Mondlaeufer
erinnerte. Es war so ähnlich, als würde er auf einem goldenen Teller präsentiert. Doch dann wurde es ihm klar: Indem sie ihn für sich beanspruchten, boten sie auch sich selbst an. Sein Vater hatte recht. Er hatte sie für sich gewonnen. Wenn er einer der Ihren war, waren sie auch die Seinen.
»Darüber reden wir ein andermal, Lord Cladon«, sagte Rohan mit einem Seitenblick auf Pol, aus dem väterliche Strenge und prinzlicher Befehl sprachen. Wieder lief ein Lachen durch die Menge, und Cladon verbeugte sich. Er war zufrieden, was Rohans gefühlsmäßige Vorsicht betraf. »Im Augenblick«, fuhr der Hoheprinz fort, »sind wir glücklich, ihn heil und unversehrt bei uns zu haben.«
»Ich – ich habe noch etwas zu sagen.« Pol war überrascht, dass seine Stimme augenblickliche Stille hervorrief. »Maeta sagte mir, wie schön dieses Land für sie ist. Wenn wir sie finden, würde ich ihr Ritual gern hier abhalten, damit ein wenig von ihr in der Prinzenmark zurückbleibt, ehe ihre Asche in die Wüste heimkehrt.«
»Gut gesprochen, Hoheit!« Lord Dreslav von Grand Veresch stand mit erhobenem Becher da. »Auf unseren jungen Prinzen!«
Als die zwei Prinzen später nur als Vater und Sohn in Pols Zimmer waren, drückte Rohan Pol fest an die Brust. Pol klammerte sich an ihm fest, denn er zitterte vor Erschöpfung. Nach einer Weile löste er sich von ihm.
»Es macht dir doch nichts aus? Das mit Maetas Begräbnisfeier?«
»Nein. Das war ein guter Gedanke, sowohl politisch als auch persönlich. Ich weiß, dass sie es mögen würde, ein Teil des Landes zu werden, das du einmal regierst. Hier sagt man, dass die Asche der Toten zu Blumen wird.« Rohan ließ sich in einen Sessel fallen und rieb sich die Augen. »Aber ich will den Wind des weiten Sandes für mich, Pol. Versprich mir, dass du mich nach Hause bringst, ganz gleich wo ich sterben werde.«
»Vater, du kannst nicht sterben! Sag doch nicht so was!« Pol kniete sich neben den Sessel und griff nach dem Arm seines Vaters.
»Tut mir leid.« Rohan lächelte flüchtig. »Ich bin sehr müde, und als ich dich heute in der Felswand sah, hat mich das bestimmt Jahre meines Lebens gekostet.«
»Ich hätte es nicht tun sollen. Dann wäre Maeta noch am Leben.«
»Und es wäre immer noch ein Merida hier, um dich zu bedrohen. Du kannst nie vorhersagen, was sonst passiert wäre, Pol.«
Der Junge legte die Wange auf Rohans Knie. »Mutter wird nicht gerade glücklich sein«, murmelte er.
»Maarken wird es ihr schon richtig erklären. Sie wird es verstehen.«
»Sogar, dass Pandsala den Schützen getötet hat?«
»Deine Mutter … hat ähnliche Dinge getan. Sie wird auch das verstehen.«
Pol versuchte, sich seine Mutter an Pandsalas Stelle vorzustellen, und er konnte ihre grünen Augen blitzen sehen, während sie Feuer herunterrief, um zu verteidigen, was sie liebte.
»Deshalb kommt sie nicht mit Lady Andrade zurecht«, sagte Rohan plötzlich. »Die wird übrigens auch einiges dazu zu sagen haben, und ich glaube nicht, dass Pandsala auch nur ein Wort davon gefallen wird. Aber ich bezweifle, dass Andrade sie bestrafen wird. Sie hat ihr Gelübde gebrochen, aber sie hat auch dein Leben gerettet.«
»Vater, heißt du gut, was sie getan hat?«
»Der Mann hätte lebend überwältigt und befragt werden müssen. Er hätte mir den Vorwand liefern können, den ich brauche – und zwar vor Zeugen –, um in Cunaxa einzumarschieren und die Merida ein für alle Mal zu zerschlagen.« Er starrte auf die dunklen, leeren Fenster.
»Würdest du das denn gern tun?«, fragte Pol vorsichtig.
»Ohne Rechtfertigung sind mir die Hände gebunden.« Rohan sah zu Pol hinunter. »Verstehst du? So sehr ich dich liebe, und so viel Angst ich auch um dich habe, wie kann ich gegen die Gesetze verstoßen, für deren Verabschiedung ich mich so eingesetzt habe?«
»Natürlich verstehe ich«, sagte Pol. Er verbarg sein Erstaunen darüber, dass sein Vater so etwas zu ihm sagte. »Außerdem stecken vielleicht gar nicht die Merida dahinter. Vielleicht ist es ja der Mann, der sich als Roelstras Sohn ausgibt.«
»Vielleicht.« Rohan rieb sich die Augen. »Beim Rialla wird es sicher noch schlimmer.«
»Ich werde vorsichtig sein.«
»Ich glaube nicht, dass sie es bis dahin noch einmal versuchen werden. Sie müssten es geschickter anstellen. Nicht jeder ist glücklich, dass du eines Tages über zwei Prinzenreiche und wahrscheinlich auch noch über ein gutes Stück von Firon herrschen wirst. Ich will dich nicht
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