Mondherz
lächelte über Miklos’ Worte.
Michael hatte im Reichstag Mathias’ Kandidatur angekündigt und Gara vorgeworfen, den jungen Hunyadi nur in die Stadt locken zu wollen, um ihn festzunehmen. Es gab zwar einigen Widerstand dagegen, Mathias’ Kandidatur in seiner Abwesenheit zu bewilligen, doch die Witwe Hunyadi, die inzwischen nach Buda gereist war, und Michael diskutierten, schmeichelten und drohten so lange, bis auch die letzten Vertreter der Stände zustimmten.
Theoretisch könnte die Wahl nun jederzeit stattfinden, und in Prag warteten Gábor und Mathias ungeduldig auf Neuigkeiten. In dieser Woche waren ihnen bisher aber nur Gerüchte und widersprüchliche Geschichten an die Ohren gedrungen – bis endlich Miklos’ wohl wichtigster Brief in Prag eintraf. Gábor riss dem Boten den Umschlag aus den Händen, zerriss das Siegel und las die ersten Zeilen, dann eilte er sofort zu Mathias.
»Ihr seid König«, rief er, und als ein Leuchten Mathias’ Augen erfüllte, zog sich auch sein Herz vor Freude zusammen.
Rasch entfaltete er den Rest des überaus langen Briefes, der in Geheimschrift geschrieben war, und begann Miklos’ akkurate Aufzeichnungen vorzulesen. »›Während in Buda weiterhin verhandelt und gestritten wurde, zog sich Michael aus der Stadt zurück, um sein Heer zusammenzuziehen‹«, las er. Miklos selbst war in der Stadt geblieben, um die Witwe Hunyadi zu unterstützen, die unermüdlich weiter die Mitglieder des Reichstags besuchte, um für ihren Sohn zu werben.
»›Dann kam der Tag, als die Stände in Buda den König wählen sollten‹«, las Gábor weiter. »›Auf der anderen Seite der Donau, im Dorf Pest, rückte Michael mit einem großen Heer an. Zwanzigtausend Mann waren es, darunter dreizehntausend Ungarn, von denen sich die meisten freiwillig gemeldet hatten, und siebentausend böhmische Söldner, mit dem Geld Eures Freundes Podiebrads bezahlt. Michael sandte die Bitte zum Palatin Gara nach Buda, er solle zur Verhandlung in sein Heerlager kommen. Gara weigerte sich und antwortete, er möge seine Forderungen schriftlich senden. Michael sorgte dafür, dass diese Antwort in Buda verbreitet wurde. Die Bürger spotteten bereits über den feigen Gara, als dieser tatsächlich von Michaels Boten einen Brief mit einem Vorschlag zur Thronfolge erhielt. Noch am gleichen Tag schickte Gara seine Antwort über den Fluss: Er lehnte ab. Die darauffolgende Nacht war die kälteste, an die sich die Bürger von Buda erinnern können. Die Donau, in deren Mitte noch eine schmale Rinne offen gewesen war, fror völlig zu. Michaels Kriegsknechte fanden heraus, dass das Eis sie tragen konnte. Immer mehr überquerten den Fluss. Auf Budas Mauern drängten sich die Bürger neben den Adligen, die Handwerker neben den Wachposten. Ich selbst stand zwischen ihnen auf den Mauern und sah, wie manche von ihnen sich sorgten, mehr aber noch jubelten den Soldaten zu. Die Mitglieder der Stände, allen voran Gara, packte der Schrecken.‹«
»Solche Feiglinge«, lachte Mathias, dessen Wangen immer noch vor Freude glänzten. »Kein Wunder, dass keiner von ihnen Gara gewählt hat. Lest weiter!«
Gábor nickte und widmete sich wieder Miklos’ säuberlichen Aufzeichnungen. »›Der Palatin sandte sofort einen Boten nach Pest und ließ Michael ausrichten, dass er doch zu verhandeln geneigt wäre; Szilagyi sollte jedoch schriftlich erklären, dass er die Freiheit der Königswahl nicht antasten werde. Michael versprach dies und erklärte, dass seine Truppen nach Pest gekommen seien, um genau diese Freiheit zu schützen. Am nächsten Morgen erschien Michael mit einigen Männern in Buda vor dem Reichstag, der in der Königsburg stattfand. Auf meine dringende Bitte hin nahm er mich ebenfalls mit, wenn auch mit deutlichem Widerwillen. Die Verhandlungen gingen nur zäh voran, denn Gara sperrte sich wieder gegen eine sofortige Wahl in Abwesenheit eines Kandidaten. Es war wirklich ermüdend, bis Michael sich einmischte. Er unterbrach Garas Lamentierungen, ohne auf die Formalitäten des Reichstags zu achten. »Wir sind uns doch alle über die Anwärter im Klaren«, rief er. »Und eines steht fest: Wir wollen einen Ungarn, keinen fremden Herrscher!« Ich konnte sehen, dass die Stände seine offenen Worte begrüßten. »Dann bleiben noch Palatin Gara und Graf Mathias Hunyadi übrig«, sagte Michael weiter. »Ich bitte um eine Entscheidung!« Während die Männer berieten, berichtete uns ein Bote, dass draußen bereits die Bürger beider
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