Mondlaeufer
werden wir auch all die anderen, die gegen uns waren, durch Leute unserer Wahl ersetzen. Ist das so richtig? Habe ich Euch in allem richtig verstanden?«
Pandsala presste kurz die Lippen aufeinander und sagte dann: »Ja, Hoheit.«
Andrade runzelte leicht die Stirn, dann nickte sie. »Ja, wenn auch schweren Herzens.«
»Schweren Herzens! Gütige Göttin! Euch, Pandsala, kann ich noch entschuldigen, denn Ihr kennt mich kaum, obwohl Ihr schon so lange für Pol regiert. Aber Ihr, Andrade! Ihr kennt Rohan und mich von Kindesbeinen an! Könnt Ihr wahrhaftig so etwas vorschlagen?«
»Um unseres gemeinsamen Traumes willen – ja!«
»Wir haben überhaupt nichts gemeinsam!« Mit geballten Fäusten stand Sioned da und funkelte die beiden Frauen an. »Wie könnt Ihr so etwas vorschlagen! Als wenn Rohan Prinzen und Prinzenreiche vernichten würde, um neue zu erschaffen, weil die ihm lieber sind! Als wenn wir einen gemeinsamen Traum hätten!«
Andrade beugte sich auf ihrem Stuhl vor; ihr Gesicht war weiß vor Wut. »Und wollt Ihr, dass das immer so weitergeht? All diese kleinen Rivalitäten, diese Drohungen gegen Pol? Mein Traum ist die Festigung aller Prinzenreiche unter Eurem Sohn als Hoheprinz!«
»Als Lichtläufer -Hoheprinz!«
»Warum denn nicht? Rohan hat damit angefangen, als er die Prinzenmark übernahm und die Vereinigung von Kierst und Isel einfädelte! Was hat er wohl damit bezweckt,wenn nicht das, was ich gerade erklärt habe? Welchen besseren Zeitpunkt kann es geben, um all das zu erreichen? Wenn Masul als der Lügner überführt ist, der er ist, müssen doch alle, die ihn unterstützt haben, bestraft werden! Wird es je einen saubereren Weg geben, alle Feinde loszuwerden und ihre Prinzenreiche unter Rohan zu vereinen? Oder muss er das wieder erst auf dem Schlachtfeld erreichen und das Land, das Pol regieren soll, mit Blut tränken? Rohan, der vor langer Zeit sein Schwert abgelegt und geschworen hat, es nie wieder in der Schlacht zu führen! Ihr scheut also wegen lächerlicher Gewissensbisse vor dieser Gelegenheit zurück, alles auf einmal zu erreichen?«
Sioned überwand die paar Schritte zwischen ihnen, bückte sich und umfasste die Armlehnen von Andrades Stuhl. Ihre Gesichter waren sich jetzt ganz nah. »Sein Traum und meiner, das ist eine Union der Prinzenreiche unter Gesetzen, denen alle zugestimmt haben und denen daher nicht das Schwert, sondern Ehre und Überzeugung Macht verleihen. Die in der Überzeugung verabschiedet wurden, dass Gesetze besser sind als das Schwert! Euer Traum ist es, die Welt nach Eurem Gutdünken neu zu ordnen. Und Rohan wollt Ihr dafür als Galionsfigur.«
»Nicht ihn, Hoheit«, sagte Pandsala ganz offen. »Pol.«
Sioned wirbelte zu der Regentin herum. »Ihr wollt ihm wirklich ein solches Erbe vermachen? Eroberte Länder. Eingemeindete Güter. Prinzenreiche, die ohne Rücksicht auf die Gesetze oder die Menschen, denen diese Gesetze dienen sollten, zusammengezwungen werden. Prinzen, die aus ihren Burgen vertrieben wurden. Oder wolltet Ihr sie alle umbringen?«
»Und welches Erbe wird er sonst bekommen?«, hielt Pandsala ihr entgegen. »Gegnerschaft von allen Seiten. Prinzentümer, die sich dem andienen, der das stärkste Schwert führt.«
»Länder, die durch Übereinkünfte zusammengehalten werden!«, fauchte Sioned. »Nicht durch ein unseliges Flickwerk – mit einem Rudel verbitterter, einstiger Prinzen, die intrigieren, um ihr Land zurückzubekommen. Und mit der zehnfachen Anzahl Merida!«
»Dann tötet sie«, sagte Pandsala schlicht. »Zeit für Gesetze ist später, wenn Eure Herrschaft gesichert ist.«
»Wenn mein Mann das Vertrauen aller Prinzen verloren hat.«
»Sie werden allem zustimmen, was er sagt. Sie hängen an ihrem Leben!«
»Ihr meint, sie werden mit seinem Schwert an der Kehle leben! Ich will aber nicht so leben, Pandsala – und das ist wahrhaftig nicht die Welt, die wir unserem Sohn hinterlassen wollen!«
»Aber Ihr werdet Euch Firon nehmen, oder?«, warf Andrade gerissen ein.
Sioned ließ sich wieder in ihren Stuhl sinken. »Wenn die Fironesen es wünschen und die anderen Prinzen zustimmen, wie es das Gesetz verlangt …«
»Ein guter Balsam für Rohans zartes Gewissen! Das hört sich mehr nach ihm an als nach Euch, Sioned. Ich habe Euch gelehrt, praktischer zu denken.«
»Ihr habt mich viele Dinge gelehrt, Andrade. Und bei manchem wünscht Ihr heute, ich hätte es nicht gelernt. Doch mein Mann hat mir viel mehr beigebracht. Ja, wir übernehmen
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