Mondlaeufer
er sich, um mit Cabar und Velden zu reden. Das war ziemlich direkt, fand Sioned, aber genau die Verbündeten, die sie sich an seiner Seite vorstellen konnte. Davvi unterhielt ihren Cousin Volog von Kierst, der Saumer von Isel im Schlepptau hatte. Letzterer sah so aus, als sei er mürbe; vielleicht würde er doch Rohan unterstützen und den Anspruch des Emporkömmlings abschmettern. Sioned segnete das diplomatische Feingefühl ihres Bruders und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Athr’im .
Es waren sehr viel mehr da als in anderen Jahren, und viele waren auf Brautschau. Patwin von den Catha-Höhen, der seit dem Tod von Roelstras Tochter Rabia verwitwet war; der junge Sabriam von Einar; Allun von Nieder-Pyrme; Tilal von River Run – es gab genug freie Hände und Vermögen, um die jungen Damen von Geblüt in Aufregung zu halten. Und sie hatte noch nicht einmal die Erben der Prinzenreiche mitgezählt, die genau wie Kostas eine Braut suchten.
Sioned hieß sie alle willkommen und sorgte dafür, dass sie guten Wein aus Gilad, Ossetia und Syr bekamen. Im Stillen dankte sie der Göttin für Strongholds Abgeschiedenheit: Sie wusste, dass sie schon längst verrückt geworden wäre, wenn sie diese Schar von Leuten ständig um sich gehabt hätte, die alle nur gafften, bewerteten, auf einen Ausrutscher warteten oder auf ein Lächeln lauerten, das ein Gunstbeweis sein mochte. Tobin und Chay aber waren in ihrem Element. Beide strotzten nur so vor Charme und guter Laune. Tobin war damit beschäftigt, Milosh von Fessenden zu becircen, Pimantals jüngsten Nachkommen und Lieblingssohn; der Junge war knapp zwanzig und offensichtlich hingerissen. Sioned erwies im Stillen auch ihrer Schwägerin ihren Respekt für deren politische Klugheit. Sie brauchten Fessenden. Chay hatte Velden, Miyon und Cabar um sich geschart und redete über Schwerter und Pferde – ein geeignetes Thema, bei dem die drei stolzen, jungen Männer eifrig versuchten, diesen großen Herrn mit ihrem Wissen zu beeindrucken. Die jungen Leute flirteten, und die älteren tranken und unterhielten sich. Bei Anbruch der Dämmerung war der meiste Wein getrunken, sodass auf Ostvels Anweisung hin weitere Fässer angeschlagen wurden.
Als Sioned sich gerade mit Prinzessin Audrite über Pols Ausbildung unterhielt, fiel ihr plötzlich auf, dass drei Gesichter fehlten. Audrite bemerkte ihr Stirnrunzeln sofort und fragte nach dem Grund.
»Es fehlen ein paar Gäste«, erklärte Sioned.
Audrites dicke, dunkle Wimpern senkten sich ein wenig, als sie die Menge absuchte. »Oh, ja. Unsere Freunde aus Waes und die Lady – Verzeihung, die Prinzessin – Chiana.« Audrite verzog den Mund, als hätte der Name ihre Zunge beleidigt, und Sioned kicherte. »Sie können sich natürlich mit allerletzten Vorbereitungen entschuldigen, aber es ist doch recht unhöflich, dass sie nicht erscheinen.«
»In gewisser Weise bin ich aber auch froh, dass sie nicht da sind. Die jungen Damen sollten sich eigentlich freuen. Chiana ist nicht gerade dezent.«
»Aber Cousine!« Audrite tat entsetzt, und die beiden Frauen lachten. »Im Ernst, wegen Chiana braucht sich wohl niemand Sorgen zu machen. Ich habe heute aber ein paar beunruhigende Dinge über Kiele gehört. Sie hat verlauten lassen, dass Lyell Nachforschungen über diesen Thronfolger angestellt habe und dass die Ergebnisse zugunsten des jungen Mannes sprächen.«
Sioned runzelte die Stirn. »Darum also war das Verhältnis zwischen ihr und Chiana neulich noch frostiger als sonst. Wie gefrorener Zucker.«
»Ihr könnt natürlich mit unserer Unterstützung rechnen. Dieser Mann ist ganz sicher ein Hochstapler. Doch selbst wenn er tatsächlich sein Sohn wäre, könnten sich weder mein Mann noch sein Vater mit dem Gedanken an einen neuen Roelstra anfreunden. Außerdem hat Rohan die Prinzenmark schließlich rechtmäßig im Krieg erobert, und das ist von den anderen Prinzen bestätigt worden.«
»Außer von Miyon, den seine Berater damals auf Burg Pine zurückgehalten haben.« Mit leichtem Stirnrunzeln sah Sioned zu der großen, dunklen Gestalt hinüber.
»Ich würde mir um ihn nicht so viele Gedanken machen. Er ist unerfahren. Er macht bestimmt irgendeinen Fehler.«
»Stimmt. Aber wir können nicht auf die Fehler der anderen vertrauen, um unsere Sache voranzutreiben.« Sie seufzte. »Ich weiß, dass Ihr, Chadric und Lleyn uns nach Kräften unterstützen werdet. Und dafür bin ich Euch dankbar.« Sie entschuldigte sich und sonderte sich etwas von ihren
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