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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Firon, wenn es das Gesetz erlaubt. Versteht Ihr nicht? Ich weiß, Ihr verachtet Rohans Bedürfnis, alles ordentlich und rechtmäßig zu machen, wenn er es sich doch einfach schnappen könnte und fertig. Aber begreift Ihr das denn nicht? Was würde das aus ihm und aus den Gesetzen machen, an deren Entstehung er so viel Anteil hatte? Wenn er nicht dem Gesetz gehorcht, wer dann?«
    »Ich habe zu zeigen versucht, dass es eine Möglichkeit gibt, sein Gesetzeswerk von einem Ende dieses Kontinents zum anderen zu verbreiten. In dieser Situation kann er alles erreichen, wozu er sonst den Rest seines Lebens brauchen würde, wenn er weiter den ehrenhaften, edel gesinnten Prinzen spielt! Oh, Göttin, warum seht Ihr das nicht? Zehava besaß das Schwert dazu, aber nicht die Schlauheit. Rohan …«
    »Ihr würdet einen zweiten Roelstra aus ihm machen«, unterbrach Sioned sie in eisigem Ton. »Wenn es das ist, was Ihr wollt, dann unterstützt Masul!«
    Andrade kam mit weißem Gesicht und wutbebend auf die Füße. »Ihr seid verrückt! Ihr sagtet, Ihr tragt noch immer Eure Ringe! Ich reiche Euch eine Welt mit silberner Schleife, und Ihr …«
    »Ihr gabt mir nur meine Ringe – die ich wirklich nicht mehr trage. Die wie Narben um meine Finger und meinen Verstand liegen!«
    Auch Sioned zitterte. Es war der alte Kampf zwischen ihnen. Sioneds überzeugte Hingabe an Rohan rang mit Andrades Verlangen, ihr unbedingten Gehorsam zu erweisen. Sie hatten schon früher gestritten, doch noch nie so offen. Noch nie hatte sich Sioned mit so trotzigem Ungehorsam gegen Andrades herrischen Vorwurf behauptet, sie würde Verrat üben.
    »Du bist wie ich, Sioned.« Die Stimme der Herrin traf wie eine Peitsche. »Eure Pläne sind doch nur Varianten von dem, was ich will. Ja, ich kenne Rohan und dich von Kindheit an. Ich habe euch zu dem gemacht, was ihr seid. Euch beide. Und ich habe auch euren Sohn geschaffen. Durch dich.«
    »Ihr seid eine Spinne!«, warf Sioned ihr vor. »Webt Sonnenlicht und Mondlicht wie ein Netz und vergiftet uns alle! Ihr wollt, dass alles Euch gehört, weil Ihr nie zu etwas gehört habt! Ich gehöre Euch nicht! Und Rohan und Pol ebenso wenig!«
    »Du bist es, die nicht begreift. Was kann denn dein Ziel sein, wenn nicht die Vereinigung aller Prinzenreiche unter ihm? Als Hoheprinz und Faradhi, der von mir ausgebildet …«
    »Niemals.«
    Das war das einzige Wort, das Andrade in einer Schlacht zu Fall bringen konnte, die sie verlieren musste. Sioned las in ihren Augen, wie der Ärger plötzlich verpuffte und nur noch die Bitte um Mitleid übrig blieb; Sioned sah es und fühlte eine bösartige Befriedigung.
    »Ich werde ihn unterrichten«, fuhr sie fort. »Nicht Ihr. Hofft lieber, dass Ihr Rohan und mich so gut hingebogen habt, wie Ihr glaubt, Andrade. Denn was Pol sein wird, werden wir beide aus ihm machen. Seine Eltern.«
    »Nein!«, fuhr Andrade auf. Die Panik hatte ihr diesen Schrei entlockt. »Das könnt ihr nicht!« Doch fast augenblicklich kehrte ihr Stolz zurück und brachte wieder Farbe in ihre aschfahlen Wangen. Mit wild raschelnden Seidenröcken stürmte sie aus dem Zelt. Kurz darauf folgte ihr Pandsala.
    Sioned blieb zitternd zurück. Beschämt erkannte sie, dass Andrade in einer Sache recht gehabt hatte: Es waren Rohans Worte, nicht die ihren. Und sie gestand sich ein, dass sie nah daran gewesen war, die Ehre ihres Gatten beiseitezukehren und Andrade von ganzem Herzen zuzustimmen.
    Ihre ganze Kindheit hindurch hatte man sie gelehrt, Andrade fraglos und unbedingt zu gehorchen. Rohan war als Prinz erzogen worden, um zu herrschen und Befehle zu erteilen. Nicht zum Gehorsam wie Sioned. Es war so einfach, so sicher gewesen, einfach zu tun, was einem gesagt wurde, ohne nach dem Grund zu fragen. Doch die Macht eines Hoheprinzen und seiner Lichtläufer-Prinzessin erforderte ständiges Hinterfragen. Manchmal wünschte sich Sioned, einfach die Verantwortung abgeben und anderen gehorchen zu können. Doch das konnte sie nicht. Rohan hatte ihr gezeigt, dass es unmöglich war.
    Tobin hatte nicht dieselben Skrupel. Doch andererseits hatte Tobin auch nicht annähernd Sioneds Macht. Auch Chay rang nicht mit sich. Wie hoch sein Rang auch war, er war immer ein Vasall des Prinzen, dem er geschworen hatte, ihm in allen Dingen zu gehorchen. Chay hatte absolutes Vertrauen zu Rohan. Er mochte Fragen haben, doch er vertraute ihm vorbehaltlos und gehorchte.
    Sioned konnte sich einen solchen Gehorsam nicht leisten. Rohan wollte, dass sie aus

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