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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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der reich bestickten, grünen Seide. »Das ist einfach wunderschön – aber es wird einen Skandal geben! Eine Dame trägt nichts, das so eng sitzt und so tief ausgeschnitten ist!«
    »Die meisten könnten das auch nicht«, erklärte ihr Sohn. »Du schon.«
    Sie sah ihn prüfend an: »Hast du von deinem Vater gelernt, mich zu überreden, oder hast du das von dem Kaufmann?«
    Sioned verschwand hinter der Zeltwand und legte ihr einfaches Sommerkleid ab. »O Göttin, ich hoffe, es passt!« Ein paar Augenblicke voll Geraschel später tauchte sie wieder auf und drehte sich auf den Zehenspitzen. »Und? Was meinst du?«
    Eine andere Stimme erklang am Eingang: »Ich finde, mein Sohn hat eindeutig meinen ausgezeichneten Geschmack geerbt«, sagte Rohan. Er kam lächelnd herein und fuhr Pol spielerisch durchs Haar. Doch weder diese Geste noch sein Lächeln konnten seine Erschöpfung und die Sorge in seinem Gesicht verbergen.
    »Du bist früh zurück«, setzte Sioned an.
    »Und das ist auch gut so. Wenn ich das erst kurz vor dem Bankett zum ersten Mal gesehen hätte, hättest du sicher die halbe Nacht gebraucht, mich wiederzubeleben. Hast du das selbst entworfen, Pol?«
    »Die Kleider der Dorfmädchen in Dorval sind so. Der Händler glaubte, dieser Stil würde Mutter stehen.«
    »Ich würde sagen, damit hatte er recht. Obwohl du es in Stronghold sicher nie am Tage tragen kannst, Sioned. Mit dem tiefen Ausschnitt vorn bekommst du sofort einen Sonnenbrand.«
    »Vorn? Sieh dir den Rücken an!« Sie drehte sich, um ihm zu zeigen, wie viel es enthüllte. »Und erzähl mir nur nicht, dass ein anständiges Dorfmädchen auf Dorval so etwas trägt!«
    »Na ja, es ist natürlich etwas mehr Stoff an ihren Kleidern«, sagte Pol grinsend. »Aber sie sind ja auch keine Prinzessinnen.«
    Sioned strich die Seide über ihren Rippen, der tief sitzenden Taille und dem eng anliegenden Hüftmieder glatt. »Bis zum Bankett am letzten Tag werde ich jetzt wohl besser keinen Bissen mehr essen, sonst passe ich hier nie wieder hinein«, seufzte sie. »Und wenn ich dann esse, platzen sicher alle Nähte auf.«
    Sie verschwand, um das Kleid abzulegen und es in seiner Verpackung zu verstauen. Als sie wieder auftauchte, hatte sich Rohan auf einen Stuhl gesetzt, den Kopf zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Sioned wechselte einen besorgten Blick mit Pol.
    »Vater, stimmt es, dass du dabei geholfen hast, Tante Tobin und Onkel Chay zusammenzubringen?«
    Eines seiner blauen Augen öffnete sich für einen Blick auf Pol. »Hm, man könnte es wohl so sagen.«
    »Und Walvis hat dir und Mutter geholfen?«
    »Ja.«
    Sioned schenkte ihnen kalte Getränke ein und fragte: »Was soll das alles?«
    »Ach … Ich glaube, ich habe gerade so was Ähnliches gemacht, sozusagen.« Pols Gesicht war nachdenklich, doch in seinen Augen tanzte ein vielsagendes Glitzern.
    »Bei wem?« Rohan öffnete voller Neugier beide Augen.
    »Ich hoffe, es war richtig so – jetzt kann man sowieso nicht mehr viel daran ändern. Es ist heute, na ja, einfach so passiert.«
    »Von wem redest du eigentlich?«, fragte Sioned. »Wir wissen doch nur von Hollis und Maarken. Das sind wohl die Einzigen in der direkten Familie, die …«
    »Nicht Hollis und Maarken«, sagte Pol.
    »Wer dann?«, wollte Rohan wissen.
    »Tilal und Gemma.« Achselzuckend bewahrte Pol eine bewundernswert ruhige Miene, als er sah, wie seine Eltern den Mund aufsperrten. »Es hat eine Weile gedauert, aber ich habe sie dazu gebracht, dass sie einsehen, was auf der Hand lag. Ich hoffe, es macht niemandem was aus. Ich meine, außer Kostas natürlich, aber das ist sein Problem, nicht unseres, oder? Denn was er wirklich wollte, war doch Ossetia, nicht sie. Tilal war ziemlich blöd. Er hat sie nicht fragen wollen, weil sie doch jetzt Prinz Chales Erbin ist. Aber ich habe ihn dazu gebracht, dass er endlich redet.« Pol seufzte. »Als er erst mal angefangen hatte, hörte er überhaupt nicht wieder auf. Sie haben einander schon die ganze Zeit geliebt, ob ihr’s glaubt oder nicht. Sie war zu stolz, irgendetwas zu ihm zu sagen, und er wollte erst River Run zum reichsten Herrschaftssitz in ganz Syr machen. Erst dann wollte er sie fragen. Und beide haben davon keinen Ton gesagt. Aber das ist jetzt nicht das Problem. Soweit ich weiß, reden sie da draußen wohl immer noch miteinander!«
    »Tilal?«, brachte Sioned heraus.
    »Und Gemma?« Rohan machte immer noch große Augen. Pol lachte. »Sie waren so komisch! Versprecht mir eines: Wenn ich

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