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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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kann.
    »Soll ich Ihnen eine weitere Eintragung vorspielen?«
    Ich ziehe die Knie an die Brust und nicke. Ich bin froh, nicht allein zu sein. »Spiel sie einfach alle durch, bis es hell wird. Vielleicht finden wir was, das uns hilft.«
    Die Stimme der toten Frau hallt durch die Dunkelheit.

18
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> [Zeitstempel: 23:04, 114.55.980]
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        Es ist jetzt einen Monat her, dass Tanse gestorben ist. Ich werde mich hier ein bisschen verkriechen, damit nicht alle meine Trauer sehen. Das würden sie nur als Schwäche deuten, und ich kann mir keine Schwäche erlauben. Hier kann ich mir die Zeit nehmen, meiner besten Freundin zu gedenken. Ich kann eine alte, niedergeschlagene Frau sein, die ihre besten Umläufe längst hinter sich hat.
        Tanse. Mir war gar nicht klar, wie sehr ich mich auf sie verlassen habe. Sie war in den letzten Monaten eine viel größere Hilfe als Jor. Ich frage mich, ob die Leute sie als meine Nachfolgerin akzeptiert hätten. Wenn sie überlebt hätte. Wahrscheinlich hätte jemand sie herausgefordert, aber ich hätte mein ganzes Geld darauf gewettet, dass sie den Kampf gewinnt.
        Dass sie mit diesem Schiff hier gestrandet ist, war das Beste, was uns auf Lachion je passiert ist. Jor hat sie gefunden. Sie saß vor einem der automatischen Hangars, und er hat sie mit nach Hause geschleift, als wäre sie eine Streunerin. Die erste Zeit war hart für sie. Wir sind nicht immer nett zu Fremden, schon gleich gar nicht zu welchen, deren Volk während der Achsenkriege auch alles andere als nett zu uns war. Ich wünschte, ich hätte ihr gesagt, wie sehr ich sie über die Umläufe zu schätzen gelernt habe. Vielleicht hab ich das ja, indem ich sie adoptierte. Ich weiß es nicht. Ich stelle mir gern vor, dass sie es gemerkt hat, irgendwie. Es ist einfach nicht richtig, wenn eine alte Frau diejenigen überlebt, die sie liebt.
        Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr ich sie vermisse. Der Klan erwartet von mir, dass ich hart bin. Eine harte alte Hexe. Also bin ich es. Aber es kostet mich unglaublich viel. Jeden Morgen tun meine Gelenke weher, und das Meditieren hilft auch nicht viel. Ich kann die Schmerzen nicht mehr abschalten, nicht mal mehr, wenn ich mein ganzes Chi darauf konzentriere. Ich kann sie nur ein bisschen lindern.
        Saul kann auch nichts tun, sagt er. Mein Körper ist einfach am Ende, und Rejuvenex verwenden wir hier nicht. Aus gutem Grund. Ich will auch gar nicht hundertfünfzig werden. Bin auch so schon alt genug.
        Dafür entwickelt Keri sich prächtig. Ich bin froh, dass sie was von meinem Feuer geerbt hat. Ich weiß, wie sehr sie ihre Mutter vermisst – und Tanse, die zu ihrer Ersatzmutter geworden ist –, aber sie trägt es mit Würde. Ihre Ausbildung läuft gut, aber ich muss sie ständig aus dem Flügel verscheuchen, in dem wir unseren Verrückten eingesperrt haben.
        Das junge Ding scheint zu glauben, sie könnte ihn retten, aber ich lasse Marsch nicht in ihre Nähe. Er ist gefährlich, und ich weiß nicht, ob er davor zurückschrecken würde, ein Kind zu töten. Ich habe noch bei Weitem nicht genug Fortschritte mit ihm gemacht, um ihn auf den Rest des Klans loszulassen. Offen gestanden, wenn ich es Tanse nicht versprochen hätte, ich hätte ihn längst aufgegeben.
        Er hat einen unglaublich starken Willen, was es umso schwieriger macht, ihn zu brechen. Die Schranken, die er in seinem Geist errichtet hat, sind fast unüberwindbar. Und wenn ich es doch schaffe, tut es mir genauso weh wie ihm. Wenn dann das Gebrüll anfängt, räumen die Leute freiwillig den gesamten Flügel.
        Das Gute daran? Es festigt meine Position. Es geht das Gerücht, ich hätte eine ganz private Geisel, die ich nur so zum Spaß foltere, wenn ich Zeit und Lust dazu habe. Die anderen Klans strecken schon die Fühler aus, wollen wissen, wen wir da eingesperrt haben. Wenn ich eines Tages mit ihm fertig bin, werden sie mir absolut alles zutrauen.
        Für uns kann das nur gut sein. Seitdem wir die Mine verloren haben, war alles ein ständiger Kampf. Die Gunnars lechzen schon nach unseren Gebieten, und die McCulloughs ebenfalls. Wenn ich nur daran denke, würde ich mich am liebsten in die Höhlen verkriechen, mir die Pulsadern aufschlitzen und hoffen, dass irgendeine Kreatur mich frisst.
        Aber das würde ich nie tun. Nicht, bevor ich weiß, dass Keri bereit ist. Meine Mutter hat keine Schwächlinge großgezogen, sonst wäre ich schon längst nicht mehr hier. Schon gleich gar nicht, da mein einziges Kind offenbar aufgegeben
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