Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
beinahe mein Kinn.
    Mein Blick springt hinüber zu Vel, und wegen der Anspannung in seinem Wa vermute ich, dass er derselben Meinung ist. Fragen kann ich ihn leider erst später, ich darf es nur nicht vergessen. Außerdem kann ich mir Constances Aufzeichnungen ansehen, die wie immer alles mit ihrer Augenkamera filmt. Und vielleicht sollte ich Vel doch noch auf die ungewöhnlich warmen Stellen an Devris Chitinpanzer ansprechen. Es könnte im weiteren Verlauf der Ereignisse noch wichtig werden.
    »Eine schöne Halsbemalung, die Sie da haben«, sagt Devri, anstatt mich formell zu begrüßen. »Unsere Farben stehen Ihnen gut.«
    Ist das ein normales Kompliment oder mehr? Wenn ich Vel jetzt danach frage, wirkt das nur unsouverän, also erwidere ich lediglich: »Vielen Dank.« Damit müsste ich zumindest auf der sicheren Seite sein.
    »Ich gebe heute Abend eine kleine Dinner-Party«, spricht Devri weiter. »Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mein Gast wären. Es werden ein paar Geschäftsleute anwesend sein, die gern Ihre Bekanntschaft machen würden.«
    Ich beobachte Velith genau, während er übersetzt, aber Scharis und Devri würden jeden Hinweis mitbekommen, den er mir gibt, also lässt er sich nicht anmerken, was er davon hält.
    »Es wäre mir eine Ehre, Sie dort zu sehen«, vermeldet Scharis.
    »Darf ich Vel und Constance mitbringen?« Es ist kein offizieller Anlass, also sollte ich den Rest meiner Ehrengarde zuhause lassen können. Da fällt mir Jael ein, der sich kaum abschütteln lassen wird.
    »Und meinen Leibwächter?«, füge ich hinzu.
    Marsch hat mich noch keines einzigen Blickes gewürdigt. Er hat mich nicht einmal gefragt, wie es mir geht. Tut, als würde er mich gar nicht sehen. Hammer, Dina und Jael haben sich sofort verzogen, nachdem sie mich in den Saal begleitet haben. Sie hassen die schwarzen Gewänder, die sie bei den offiziellen Anlässen tragen müssen, und die Gesellschaft der Kakerlaken mögen sie auch nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dieses Bündnis wird mich all meine Freunde kosten. Ich kann es nicht genau erklären, aber seit wir hier sind, spüre ich nichts mehr von der gewohnten, unbeschwerten Kameradschaft zwischen uns. Als würde ich nicht mehr zur Crew gehören.
    Vielleicht glauben sie ja, ich hätte mich verändert. Die alte Jax hätte niemals diese Geduld aufgebracht. Sie wäre in den Saal marschiert und hätte gesagt: »Hier bin ich, macht eure Abstimmung. Wenn ihr euch nicht mit uns verbünden wollt, dann seht selber, wo ihr bleibt.« Für die alte Jax gab es nichts, was wichtiger gewesen wäre als sie selbst – außer Kai vielleicht.
    Und sie war absolut aufrichtig. Vielleicht ist es das. Vielleicht denken sie, der Diplomatenjob hat mich verdorben, zur Heuchlerin gemacht.
    »Gewiss«, erwidert Devri.
    Fantastisch. Noch mehr Schaulaufen. Noch mehr Gelegenheit, jede meiner Bewegungen zu verfolgen und mir auf den Mund zu starren, ob ich nicht doch noch die Zähne zeige.
    »Es wird mir ein Vergnügen sein«, antworte ich wie auf Autopilot.
    Anscheinend waren wir etwas früh dran, denn die anderen Ratsmitglieder trudeln erst nach und nach ein. Sartha kommt erst nach Mako und Karom. Etwas an ihrer Körpersprache sagt mir, dass sie traurig ist, auch wenn ich nicht verstehe, worüber. Vel sagt immer, sein Volk würde keine emotionalen Bande kennen wie wir. Doch was immer sie von ihm wollte, ist nicht eingetreten, und jetzt ist sie wahrscheinlich enttäuscht, weil ihr Plan nicht aufgegangen ist. Ich sollte nicht mehr Emotionen in sie hineininterpretieren, als wirklich da sind, nur weil ich die Vorgeschichte der beiden kenne.
    Vel berührt mich sanft am Arm, um mir zu bedeuten, dass wir weiter müssen. Alle Anwesenden sind angehalten, sich im Halbkreis vor dem leeren Stuhl in der Mitte des Saals aufzustellen, und zwar bevor die Große Verwalterin ihre Aufwartung macht. Otlili schafft es, ihr Volk immer und überall spüren zu lassen, wer hier die Macht hat, selbst wenn sie gar nicht anwesend ist. Ich bewundere das, auch wenn ich ihre Abneigung genau fühle.
    Zehn Minuten später geruht sie endlich, uns ihre Aufwartung zu machen. Ihr Gefolge ist heute sogar noch größer als sonst. Ein ganzes Dutzend niedriger Beamter trottet hinter ihr her, alles Männchen.
    Statt sich zu verneigen, lässt Otlili die kalten Augen über die versammelte Menge schweifen, bis ihr Blick auf meinem Hals verweilt.
    Schlagartig fühlt sich das grüne Ornament nicht mehr wie ein Symbol der Stärke an, sondern wie

Weitere Kostenlose Bücher