Mondherz
angestrengt.
»Was gibt es so Dringendes?« In Graf Cillis gedehntem Tonfall schwang Ärger über die Störung mit.
»Kann ich Euch unter vier Augen sprechen?«
Cilli schnaubte. »Ihr könnt vor meinen Gastgebern offen reden.«
»Also gut.« Der Pater zögerte hörbar. »Ein Mann aus dem Haus Hunyadi hat bei mir soeben die Beichte abgelegt.« Als er weitersprach, verlor er seine Zögerlichkeit. Seine Stimme vibrierte nun vor Empörung. »Was ich gehört habe, ist so schändlich, dass ich das Beichtgeheimnis dafür aufheben muss. Graf Hunyadi verstößt mit seinem Treiben gegen jedes Gebot Gottes. Ihr müsst den Bund mit dieser Familie sofort lösen.«
»Was habt Ihr erfahren?«
»Herr Hunyadi hat Teufelswesen in seinen Diensten. Grausame Tiere, die sich das Aussehen von Menschen geben können.«
Was meinte Pater Anton damit? Veronika bekreuzigte sich erschrocken und schmiegte sich enger an den kalten Stein, um kein Wort zu verpassen.
»Cilli, stopft Eurem Pfaffen das Maul!« Ein Stuhl wurde gerückt. Jemand war aufgesprungen. »Wie kann er es wagen, in meinem Haus solche Lügen über mich zu verbreiten?« Graf Hunyadi presste die Worte hervor, als wolle er sie mit den Zähnen zermahlen.
»Ihr habt recht, Johann«, pflichtete Cilli ihm bei. »Pater, seid Ihr von Sinnen, so eine Anschuldigung vorzubringen?«
»Ich weiß, was ich gehört habe«, erwiderte der Geistliche. »Der Mann, der die Beichte abgelegt hat, hat dieses Teufelswerk mit eigenen Augen beobachtet. Seitdem ist er wie von Sinnen vor Angst. Euer Durchlaucht, ich bitte Euch noch einmal, die Verbindung mit dieser Familie aufzulösen. Ich werde ihr gotteslästerliches Treiben der Inquisition vorbringen. Nach diesem Gespräch mache ich mich auf den Weg. Soll die Kirche Euch wirklich zu Graf Hunyadis Verwandtschaft zählen?«
Eine kurze Stille folgte, nur unterbrochen vom stoßweisen Atmen der Männer. Veronika konnte sich kaum vorstellen, wie sie reagieren mochten. Was geschah dort unten?
»Geht in die Kapelle und wartet dort«, sagte Cilli schließlich. »Ich werde mit Graf Hunyadi allein über diese schweren Anschuldigungen reden. Anschließend schicke ich Euch einen meiner Männer, der Euch auf Eurer Reise begleiten wird.«
»Gut«, meinte Anton. Seine Stimme zitterte. »Aber ich werde nicht lange warten.«
Die Tür klapperte und rasche Schritte entfernten sich. Veronika blieb regungslos stehen. Konnte die Geschichte des Paters wahr sein? Teufelswesen im Dienst der Hunyadis? Aufgewühlt lauschte sie in die Stille hinein. Sie war sich sicher, ihr Onkel würde die Hunyadis jetzt zur Rede stellen.
»Wie konnte einer Eurer Männer darüber mit meinem Priester reden?« Cillis Stimme war wutverzerrt. »Wenn Euer Geheimnis nicht einmal bei Euren eigenen Getreuen sicher ist, kann ich gleich selbst zum Inquisitor gehen und Euch anzeigen!«
Veronika fuhr so heftig zurück, dass sie fast das Gleichgewicht verloren hätte.
»Ihr seid furchtsam wie ein altes Weib«, erwiderte Hunyadi bissig. »Nur weil Ihr erst seit wenigen Wochen Bescheid wisst, glaubt Ihr wohl, so etwas wäre noch nie vorgekommen. Keiner wird etwas erfahren. Euch ist doch klar, was wir tun müssen?« Für zwei Atemzüge hing seine Frage in der Luft, lange genug, um Veronika vor Grauen erstarren zu lassen.
»Ja«, knurrte Cilli. »Schickt Eure Teufelsgesellen schon los, Hunyadi. Die Rechnung für diese unselige Beichte werdet Ihr von mir allerdings noch bekommen.«
»Darüber reden wir später. Laszlo, informiere Gábor und Miklos und schicke sie zur Kapelle.« Hunyadi sprach geschäftsmäßig wie ein Kaufmann. »Sie sollen den Pater am besten gleich dort beseitigen, bevor er sich auf den Weg machen kann. Aus meinem Haus dringt nichts nach draußen. Los, geh schon!«
Wieder klapperte die Tür. Veronika lehnte sich gegen die Wand und hielt sich die Hand vor den Mund, um jeden Schrei, jedes Wimmern, jedes Geräusch zu unterdrücken. Sie wollten Pater Anton ermorden lassen! Und ihr Onkel ließ es nicht nur zu, er war mit ihnen im Bunde.
In was war sie da hineingeraten? Mit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit. Am liebsten wäre sie zurück zu Elisabeth geschlichen, als ob nichts geschehen sei. Doch wenn sie das tat, wäre Pater Anton tot, bevor die Glocken das Öffnen der Stadttore verkündeten. Es war ihre Christenpflicht, ihn zu warnen.
»Herr, steh mir bei«, flüsterte sie, während sie ihren Rock raffte und so leise wie möglich die Stufen hinuntereilte. Sie
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