Mondlaeufer
ertrank. Seine Schwester Hevatia hatte Vologs Erben bereits ein Kind geboren, das nach Obrams Tod Erbe beider Prinzenreiche war. Das vereinigte Kierst-Isel würde eines Tages von Pols Verwandtem regiert werden.
Lady Rusalka war kurz vor ihrer Heirat bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen. Lady Pavla war ein knappes Jahr nach ihrer Hochzeit mit Prinz Ajit von Firon einem Geschmeide mit vergifteten Verzierungen zum Opfer gefallen. Beide Frauen waren Pandsalas Halbschwestern gewesen, und beide waren aus demselben Grund ermordet worden wie Cipris.
Es gab noch andere: Lord Tibayan von Nieder-Pyrme hatte eine Einigung mit Davvi über die Festlegung der Hafengebühren und andere Dinge an der Grenze zwischen Syr und Ossetia abgelehnt und hatte seine Kompromisslosigkeit mit dem Leben bezahlen müssen. Genauso war es Lady Rabia von den Catha-Höhen gegangen, die bei der Geburt ihrer dritten Tochter starb, nachdem ihr Gatte sich kurz zuvor geweigert hatte, einen Hafen an der Mündung des Faolain zu errichten, den sowohl Syr als auch die Wüste dringend für den Handel brauchten. Seit dem Tod seiner Frau war Patwin leichter zu beeinflussen. Zweifellos hatte Pandsala das bedacht, als sie noch eine Schwester tötete.
Und vor zwei Jahren noch eine: Lady Nayati, die scheinbar dem Messer eines einfachen Straßenräubers aus Waes zum Opfer gefallen war, als sie Kiele besuchte. Auch sie würde keinen männlichen Erben mehr bekommen, der Pol herausfordern könnte.
Und während Rohan und Sioned im letzten Winter Pläne geschmiedet hatten, wie Pol die Prinzenmark durch sein Lächeln gewinnen würde, war Pandsala schließlich damit beschäftigt gewesen, ihm durch Ajits Tod Firon zuzuspielen. Sie war ungeduldig geworden und hatte nicht mehr auf den natürlichen Tod des alten Mannes warten wollen. Es war vergifteter Wein gewesen, der sein Herz angegriffen hatte.
Ihre letzten Opfer waren Inoat und Jos von Ossetia gewesen. Nach deren Tod beim Segeln auf dem Kadarsee war Chales Nichte Gemma die einzige Erbin des Prinzenreiches. Aber es gab Gerüchte, dass Kostas Gemma heiraten würde, war es da ein Wunder, dass Inoat und Jos hatten sterben müssen? Selbst wenn nun nicht Kostas, sondern Tilal Gemmas Gemahl und Prinz sein würde, blieb es dasselbe. Ein weiteres Prinzenreich würde von einem Verwandten von Pol regiert werden.
Dieses Jahr hatte Pandsala Kiele im Auge. Sie hatte deren Heirat mit Lyell nicht verhindern können, denn das war vor ihrer Herrschaft gewesen. Aus irgendeinem Grund hatte Pandsala Kiele sogar so lange am Leben gelassen, dass sie einen Sohn und eine Tochter bekommen konnte. Doch dieses Jahr war sie auf die Todesliste geraten, weil sie Masul unterstützte.
Hatte sie noch weitere Mordpläne? Nur Ianthes Söhne. Ihre Namen waren bekannt, nicht jedoch, wo sie sich aufhielten. Man hatte nichts mehr von ihnen gehört, seit Feruche bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Pandsela war jedoch davon überzeugt, dass sie lebten. Sie hatte Ianthes Söhne seit Jahren gesucht und würde sie bis zum letzten Atemzug suchen, bis es klare Beweise gab, dass sie so tot waren wie ihre Mutter – oder eben nicht. Denn diese drei würden sicher mehr als jeder andere Enkel von Roelstra Land, Schlösser und das Prinzenreich für sich fordern. Und Pols Tod.
Rohan starrte Pandsala in die fiebrigen dunklen Augen. Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn. Es war heiß hier in der Sonne, doch das Feuer in ihr brannte noch heißer.
Rohan versuchte, seine Kehle von dem entsetzlichen Knoten freizubekommen. »O süße Göttin, warum?« Seine Frage war ein hoffnungsloses, raues Flüstern. Und nach all den anderen Bekenntnissen hörte er nun das allerschrecklichste.
»Für den Sohn, den sie Euch schenkte, für den Sohn, der meiner hätte sein sollen!«
Entsetzen stieg in ihm auf und wurde von ihm rasch und gewaltsam unterdrückt. Denn wenn sie erfuhr, was er ihr sagen wollte, musste er seinen Verstand beieinanderhaben, durfte weder der Furcht noch der Wut noch irgendetwas anderem Raum geben, was das plötzliche Gleichgewicht zwischen ihnen beiden zerstören würde. Es war ein verkehrtes, falsches Gleichgewicht, und in seinem Mittelpunkt stand Pol: Rohans Liebe gegen Pandsalas Lügen. Doch da er das erkannte, fand er auch die Stärke, dies Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.
Denn er musste es um jeden Preis erhalten. Er hatte ihr Macht und die Prinzenmark und ihren Stolz gegeben, und sie hatte mit absoluter Ergebenheit die Reihen derjenigen
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