Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
Gästen ab. Dann wartete sie, bis die Diener zehn hohe Stangen mit Fackeln auf der Spitze um den Platz herum aufgestellt hatten. Sioned konzentrierte sich kurz, machte dann eine Handbewegung, und die Fackeln brannten. Es gab ein leises, überraschtes Gemurmel, und alle Blicke wandten sich ihr zu – wie sie es auch beabsichtigt hatte. Sie lächelte freundlich. Es schadete überhaupt nichts, dass sie alle ab und zu daran erinnerte, dass ihre Höchste Prinzessin auch Lichtläuferin war.
    Ostvel brachte ihr einen neuen Becher Wein. »Angeberin«, schimpfte er.
    »Du wirst mit zunehmendem Alter ganz schön langweilig. Wozu bin ich Faradhi, wenn ich nicht hin und wieder ein bisschen Spaß haben darf? Hast du übrigens Miyons Gesicht gesehen, als diese Fackel genau über seinem Kopf anging?«
    Ostvel trat zurück und verbeugte sich vor jemandem, der von links auf Sioned zutrat. »Prinzessin Naydra«, sagte er mit leichter Verneigung, entschuldigte sich höflich und ließ die beiden Frauen allein.
    »Guten Abend, Hoheit«, sagte Naydra. »Ich habe die ganze Zeit Euren Schleier bewundert. Er ist sehr hübsch.«
    »Danke. Ich muss Euch meinerseits zu Euren Perlen beglückwünschen. So ein Rosa habe ich noch nie gesehen. Sie sind etwas ganz Besonderes.«
    »Mein Gatte ist sehr großzügig zu mir.« Ihre dunklen Augen suchten liebevoll ihren Mann, Lord Narat von Adni, einen vierschrötigen, lustigen Mann, der sich gerade lebhaft mit Prinz Saumer unterhielt.
    Sioned winkte einen Diener heran und bat ihn, Naydra noch einen Becher Wein zu holen. Während die beiden Frauen nichtssagende Plaudereien austauschten, wie man es von Prinzessinnen erwartete, betrachtete Sioned Naydra nachdenklich. Sie war die älteste Tochter von Roelstra und neben Pandsala die einzige noch lebende seiner legitimen Töchter, also auch die Einzige, die ebenfalls Anspruch auf den Titel »Prinzessin« hatte. Sie glich ihren beiden Schwestern, die weit bekannter waren, jedoch wenig. Ihre Augen ähnelten zwar in Form und Farbe denen von Ianthe, und sie hatte viel von Pandsalas Würde an sich, doch damit waren die Ähnlichkeiten auch schon erschöpft. Naydra war ruhig, unterwürfig und völlig ohne Feuer oder Ehrgeiz.
    »Ich wollte Eurer Hoheit nur sagen, dass ich Euch tagtäglich für die Güte danke, die Ihr mir erwiesen habt.«
    Sioned lächelte. »Ich fürchte, ich verstehe Euch nicht.«
    »Ich bedaure, dass ich meinem Gatten keinen Erben schenken kann, doch sonst bleibt mir nichts zu wünschen übrig. Ich lebe, wie es mir gefällt, und ich verdanke mein Glück Euch und dem Hoheprinzen.« Sie sah auf ihre Hände hinunter. »Eure Großzügigkeit bei meiner Mitgift …«
    »Oh, Naydra, bitte nicht. Es tut mir nur leid, dass wir nicht für alle Eure Schwestern dasselbe tun konnten.«
    »Ja – die Hochzeiten von Rusalka, Cipris und Pavla, wenn sie überlebt hätten. Es sind nicht viele von uns übrig. Ich und Pandsala, Kiele, Moria, Moswen, Danladi …« Naydra blickte achselzuckend auf. »Die letzten drei haben sicher absichtlich noch nicht geheiratet. Nicht weil es ihnen an Angeboten oder Mitgift mangelt, sondern weil die Ehe Roelstras Töchtern anscheinend kein Glück bringt. Rabias Tod im Kindbett nach zwei normalen Geburten war wirklich ein Schock. Ich selbst wäre beinahe gestorben, müsst Ihr wissen, als ich mein armes Kind verloren habe.« Die Prinzessin sah Sioned für einen langen Augenblick direkt ins Gesicht und fuhr dann wieder fort. »Es ist fast, als läge ein Fluch auf uns und unseren Kindern.«
    Der Diener kam mit Naydras Wein, was Sioned Zeit gab, über die Schwesternschar und Naydras seltsame Schlussfolgerungen nachzugrübeln. Als der Diener wieder fort war, fragte Sioned vorsichtig: »Was wollt Ihr mir damit sagen, Herrin?«
    »Nichts, Hoheit. Es macht mich nur traurig.« Doch wieder begegnete Naydra ihrem Blick gegen ihre sonstige Art ganz direkt. »Wenn Ihr gestattet, werde ich mich um meinen Gatten kümmern.« Mit einem leichten, anmutigen Nicken ging sie.
    Sioned entspannte bewusst ihre gerunzelte Stirn und grübelte weiter darüber nach, was Naydra gesagt hatte. Vielleicht trauerte die Prinzessin immer noch um den Verlust des einzigen Kindes, das sie je gehabt hatte – das verstand Sioned nur zu gut, denn ihre eigenen Fehlgeburten verfolgten sie immer noch. Doch Naydra hatte wohl noch etwas anderes andeuten wollen. Ein Fluch sollte auf Roelstras Töchtern und ihren Kindern liegen? Lächerlich, vernünftige Leute würden so etwas als

Weitere Kostenlose Bücher