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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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wie ihm unter dem Leder und Stahl seines Harnischs der Schweiß den Rücken hinunterlief, und widerstand dem Verlangen, seine Schultern zu bewegen, um dieses feuchte Rinnsal loszuwerden. Schließlich hörte er die Stimme seines Bruders. Auf diese Entfernung war sie unter offenem Himmel kaum zu verstehen, doch er wusste, was Andry gerade sagte.
    Zunächst verwies er, worauf sie Anspruch erhoben. Und dann zählte er auf, welcher Verbrechen sich Masul schuldig gemacht hatte. Der angebliche Prinz ritt vor und machte vor dem Hoheprinzen halt, ohne sich zu verbeugen – was sowieso niemand von ihm erwartet hatte. Seine Haltung drückte Arroganz aus, als er seine formelle Herausforderung vorbrachte. Andry hörte ihn an, wandte sich dann etwas und sprach wieder. Maarken verstand seinen eigenen Namen und seine Titel, trieb seinen Hengst an und zügelte ihn genau eine halbe Länge von Masul entfernt. Er neigte den Kopf vor seinem Onkel und seinem Cousin.
    »Seid also unser Krieger, Lord Maarken«, grüßte Rohan ihn mit den traditionellen Worten. »Da dieser Mann seinen Anspruch mit seinem Körper beweisen will, werdet Ihr unseren mit dem Euren beweisen.«
    »Das werde ich, mein Prinz«, antwortete Maarken.
    Andry gab beiden Männern das Zeichen zum Absitzen. Doch Masul hatte noch etwas zu sagen.
    »Ich fordere die Versicherung, dass er keine Lichtläufer-Hexereien in diesem Kampf benutzt.«
    »Gewährt«, fuhr Maarken ihn an, noch bevor irgendjemand etwas anderes tun konnte, als bei dieser Beleidigung zusammenzuzucken.
    »Dann legt Eure Ringe ab, Faradhi.«
    Maarken starrte Masul an. Der glaubte doch sicher nicht an das alte Märchen, dass ein Lichtläufer ohne seine Ringe machtlos war. Sioned war der Beweis dafür; seit fünfzehn Jahren trug sie nur den Ring ihres Gemahls, und alle Anwesenden hatten genügend Beweise gesehen, dass ihre Gabe weiterhin wirkte. Er warf Andry einen Blick zu und sah, dass der verächtlich lächelte.
    »Gewährt«, sagte der Herr der Schule der Göttin, »denn wir wollen nicht, dass der Herausforderer durch seinen Aberglauben abgelenkt wird.«
    Maarken lachte beinahe laut auf. Obwohl er noch so jung war, hatte Andry doch eine echte Ader dafür, den richtigen Ton zu treffen. Er verbeugte sich vor seinem Bruder und zog seine roten Lederhandschuhe aus. Einen nach dem anderen legte er die Ringe ab, die er sich so schwer erarbeitet hatte. Während er dies tat, verließ ihn seine Lachlust allmählich. Die sechs kleinen Kreise in seiner Handfläche – silbern und golden mit kleinen Rubinen und dazu ein granatbesetzter – waren ein wichtiger Bestandteil seines Stolzes. Sie waren Teil seines Selbst. Er zögerte, dann ging er hinüber und gab sie Pol mit einer Verbeugung, damit er sie verwahrte.
    Er sah ein Zusammenzucken auf Andrys Gesicht, das jedoch sofort verschwand. »Mein Prinz«, sagte er zu seinem Cousin, »ich werde sie bald zurückfordern.«
    »Aber sie sind noch an Euren Fingern, Maarken. Seht.«
    Dünne Streifen blassere Haut sah man dort, wo die Ringe gesessen hatten. Wenn Andry begabt war, dann war Pol wahrlich begnadet. Er lächelte den Jungen an, und Pols Augen leuchteten zur Antwort auf.
    Dann kam Chay und führte Maarkens Hengst davon. Miyon tat dasselbe mit Masuls Pferd. Maarken zog seine Handschuhe wieder an und krümmte die Finger in dem dünnen, geschmeidigen Leder, das ihm einen festen sicheren Griff um sein Schwert garantieren würde. Er winkte Masul, er solle ihm zur Mitte des Kampfplatzes folgen.
    Während er mit dem vorgeblichen Prinzen dort hinüberging, konnte er Hollis’ Gegenwart mit seiner ganzen Haut fühlen. Doch er beging nicht den Fehler, sie anzusehen.
    Segev trat neben Hollis nervös von einem Fuß auf den anderen. Er war jetzt auf sich allein gestellt und wusste das genau. Mireva konnte nichts tun, ihn weder für ihre Handlängen benutzen noch ihm sagen, was er zu tun hatte. Ihre Waffe war das Sternenlicht, doch jetzt war es Tag. Sie beherrschte auch das Sonnenlicht, doch die Sonne wurde jetzt durch die Wolken abgeschirmt. Seine Freiheit hätte ihn begeistern sollen. Stattdessen war er besorgt.
    Er warf einen Blick auf die Menge. Viele waren für Masul und viele gegen ihn – doch niemand besaß die Macht für das, was er tun konnte, wenn er wollte. Wenn er den Mut hatte. Wenn er alles für einen Mann riskierte, den Mireva vielleicht sowieso töten würde.
    Nein, wenn er es tat, dann nicht für Masul. Für sich selbst. Segev prüfte seine Möglichkeiten, überlegte,

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