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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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denn, sie hätte mich nach Feruche gelockt und dort eingesperrt, um mich ganz normal zu foltern? Warum hat sie mich denn dann wohl gehen lassen? Sie trug meinen Sohn! Das Kind, das Ihr angeblich so liebt, ist das Kind Eurer Schwester, die Ihr so hasst! Pol ist der Sohn von Ianthe und mir!«
    Pandsala stöhnte wimmernd, fiel auf die Knie und kauerte sich auf dem Boden zusammen. Dort wiegte sie sich vor und zurück und schlang ihre Arme um die Brust, als müsse sie ihren Körper zusammenhalten. Rohan stand vor ihr, und seine Worte zermalmten, was von ihr noch übrig war.
    »Beim ersten Mal dachte ich, sie wäre Sioned. Beim zweiten Mal war es Vergewaltigung. Ich wusste genau, wer sie war und was ich tat. Sie hielt mich dort fest, bis sie ganz sicher war. Dann lachte sie und ließ mich gehen. Ich zog in dem Wissen in den Krieg, dass mein Sohn in ihrem Leib wuchs. Auch Sioned wusste es. Sie wartete und wartete. Dann ritt sie nach Feruche, um das Kind zu holen, und brannte das Schloss nieder. Wie geht es Euch jetzt, wo Ihr wisst, dass Eure Arbeit, Eure Intrigen, Eure Morde einem Sohn von Ianthe zugutekamen?«
    Pandsala hatte Kinder getötet. Naydras ungeborenen Sohn und Jos von Ossetia, der noch ein kleiner Junge gewesen war. Anderen Kindern hatte sie den Vater oder die Mutter genommen, hatte alten Männern und Frauen, die nun keine mehr bekommen konnten, die Kinder entrissen.
    Sie hatte es aus Hass auf Roelstra getan, aus Freude darüber, dass sein Land von einem fremden Prinzen regiert werden und dass kein Erbe von ihm je in der Felsenburg leben würde. Sie hatte es aus Liebe zu Rohan getan, aus Freude darüber, dass der Mann, den ihr Vater und Ianthe so gehasst hatten, die Prinzenmark regieren würde. Und jetzt hatte sie erfahren, dass der Junge, der ihre Rache verkörpert hatte, Roelstras Enkel und Ianthes Kind war. Sie stieß ein Schluchzen aus und vergrub ihre Finger in ihren Locken, wobei sie sich hin und her wiegte.
    »O Göttin! Was Ihr getan habt, wird ihn sein Leben lang belasten«, sagte Rohan. »Aber Ihr werdet ihm keine weiteren Lasten mehr aufbürden.«
    Auf einmal sah sie auf. Ihr erstarrtes Gesicht war geschwollen von Tränen, die in ihren Augen standen, aber nicht über ihre Wangen liefen. »Wenn ich sterben muss, dann sollte es einen Sinn haben«, stieß sie mühsam hervor.
    »Welchen Sinn? Masuls Tod?« Er wollte fragen, warum sie Masul nicht schon längst getötet hatte. Doch er wusste: Hätte sich die Gelegenheit ergeben, hätte sie es getan. »O nein. Er wird so lange leben, bis er als Lügner entlarvt ist. Ich will nicht den Rest meines Lebens Zweifel an Pols Anspruch auf die Prinzenmark hören.« Rohan lächelte bitter. »Und dabei ist es ein ziemlich guter Anspruch, findet Ihr nicht?«
    Pandsala sank in sich zusammen. Ihre Haare hingen ungeordnet herab. Im Sonnenlicht sah er weiße Strähnen in ihnen. »Dann tötet mich jetzt«, sagte sie tonlos.
    »Das kann ich Pol nicht antun. Wenn ich Euch vor Gericht stelle und Ihr die Strafe bekommt, die Ihr verdient, wird die Last, die er zu tragen hat, nur noch schwerer. Deshalb werde ich Euch nicht töten.« Aber, o Göttin, wie gern würde ich es tun, und zwar mit meinen bloßen Händen … »Vielleicht bin ich so ein Feigling, wie Chiana meint. Aber nach allem, was Ihr getan habt: Ich glaube, der beste Tod für Euch ist der, zu dem Euer Vater Euch vor Jahren verurteilt hat. Ich schicke Euch nicht an die Schule der Göttin. Ihr werdet Euch friedlich irgendwo aufs Land zurückziehen. Vielleicht baue ich sogar Feruche für Euch wieder auf«, schlug er vor und lächelte böse. »Würdet Ihr gern seinen Wiederaufbau überwachen, Pandsala? Nun?«
    Ein Schauder durchlief sie. Es war Hass. Dennoch hatte sie den Mut, seinem Blick zu begegnen. »Was immer Ihr wünscht, Herr. Ich bin die Eure, wie ich es stets gewesen bin.«
    »Ich nehme Geschenke, wie Ihr sie gebt, nicht an. Begreift Ihr überhaupt, was Ihr getan habt? Begreift Ihr es?«
    »Ich weiß, dass ich alles zu Pols Bestem getan habe. Für Euch. Ich habe euch beide geliebt. Die Göttin stehe mir bei, ich tue es noch immer. Ich bereue nichts.«
    »Ihr werdet es bereuen. Glaubt mir, wenn Ihr all die Jahre von Feruche aus den weiten Sand betrachtet, werdet Ihr lernen, was Reue ist.«
    Er wusste längst, dass er sie nicht umbringen konnte, obwohl jede Faser in ihm nach ihrem Tod schrie. Es wäre nur gerecht nach all ihren Morden, angesichts all der Männer, Frauen und Kinder, die sie für Pol vernichtet

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