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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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das der Name der Blumen ist. Wir bleiben vor einem Lift stehen, aber über die Schulter hinweg starre ich immer noch die Blumen hinter uns an. Sie scheinen uns mit ihren Blicken zu folgen, und ich bin nicht sicher, ob ich ihre leeren, blinden Gesichter schön finden soll oder gruselig.
    »Sie stehen Wache«, erklärt Vel leise. »Wenn jemand versucht, unautorisiert die Gemächer der Großen Verwalterin zu betreten, würden die Zähne, die küssen …« – er benutzt dieselben Worte wie Otlili, aber ich habe das Gefühl, es gibt in Universal keine wirkliche Entsprechung für den ithorianischen Namen – »… Alarm schlagen und den Eindringling angreifen.«
    Wir betreten die zylinderförmige Kabine, deren Boden unter meinen Füßen ein Stück nachgibt. Für Otlilis Eskorte ist kein Platz, also bleibt sie draußen und verabschiedet sich mit einem gemeinsamen Wa . Als sich die durchschimmernden Türen schließen, fallen mir die langen Stacheln an den Stängeln – oder sind es eher Stämme? – der Wächterblumen auf. Ich frage mich, ob sie stabil genug sind, um einen Chitinpanzer zu durchdringen. Wenn ja, schlitzen sie einen Menschen erst recht auf, und ich nehme mir vor, wenn überhaupt, dann nur in Otlilis Begleitung hierherzukommen.
    Es ist ziemlich eng in der Kabine, und ich fürchte fast, dass die Luft hier drinnen knapp werden könnte für drei Leute. Ich stehe direkt neben Velith, die Schulter gegen ihn gepresst, wodurch mir viel bewusster wird als sonst, wie hart seine Außenschale ist. Die Stille wird allmählich bedrückend. All das Unausgesprochene zwischen mir und meiner Gastgeberin macht das Atmen noch schwerer. Beinahe fünf Minuten dauert die verdammte Liftfahrt, aber es könnte auch sein, dass all diese Eindrücke von der Platzangst herrühren, die sich langsam, aber sicher in mir breitmacht. Trotzdem schaffe ich es, nicht laut nach Luft zu schnappen, als die Türen sich endlich wieder öffnen und den Blick freigeben auf den Palast von Penthouse, den die Große Verwalterin ihr Zuhause nennt. Sie hat zwar nicht ganz denselben Geschmack wie ich in Sachen Einrichtung, aber die einfache Form der lehnenlose Stühle gefällt mir. Der Rest der Einrichtung sieht aus, als wäre er einem Märchen entsprungen. Alles besteht aus über Jahre hinweg kultivierten und zurechtgestutzten Pflanzen, was eine Geduld voraussetzt, die wir Menschen nur in den seltensten Fällen aufbringen.
    Im Gegensatz zu meiner Suite gibt es hier auch jede Menge Fenster. Der ganze Raum ist derart von Licht durchflutet, dass es beinahe in den Augen wehtut. Otlili hat von hier oben einen Rundumblick auf die gesamte Stadt. Was ganz fehlt, sind Zwischenwände oder irgendwelche anderen Unterteilungen. Anscheinend isst, schläft und arbeitet sie im selben Raum.
    »Prachtvoll, finden Sie nicht, Botschafterin?« Sie geht auf die Fensterfront zu, und Vel übersetzt.
    Ich habe das Gefühl, sie meint weniger ihr Penthouse als die ihr – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn – zu Füßen liegende Stadt. Da sie mich gerade nicht ansieht, riskiere ich einen kurzen Blick zu Vel, der mir mit einer winzigen Kopfbewegung bedeutet, ihr zu folgen. Also trete ich neben Otlili ans Fenster und hoffe, sie stößt mich nicht nach unten. Ich sehe zwar keinen Öffnungsmechanismus, aber vielleicht braucht sie auch nur die Scheiben zu berühren oder so.
    »Ihre Architektur ist wirklich beeindruckend.« Eigentlich will ich damit sagen, dass ich überrascht von der üppigen Pflanzenpracht bin, die unter all dem Stahl und Eis schlummert, aber ich bin nicht sicher, wie sie das aufnehmen würde, also belasse ich es dabei.
    »Die Ithorianer sind große Baumeister«, übersetzt mein Chip Vels Worte an Otlili, und nach einem Moment wird mir der Bedeutungsunterschied klar: Mein Kompliment war an etwas Abstraktes, Unbelebtes gerichtet, und Velith hat es auf seine Erschaffer umgemünzt. Kein Wunder, dass mit ihm an der Seite alles so gut läuft. Er holt aus allem, was ich sage, das Bestmögliche heraus.
    Wir drehen uns von den Fenstern weg und mustern uns gegenseitig. Es ist vielleicht ein unpassender Moment, aber mir fällt auf, dass ihre Geschlechtshaken nach unten zeigen, während die der Männchen nach oben gerichtet sind. Also befinden sich die Ithorianerinnen beim Sex oben, und das Männchen liegt auf dem Rücken , schießt es mir unpassenderweise durch den Kopf.
    Zum ersten Mal blicken wir uns aus so kurzer Entfernung direkt in die Augen. Otlili scheint nur auf einen

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