Mondlaeufer
Bart etwa nicht die Farbe von Palilas Haar?« Er wandte sich wieder den Prinzen zu. »Die Frau, die sich als meine Mutter ausgab, war blond und hatte dunkle Augen, ihr Mann desgleichen. Sie waren beide eher klein. Wie können zwei kleine, blonde Menschen mit dunklen Augen einen großen, dunkelhaarigen, grünäugigen Sohn bekommen?«
Es war Davvi – loyal, ernst, einer der Baumeister von Rohans Macht und Pols Erbe –, der zu ihrer Verteidigung einsprang.
»Ich habe zwei Söhne, die größer sind als ich, und meine verstorbene Frau reichte mir nur bis zum Kinn. Haltung und Gesten kann man lernen. Und was die grünen Augen angeht – viele Menschen haben sie. Prinz Pol selbst hat bei bestimmtem Lichteinfall ziemlich grüne Augen. Heißt das, dass auch er Roelstras Sohn sein könnte?«
Davvi, der die Lüge glaubte, die Sioned in die Welt gesetzt und Rohan gedeckt hatte, weil jeder gute Barbarenprinz sich einen Sohn wünschte, der nach ihm regierte … Rohan saß mit unbewegtem Gesicht da, während ein Teil seines Inneren starb.
»Ich frage unseren Cousin von Syr mit allem Respekt, welchen Gegenbeweis es gibt.« Velden von Grib stellte sich neben Masul und stützte die Hände aggressiv vor sich auf dem Tisch auf. »Kann die Regentin mit Sicherheit sagen, welches Kind wem gehörte? Welche Zeugen gibt es sonst noch für jene Nacht und die Geburt von Palilas Kind?«
Pandsalas Stimme hätte den weiten Sand im Hochsommer in Eis verwandeln können. »Meine Schwester Iaethe war als Einzige bei der Geburt anwesend. Aber sie ist tot.«
Velden breitete die Hände aus und riss in gespieltem Befremden seine dunklen Augen weit auf: »Ich frage Euch, meine Herren: Ist es denkbar, dass dieser Mann Roelstras Sohn ist? Es gibt niemanden mehr, der das Gegenteil bezeugen könnte. Doch wir sehen den Beweis vor unseren eigenen Augen.«
Miyon erhob sich am anderen Ende der Tafel. »Seht ihn an, Cousins«, sagte er seidenweich. »Manche von Euch kannten unseren alten Hoheprinzen sehr gut. Gibt es eine Ähnlichkeit?«
Die älteren Prinzen schwiegen. Pandsala nicht.
»Ich bin unbestreitbar Roelstras Tochter, und ich erkläre, dass dieser Mann lügt!«
»Aber er sieht aus wie Roelstra?«, fragte Miyon nach. »Ähnlich genug, um sein Sohn zu sein?«
»Groß, dunkelhaarig, grüne Augen – ich könnte Hunderte bringen, auf die diese Beschreibung passt! Das beweist überhaupt nichts!«
»Aber die Geburt dieses Mannes ist mit dem Datum jener Nacht im Geburtsregister von Waes verzeichnet.«
»Behauptet Ihr, ich würde mein eigen Fleisch und Blut nicht erkennen?«, rief Pandsala und erhob sich halb von ihrem Stuhl. »Wagt Ihr es, mich eine Lügnerin zu nennen?«
»Niemals, Herrin!«, widersprach er mit großen Augen. »Aber. Vielleicht ist Eure Stellung nicht dazu angetan, dass Ihr die mögliche Wahrheit mit klaren Augen sehen könnt.«
Wahnsinn, sagte sich Rohan. Das alles hatte überhaupt nichts mit Masuls Anspruch zu tun, nur mit Pols.
Cabar von Gilad ergriff ebenfalls für Masul Partei. »Ihr Herren, bedenkt: Wenn dieser Mann wirklich Roelstras Sohn ist, dann müssen wir sehr genau überlegen, ob wir ihn seines Geburtsrechts als Prinz berauben sollten oder nicht. Als einen von uns.«
Nicht etwa, dass Miyon und seine Anhänger wünschten, dass Masul in die Felsenburg Einzug hielt. Sie wollten nur verhindern, dass Pol dies jemals tat.
»Es ist wahr, dass Hoheprinz Rohan Roelstra im Krieg besiegt und für seinen Sohn Anspruch auf die gesamte Prinzenmark erhoben hat«, fuhr Cabar fort. »Doch wenn dieser Mann wirklich die Wahrheit sagt, dann ist er tatsächlich einer von uns. Ein Prinz.«
»Seht ihn an«, sagte Miyon. »Wägt das, was Eure Augen sehen, gegen das wenige ab, was man von jener Nacht weiß.«
Rohan blickte Pol verstohlen aus dem Augenwinkel an. Der Junge saß ganz still und beobachtete Masul wachsam und gebannt. Rohan fragte sich, was Pol wohl dachte. Er versuchte, die Fragen zu überhören, die durch seine eigenen Gedanken galoppierten – war der Mann wirklich Pols Verwandter, sein Onkel? Machte das etwas aus? Wenn sie wirklich wollten, dass die Prinzenmark weiter von Roelstras Linie regiert würde, würde Pol diese Anforderung hervorragend erfüllen. Doch dass Pol sowohl die Prinzenmark als auch die Wüste regierte, war das, was sie nicht wollten.
»Es sind zu viele Zufälle«, sagte Miyon. »Ich habe mit Lady Kiele gesprochen, sie ist ebenfalls eine Tochter von Roelstra, und sie ist nach Gesprächen mit diesem
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