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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Absichten hat.
    Dennoch, das hier könnte interessant werden.

25
    Devri überschlägt sich vor Charme.
    Mit Vel als Übersetzer erzählt er mir amüsante Anekdoten aus seinem Geschäftsleben, und ich muss zugeben, dass seine Gesellschaft angenehm ist. Für jemanden, der vor drei Stunden nicht einmal mehr wusste, welcher Tag heute ist, mache ich meine Sache gut.
    Jael steht stumm neben mir, aber ich weiß, worauf ich bei ihm achten muss, und sehe, wie er alles aufmerksam im Blick behält.
    Nach ungefähr einer Stunde fragt Devri: »Ich müsste mich kurz mit Velith unterhalten, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
    Er fragt sicher nicht, weil er Angst hat, dass ich etwas mitbekommen könnte, also macht er sich wohl wegen der anderen Partygäste Sorgen. Wahrscheinlich geht es um dieses Komplott, von dem ich gestern Wind bekommen habe, oder vielleicht weiß er von der Drohung, die Otlili mir gegenüber ausgesprochen hat. Vel wird mir sowieso alles erzählen, also entlasse ich Devri, und die beiden verziehen sich in einen anderen Raum.
    Alles ist seltsam weit weg. Die Ithorianer machen einen weiten Bogen um mich, als wäre meine weiche Haut ansteckend. Wenn ich nur lange genug hierbleibe, finde ich meine verletzliche Hülle am Ende noch selbst abstoßend. Ich fühle mich auch so schon zerbrechlich und verwundbar und kämpfe gegen den Drang an, meine nackten Arme zu verbergen. Wenigstens macht das knotige Narbengewebe meine Haut etwas dicker.
    Was sind wir Menschen überhaupt für Geschöpfe? Wir haben keine Krallen, und unser Gebiss ist ein Witz. Wenn ich darüber nachdenke, erscheint es selbst mir komisch, als hätten wir irgendwo auf der evolutionären Leiter die falsche Abzweigung genommen. Den Klang der ithorianischen Sprache bin ich mittlerweile gewohnt. Das Zirpen und Klicken erscheint mir nicht mehr fremdartig, jetzt, da ich die Laute verstehe.
    Jael legt mir die Hand auf den Arm. »Geht’s dir gut?«
    »Abgesehen davon, dass ich unter Drogen gesetzt wurde, grässliche Halluzinationen hatte und mit dem Tod bedroht wurde, bestens. Warum?«
    Sein Körper spannt sich wie eine Bogensehne. »Wer hat dich bedroht?«
    »Die Große Verwalterin. Was gedenkst du, in dieser Sache zu unternehmen?«
    Seine eisblauen Augen halten meinen Blick fest, bis er sicher ist, dass ich keinen Scherz gemacht habe, dann sagt er sehr, sehr leise: »Ich könnte sie töten.«
    Er meint, was er sagt. Als Züchtling unterliegt er nicht denselben Einschränkungen wie wir anderen Menschen, und für einen Moment komme ich tatsächlich in Versuchung. Wenn Otlili aus dem Spiel ist, nimmt vielleicht jemand ihren Platz ein, der dem Bündnis wohlgesinnter gegenübersteht. Aber das Risiko ist zu groß, und ich kann Jael hier nicht von der Leine lassen.
    Also schüttle ich den Kopf. »Nein, das wäre der falsche Weg. Aber … danke für das Angebot.«
    »Ich werde tun, was immer nötig ist, um für deine Sicherheit zu sorgen, und ich werde auch die anderen warnen.«
    Sein Gesichtsausdruck sagt mir, dass er mir auch noch wegen Marsch ins Gewissen reden will, doch ich hebe die Hand. »Nicht jetzt, bitte. Ich bin immer noch ein bisschen mitgenommen.«
    Es fällt mir schon schwer genug, das zuzugeben, und ich hoffe bei Maria, er fragt mich nicht auch noch nach dem Grund.
    Wieder dieser eisige Blick, dann wird Jaels Gesicht etwas weicher. »Du siehst aus, wie ich mich gefühlt habe, als sie mir sagten, was ich bin.«
    Mein Herz setzt einen Schlag lang aus, so kommt es mir vor. Es ist das erste Mal, dass er auf das Thema zu sprechen kommt, ohne nur in einem Nebensatz darauf anzuspielen. Diesmal spricht er vollkommen offen, aber ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.
    »Wie alt warst du?«
    »Zwölf Jahre. Von der körperlichen Entwicklung her, meine ich. Aber die wurde bei uns beschleunigt, deshalb weiß ich nicht, wie alt ich wirklich bin.«
    »Es gab noch mehr von euch?« Ich versuche, möglichst sanft und einfühlsam zu klingen.
    Er nickt. »In meinem Zuchtbecken waren insgesamt zehn. Bis zu jenem Tag hielt ich sie für meine Brüder und Schwestern. Wir sind in einer Art Kinderheim aufgewachsen. Sie ließen uns glauben, wir wären Waisen, damit wir nicht psychotisch werden oder andere Störungen entwickeln. Trotzdem hat es nicht ganz funktioniert. Sieben von uns sind frühzeitig gestorben.«
    »Das tut mir leid.«
    »Muss es nicht. Sie sind an den späteren Experimenten gestorben, nicht an der Wahrheit. Nicht alle von uns konnten Schmerz so gut

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