Mondlaeufer
Wasserfällen badeten. Und die ganze Zeit über wurden sie von vier Wachen beschützt, die sich zwar von ihrer gelösten Stimmung anstecken ließen, jedoch unablässig auf der Hut waren.
Die vier standen unter Maetas Kommando, deren Begleitung eigentlich nicht geplant gewesen war. Am dritten Tag war sie einfach aufgetaucht, als wäre sie zufällig bei einem Ausritt auf die kleine Reisegruppe gestoßen. Sie erklärte, sie hätte diese Sehenswürdigkeiten schon immer mal sehen wollen, doch das glaubte ihr keiner. Alle wussten, dass ihre unvergleichliche Mutter sie als Extrawache für Pol geschickt hatte. Rohan schickte Maeta nicht nach Stronghold zurück, denn nicht einmal er hatte große Lust, Myrdal zu erzürnen. Die alte Frau war höchstwahrscheinlich Pols Verwandte, doch sie war ganz sicher die einzige Großmutter, die er je kennen würde, und Rohan respektierte diese besondere Beziehung fast so sehr wie Myrdals Zorn.
Außerdem war es ihm durchaus recht, dass Maeta sich der Gruppe anschloss. Pol hatte bereits gezeigt, wie gern er sich selbstständig machte. Die Stute, die Chay ihm geliehen hatte, war ein Blitzstrahl mit vier Beinen und zwei lebhaften Augen, und sie liebte nichts so sehr wie einen wilden Galopp. Pol verteidigte seine Extratouren mit der unschuldigen Bemerkung, er hätte schließlich versprochen, das Pferd für das Rialla in Form zu halten. Drohungen halfen nichts; selbst als Rohan ihm unter vier Augen zusicherte, er würde ihm den Hintern versohlen, war Pol nicht übermäßig beeindruckt. Doch als er nach Maetas Eintreffen zum ersten Mal wieder davongeprescht war, ließ sie ihn einen ganzen Nachmittag lang am Führzügel hinter sich hertrotten. Rohan gefiel die Niederlage seines Sohnes außerordentlich. Allerdings fragte er sich reumütig, ob er als gewissenhafter Erzieher wirklich so ein Versager war.
Auch Maarken freute sich über Maetas Gegenwart. Fast den ganzen Tag und die halbe Nacht hindurch redeten sie über Strategien und taktische Fragen. Sie hatte an fast allen wichtigen Schlachten der letzten dreißig Jahre teilgenommen, und ihr Erfahrungsschatz war beinahe so groß wie der seines Vaters. Manchmal nahmen Rohan und Pol an diesen Diskussionen teil und tauschten am Lagerfeuer Ideen aus. Doch viel öfter verbrachten Vater und Sohn ihre Zeit miteinander. Während ihrer langen nächtlichen Gespräche lernte Rohan seinen Sohn besser verstehen – besonders den Grund, warum körperliche Bestrafungen ihn lange nicht so trafen wie eine wohldosierte öffentliche Bloßstellung. Er hätte es eigentlich wissen können: Pol glich ihm aufs Haar in seinem Standesbewusstsein, seinem Stolz und seiner Auffassung von persönlicher Würde. Es war keine richtige Arroganz – denn davor musste er sich hüten.
Die fruchtbaren, leicht hügeligen Täler der Prinzenmark mit ihren saftigen Weiden und Getreidefeldern waren wie eine Offenbarung für die staunenden Augen der Wüstenmenschen. Die Bauern beschenkten den Hoheprinzen und seine Begleiter mit frischen Früchten von ihrem Land. Sie waren stolz auf ihre Leistungen und lachten, als die Gäste die Fülle bewunderten.
Als ihnen einmal im Vorhof eines Bauernhauses ein opulentes Mittagsmahl aufgetischt wurde, fragte Rohan: »Sagt mir doch, gibt es irgendetwas, das ihr Leute hier nicht anbaut?«
Der Bauer kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Tja, Herr«, sagte er nach intensivem Überlegen, »nicht viel.«
Und das entsprach der Wahrheit. Obst, Getreide, Fleisch, Käse, Nüsse, Gemüse – sie hatten teil an der Fülle und staunten nur noch.
»Und das alles gehört Euch«, meinte Maeta eines Morgens zu Pol und wies mit dem Arm auf die Felder und Obstgärten um sie herum.
»Alles«, wiederholte er ungläubig. »Es reicht doch für die ganze Welt!«
»Eine gehörige Portion von Eurem Anteil daran«, antwortete Maeta. »Ihr wisst nicht, wie es früher war. Manchmal mussten wir das Salz für ein ganzes Jahr oder die Hälfte von Radzyns Pferden für die Vorräte für einen Winter hergeben. Jetzt, wo das hier uns gehört, werden wir nie wieder betteln müssen.«
Rohan blickte sie über seinen Sattel an, während er einen Gurt festzog. »Nie wieder«, wiederholte er. Er wusste genau, auf welches Jahr Maeta anspielte, und erinnerte sich an die hilflose Wut in den schwarzen Augen seines Vaters, als Roelstra für die Nahrungsmittel, die die Wüste vor dem Hunger retten würden, Unsummen gefordert hatte. Leichthin fügte er hinzu: »Aber das Hin- und Herhandeln hat
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