass er sich nicht verpflichtet fühlt, mit mir zu reden. Ein paar Augenblicke lang kann ich einfach dasitzen und versuchen, mich zu entspannen. Bestimmt können wir dieses Treffen bald verlassen, ohne Anstoß zu erregen. Ich frage mich nur, wie lange es dauern wird, wie viele von diesen Banketten ich noch über mich ergehen lassen muss, bis es endlich zur Abstimmung im Rat kommt. Die Wand in meinem Rücken ist weich und von gelben Blüten übersät. Wenn ich mich dagegenlehne, geben die fein geäderten Blätter einen zarten Duft ab, so mild und angenehm wie Aromatherapie.
    Ich höre Schritte. Sie scheinen genau in meine Richtung zu kommen. Scheiße . Jemand hat mich entdeckt. Ich will gerade aufstehen, da höre ich, wie noch jemand kommt. Mit etwas Glück werden sie mich hier in der Ecke nicht sehen.
    »Hat irgendjemand bemerkt, wie du verschwunden bist?«, übersetzt der Sprachchip.
    »Ich glaube nicht.«
    Es folgt eine Pause. Wahrscheinlich sehen die beiden gerade nach, ob sie allein sind.
    Mein Puls schlägt wie wild. Aber selbst, wenn sie mich entdecken, hat das nichts zu bedeuten. Sie wissen nicht, dass ich ihre Sprache verstehe. Also verhalte ich mich einfach still. Vielleicht erfahre ich etwas. Ich wünschte nur, ich könnte die beiden sehen, denn anhand ihrer Stimmen kann ich sie nicht identifizieren.
    »Es gefällt mir nicht, wie sich die Dinge entwickeln«, sagt der Erste.
    »Wir werden etwas unternehmen müssen«, meint der andere.
    »Sie hat dich vor allen erniedrigt.«
    Karom . Einer der beiden ist Ratsmitglied Karom. Ein kalter Schauer rieselt mir über den Rücken, und ich halte die Luft an, nicht dass die beiden am Ende meinen Atem riechen können.
    »Ich werde mich um sie kümmern.«
    »Besser früher als später«, fordert der Erste. »Dieses Bündnis darf nicht zustande kommen. Es entehrt unsere Vorfahren.«
    »Mach dir keine Sorgen«, erwidert Karom. »In zwei Tagen wird es getan sein.«
    Was meint er mit »es«? Vielleicht habe ich versehentlich ein Geräusch gemacht, denn mit einem Mal eilen die beiden Ithorianer auf meine Nische zu. Harmlos tun , sage ich mir. Tu einfach ganz harmlos . Ich setze ein möglichst dümmliches Gesicht auf und

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