Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
meisten.
    »Wen sollen wir mitnehmen?«, frage ich. »Wir brauchen einen Arzt und einen Techniker.«
    »Bloß nicht Watkins. Der Kerl treibt mich in den Wahnsinn.«
    Kai zieht mich zu sich heran, und ich kuschle mich mit geschlossenen Augen an ihn. Das ständige Piepsen von seinem Com geht mir auf die Nerven. Eine düstere Vorahnung beschleicht mich. Ich will nicht, dass er rangeht, halte sogar seine Hand fest, als er es versucht.
    Kai schaut mich nur verdutzt an und macht sich los. »Ich muss rangehen, Siri. Es ist der CO.«
    Mein Herz fühlt sich an, als wäre es von einer Dampframme getroffen worden. O nein. Nein .
    »Ja, Mauro Kai.« Schweigend hört er zu.
    Ich habe beinahe schon vergessen, dass er mit Vornamen Mauro heißt. Ich nenne ihn nie so, auch wenn er mich immer mit Vornamen anredet. Für mich wird er immer Kai sein.
    Nervös gehe ich auf und ab. Ich spüre Unheil in der Luft wie die elektrische Ladung vor einem Gewitter.
    »Ja, Sir. – Nein, kein Problem. Wir freuen uns auf die Extra-Erholungszeit danach. – Ich bin froh, wenn wir helfen können.«
    Irgendwie weiß ich, was er gleich sagen wird. Keine Erkundungsmission morgen. Jemand ist krank geworden, und wir müssen einspringen. Ein Passagierschiff, die Sargasso , nach Matins IV fliegen. Ein Schaudern durchzuckt mich.
    »Wir können da nicht hin.« Ich setze mich auf und lege ihm die Hände auf die Schultern, überlege fieberhaft, wie ich ihn warnen kann. So, dass er mir glaubt. »Ich hatte einen fürchterlichen Albtraum. Ich hab geträumt, du … stirbst. Bitte, Kai, tu mir den Gefallen und sag ihm, dass er ein anderes Team schicken soll. Wenn die Sargasso dann wohlbehalten gelandet ist, kannst mich gern auslachen, wenn du willst.«
    Sein Lächeln ist entsetzlich zärtlich und traurig zugleich. »Aber ich bin gestorben, Siri. Ich kann nicht bei dir bleiben, egal, wie sehr ich es will. Weil da draußen noch Arbeit auf dich wartet. Es ist Zeit, dass du aufwachst, Liebes.«

24
    Als ich aufwache, weine ich, als würde mein Herz zerspringen. Es ist, als hätte ich ihn noch einmal verloren.
    Es war unfassbar grausam von der Großen Verwalterin, mir dieses halluzinogene Gewürz ins Essen zu tun. Nie zuvor habe ich unter einem Verlust so gelitten.
    Kai ist nicht erst gestern gestorben. Ich war nicht gerade erst im Bett mit ihm. Er hat mich nicht eben erst in der Dusche gekitzelt und mir gesagt, dass er ohne mich nicht leben kann. Außerhalb meiner Träume war sein Gesicht bereits verblasst. Ich habe mich nicht mehr erinnern können, wie es aussah, ohne mir alte Aufnahmen anzuschauen. Ich hab nur noch gewusst, wie sehr er gelitten hat, bevor er starb.
    Auf Terra Nova gibt es ein Denkmal für die Sargasso , mariaverdammt, und da steht sein Name drauf. Er gehört zur Liste derer, die dort ihr Leben gelassen haben.
    In einem unaufhörlichen Strom fließen die Tränen über meine Wangen, und durch diesen Schleier der neuerlichen Trauer sehe ich Vel und Constance. Sie scheinen keine Ahnung zu haben, was sie mit mir tun sollen. Es riecht nach Erbrochenem, und zu meinem innerlichen Aufruhr kommt jetzt noch die Demütigung. Ich hoffe nur, die Schweinerei, die ich angerichtet habe, hat sich halbwegs in Grenzen gehalten.
    Dann beweist Vel einmal mehr, wie lernfähig er ist: Er umarmt mich. Ich spüre seine Klauen auf den Schultern, aber es fühlt sich schon natürlicher an als die Umarmung auf Lachion. Sein Chitinpanzer ist kühl und glatt auf meiner verschwitzten Haut. Früher hätte mich eine solche Geste kaum getröstet, aber jetzt hilft sie mir. Vel hält mich nicht mehr fest, weil ich seine Geisel bin, sondern weil wir Freunde sind.
    Was immer auch passieren mag, Vel nimmt Anteil an meinem Schicksal. Hier auf Ithiss-Tor ist er einer Verachtung und Diskriminierung ausgesetzt, die zu erleiden ich mir nicht einmal vorstellen kann, und trotzdem ist er für mich da. Ich weiß nicht, was ich mit meinen Armen tun soll, ob ich die Umarmung erwidern soll oder einfach nur still dasitzen.
    Er beantwortet meine ausgesprochene Frage, indem er sagt: »Das Schlimmste ist vorüber. Sie werden noch leichte Schwindelgefühle haben, aber den Großteil des Wirkstoffs hat Ihr Körper bereits abgebaut.«
    Gerade noch mal gutgegangen. Von den wichtigen Ithorianern hat keiner gesehen, wie ich zusammengebrochen bin, und ich lächle, auch wenn ich innerlich immer noch von Heulkrämpfen geschüttelt werde. »Nein, das Schlimmste fängt gerade erst an. Ich habe ihn verloren. Schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher