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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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lächelte.
    »Aber warum ist Pandsala so geizig? Es ist doch reichlich Geld da für neue Teppiche und so, und in so einem Klima ist das sicher kein überflüssiger Luxus. Trotz meiner Stiefel merke ich, wie die Kälte durch den Boden dringt.« Zur Betonung schob er seine Zehen unter einen Teppich. »Die Schafe und Ziegen sind wohl alle draußen auf den Sommerweiden, aber trotzdem … Wenn ich meinen Prinzen begrüßen würde, würde ich die besten Tiere herbringen, damit er weiß, wie gut sie sind, und mich belohnt, indem er beim Rialla gute Preise für sie aushandelt.«
    »Das ist eine sehr interessante Analyse, Pol, die bestimmt auf genauen Beobachtungen beruht.« Die Augen des Jungen glänzten vor Stolz, bis Rohan hinzufügte: »Leider ist sie völlig falsch.«
    »Was? Warum?«, wollte Pol wissen.
    »Die junge Dame trug wirklich reihenweise geschnitztes Zeug um den Hals, und zwar sehr hübsches. Wenn du den Leuten genau zugehört hättest, die wir unterwegs getroffen haben, dann wüsstest du, dass jede Kette für eine bestimmte Anzahl von Schafen, Ziegen, Kühen, Scheffeln Korn oder andere Güter der Gegend steht, auf die eine Familie Anspruch hat. Außerdem habe ich gehört, dass Rezeld hier einen ausgezeichneten Steinbruch verwaltet.« Er grinste. »Aber denk dran, wir sind nur unwissende Wüstenbewohner und haben davon keine Ahnung. Wir müssen denken, dass sie keine anderen Juwelen hat, das arme Mädchen, und für uns ist das keine große Mitgift. Stattdessen trägt sie eine größere Mitgift um den Hals, als die meisten unserer Mädchen zu bieten hätten! Sie hat dir auch schöne Augen gemacht, das habe ich wohl bemerkt!«, neckte er, und Pol wurde rot. »Es überrascht mich natürlich nicht. Du bist ein ansehnlicher junger Mann und obendrein noch Prinz. Aber sie kann sich keine Hoffnungen auf dich machen und weiß das auch. Also will sie, dass du bedauerst, dass so ein hübsches Mädchen so wenig weltliche Reichtümer hat. Damit hat sie offensichtlich auch Erfolg gehabt. Schlaues Ding. Und der Lord stellt sogar seinen Reichtum zur Schau und glaubt, dass wir zu dumm sind, das überhaupt zu bemerken.«
    Pols Kiefer klappte herunter, und seine blaugrünen Augen waren so weit aufgerissen, wie es nur ging. Rohan unterdrückte ein neuerliches Lächeln und stand auf, um sich einen dritten Becher von dem schweren, süßen Wein einzugießen.
    »Sieh dir die Wandbehänge an«, fuhr er fort und wies auf die Wände. »Wenn sie dazu da sind, Kälte und Feuchtigkeit draußen zu halten, warum hängt man sie dann an Stangen, sodass man sie zur Seite ziehen kann? Sie müssten so eng wie möglich an die Wand genagelt werden. Man kann sehen, dass die Stangen neu sind, da ist nicht nur die Polierung, sondern da ist auch der weiße Gips, der diese schwere Last besser halten soll. Neben den Halterungen ist noch mehr Gips, der offenbar die Stellen verdeckt, wo vorher andere Wandbehänge hingen. Ich bin sicher, dass es darunter eine ganze Reihe solcher Stellen gibt, die verraten, dass hier normalerweise etwas ganz anderes hängt. In allen anderen Zimmern, die man uns gezeigt hat, ist es übrigens dasselbe.«
    »Aber, Vater, warum sollten sie so etwas tun?«
    »Ausgezeichnete Frage. Die Wandteppiche, die normalerweise hier hängen, sind wahrscheinlich sehr gut, und wir sollten sie nicht sehen oder von ihnen wissen. Was die Fackeln angeht, weil sie sich keine Kerzen leisten können: Sieh dir die Halter doch mal genau an. Sie sind gut geputzt, aber es sind trotzdem noch Wachsreste dran. Und ihre Größe ist doch auch sehr unpraktisch, nicht wahr? Die Fackelenden mussten extra passend geschnitzt werden. Also haben sie nicht nur reichlich Schafe, Ziegen, Wandteppiche und so weiter, sondern auch Kerzen. Aber wir sollen glauben, dass sie nichts von alldem besitzen.«
    Er setzte sich wieder zurecht und lächelte seinen Sohn trocken an. »Wir müssen uns also fragen, wozu dieses Theater? Warum geben sie sich so viel Mühe, ihren Reichtum zu verbergen? Sollen wir ein bisschen was ausspucken? Oder geht hier etwas anderes vor? Ich neige zu Ersterem, denn Lord Morlen sieht nicht so verschlagen aus, als würde er andere, weniger offensichtliche Pläne verfolgen. Aber ich werde ihn in den nächsten Tagen genau im Auge behalten. Und das solltest du auch tun.«
    Pols Mund stand immer noch offen. Rohan lachte leise.
    »Du brauchst dir nicht dumm vorzukommen. Ich bin kein Zauberer. Vor vielen Jahren hat einer meiner Vasallen, der inzwischen längst

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