Mondkuss
tief durchatmen und müsste die Last der dicken Mauern für einen Moment nicht tragen. Ich könnte mich mit dem Bewusstsein hinlegen, einfach nur ruhen zu dürfen. Ohne Sensoren, die stets bemüht sind, eventuelle Gefahren schon im Vorfeld zu erkennen. Weil da ja jemand ist, der auf mich aufpasst. Ich kann meine Seele treiben lassen ohne innere Unruhe, die mich sonst immer gepackt hat, wenn ich einmal ruhig saß. Es ist ein Gefühl, als würden Flügel um mich gelegt. Wärmend, schützend, beruhigend. Ein tiefes Gefühl der Geborgenheit.“ „Geh behutsam damit um und vergiss nie, dass die Gefühle, von denen du berichtet hast, zerbrechlich sein können. Nähre sie, nimm sie an, wisse sie zu schätzen, wirf deine Zweifel über Bord. Wenn du das schaffst, hast du einen wichtigen Grundstein gelegt, denn ohne Grund kein Wachstum.“ Marleen nickte und verstand …
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Sie war gerade dabei, ihre CD-Sammlung zu sortieren, als das Signal ihres Handys sie ablenkte. Eine SMS – von Rafael. Erwarte Dich um 20 Uhr am Kaiserplatz. Nimm Dein Handy mit. Tausend Küsse – Rafael. Aufregung mischte sich mit Freude, die sie beim Lesen der Kurznachricht erfasst hatte. Sie liebte Rafaels Einfälle, seine Ideen und Überraschungen. Hätte ihr vor ein paar Monaten jemand gesagt, dass sie sich von einem Kerl per Handynachricht zu einem bestimmten Ort zitieren lassen würde, sie hätte lauthals gelacht und denjenigen für verrückt erklärt. Aber das war Schnee von gestern. Es zählte lediglich das Hier und Jetzt. Und die Tatsache, dass sie sich nichts Schöneres vorstellen konnte, als auf Rafaels Spiele einzugehen. Den Rest der Stunden bis zu diesem Termin verlebte sie wie in Trance. Sie nahm ein ausgiebiges Bad, rasierte Beine und Scham und wusch sich die Haare. Nach dem Bad cremte sie ihren Körper mit einer wohlriechenden Lotion ein, kratzte sich die Gesichtsmaske herunter, die sie vor dem Bad aufgetragen hatte. Ihre Haut strahlte jugendlich frisch. Sie föhnte die Haare, trug ein dezentes Make-up auf und tupfte Tropfen ihres Lieblingsparfums an strategisch wichtige Stellen. Langsam rollte sie den ersten NylonStrumpf über ihr Bein, zog ihn hoch und verfuhr mit dem anderen ebenso. Das Gewebe knisterte leise. Edel, sündig und verwegen. Es fühlte sich gut an. Viel zu gut …
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Marleen war zu früh und lief unruhig auf und ab. Die Absätze ihrer Pumps hinterließen klackende Laute, das weiße Sommerkleid umspielte ihre Waden und rieb angenehm über ihre nackten Pobacken, die nur dürftig von einem String bedeckt waren. Ihre Neugier wuchs. Ebenso wie ihre Erregung. Allein schon der Gedanke daran, dass sie Rafael in ein paar Minuten gegenüber stehen würde, ließ ihre Brustspitzen hart und das Höschen feucht werden.
Das Handy gab ein Signal ab. Eine SMS, die sie förmlich aus den Gedanken riss. Am Kaiserplatz befindet sich ein Hotel. Kommst Du? Marleens Nackenhärchen stellten sich auf. Die Vorstellung, dass Rafael sie eventuell
beobachtete, während sie nicht wusste, wo er sich befand, hatte etwas Abenteuerliches.
Hinter ihr befand sich das Traditionshotel. Sie blickte sich suchend um. Wo mochte er stecken? Wollte er, dass sie das Hotel betrat? Nein, davon hat er nichts gesagt, beantwortete sie sich selber die Frage. Langsam wurde sie nervös, spürte jedoch, wie die Nervosität ihre Vorfreude steigerte. Es war das Spiel mit dem Unbekannten, der Reiz des Neuen, der sie so intensiv empfinden ließ. Sie ließ sich führen, gab sich hin und legte endlich einmal das Ruder des Lebens beiseite. Ließ sich zum Ziel rudern, statt selbst zu paddeln. Erneut piepte das Handy. Betritt die Lobby des Hotels. Das Ziehen in ihrer Magengegend nahm Dimensionen an, die kaum noch zu überbieten waren. Sie blickte sich noch einmal um, dann führte sie aus, was er wünschte. Das Entree des historischen Hotels strahlte Stil und Eleganz aus. Schon beim ersten Blick waren die erlesenen Materialien zu erkennen. Alles wirkte sehr komfortabel, und es herrschte eine einladende Atmosphäre. Voller Erwartung ließ sie ihre Blicke durch die Lobby gleiten. Dem fragenden Blick des Portiers hinter dem Empfangstresen wich sie aus, begann stattdessen den Boden zu studieren, bis eine weitere SMS sie aufhorchen ließ. Geh zur Rezeption und gib dich als Mrs. Winter aus. Verlange deinen Zimmerschlüssel. Der Herr an der Rezeption sah in seinem Computer nach, musterte sie kurz über den Rand seiner Brille hinweg und händigte ihr dann den Schlüssel aus. Marleen
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