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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Schwierigkeiten machte, ehe ihr Enkel alt genug war. Auf Rohans eindringlichen Rat hin hatte man Saumers einzigen Sohn mit Vologs ältester Tochter verheiratet. Später hatte Vologs Erbe Saumers Lieblingstochter geheiratet. Aus dieser Verbindung war ein Sohn hervorgegangen, der nach dem überraschenden Tod von Saumers Erben einziger Thronfolger für beide Prinzenreiche war. Das Kind sollte bis zum zwölften Lebensjahr an beiden Höfen aufwachsen. Anschließend wollte Volog Saumer die Zustimmung dazu abringen, dass der Junge auf Stronghold ausgebildet wurde. Er brauchte Saumers Einverständnis zwar nicht, doch er wusste recht gut, dass sie besser gemeinsam über die Ausbildung ihres gemeinsamen Erben entschieden. Insgeheim freute sich Volog über seinen Triumph; in der Öffentlichkeit traten er und Saumer auf wie ein Herz und eine Seele. Beide Männer vergaßen geflissentlich, dass ihre Vorfahren jahrhundertelang Landraub und Viehdiebstahl entlang ihrer gemeinsamen Grenze zugelassen hatten.
    Volog hatte eine weitere Tochter, die sein jüngstes und liebstes Kind war. Alasen war ein bezauberndes Mädchen von zweiundzwanzig Jahren mit goldbraunem Haar und grünen Augen in der Farbe der See vor der Küste von Kierst. Elegant geschwungene Augenbrauen und ein süßer, ernster Mund vollendeten ihre Schönheit, und aus ihrem Gesicht und ihren Worten sprach Intelligenz. Volog liebte sie und war stolz auf sie.
    Doch Alasen sah etwas mitgenommen aus, als er sie mit rauem Vaterstolz am ersten Morgen des Rialla Sioned vorstellte. Ihre Wangen waren blass, um ihre Augen lagen dunkle Ringe, und ihr Mund trug einen gequälten Ausdruck. Sioned wusste, dass all das nicht auf Nervosität vor dem Treffen mit der Höchsten Prinzessin zurückzuführen war. Sie kannte die Zeichen einer langsamen Genesung nach dem Überqueren von Wasser recht gut.
    »Mir scheint, Ihr habt an der Reise wenig Gefallen gefunden«, stellte sie trocken fest. »Volog, der Einfluss unserer Großmutter ist offensichtlich doch nicht spurlos an Eurer Linie vorbeigegangen.«
    »Ich bin keine Faradhi, Hoheit«, sagte Alasen rasch und mit solchem Nachdruck, dass Sioneds Brauen sich hoben. »Nicht nur Lichtläufern wird an Bord übel.«
    Volog zuckte mit den Schultern. »Ob sie die Gabe besitzt oder nicht, muss sich erst noch herausstellen, Sioned. Ich dachte, Ihr würdet sie trotzdem gern kennenlernen.«
    Sioned verstand dies ganz zutreffend als Aufforderung, selber herauszufinden, ob Alasen nun wirklich Faradhi war oder nicht. Ihr lag die Frage auf der Zunge, warum Volog sie nicht schon längst zu Andrade gebracht hatte, doch der nachsichtige, liebevolle Blick, mit dem er seine Tochter ansah, erklärte alles. Alasen verneinte die Möglichkeit, und ihr Vater konnte sich nicht dazu durchringen, sie gegen ihren Willen Andrade zu unterstellen: Sioned war seine zweitbeste Wahl.
    »Ich freue mich sehr, Euch kennenzulernen«, sagte sie lächelnd. »Möchtet Ihr mich vielleicht heute auf den Markt begleiten, wenn Ihr sonst nichts vorhabt? Mein Mann hat mir streng verboten, meinen Sohn mit Geschenken zu verwöhnen, und natürlich habe ich nicht vor, ihm zu gehorchen.«
    Volog lachte dröhnend. »Die Rechte der Mutter gehen über die Befehle des Mannes, recht so! Die Göttin weiß, wie sehr ihre Mutter und ich Alasen verwöhnt haben.«
    »Rohans Vater hat ihm einmal gesagt, dass man Töchter verwöhnen muss, weil es nur dem Gemahl zukommt, eine Frau in ihre Schranken zu weisen.« Sioned lachte leicht. Sie übersah jedoch nicht, wie Alasen die Lippen aufeinanderpresste, als das Wort »Gemahl« fiel. »Ich kann allerdings nicht behaupten, dass Prinz Zehava seinen eigenen Rat befolgte, denn er hat bis zu seinem Tode sowohl seine Tochter als auch seine Frau verwöhnt. Rohan hat es ihm sowieso nie geglaubt!« Sioned wandte sich an das Mädchen: »Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir heute Gesellschaft leisten würdet, Alasen.«
    Durch die Scherze hatte sich deren Spannung gelöst, und sie lächelte strahlend. »Das tue ich mit Freuden, Hoheit.«
    »Dann lasse ich sie in Euren Händen«, sagte Volog und verabschiedete sich.
    Sioned nahm das Mädchen am Arm. »Wenn Ihr meint, dass Ihr mich noch nicht beim Namen nennen könnt, dann sagt doch bitte ›Cousine‹. Bei uns beiden stimmt das wirklich, nicht wie bei den meisten anderen, die ich so anreden muss.« Sie rümpfte die Nase, sodass Alasen grinste.
    »Ich weiß wohl, was Ihr meint. Jedes Mal, wenn ich es zu Prinz Cabar sagen muss,

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