Mondlaeufer
was er tun könnte und was daraus wahrscheinlich folgen würde. Wenn es ihm gelänge, Maarken zu töten, ohne dass jemand verstand, wie es geschah, würde Mireva ihn Ruval vorziehen, wenn es an der Zeit war, Pol offen herauszufordern. Wenn er erst die Sternenrolle hatte, würde er Mireva sogar überhaupt nicht brauchen.
Wer konnte wohl gefährlich werden? fragte er sich, während er alle Gesichter in der Runde betrachtete. Kein Lichtläufer würde sich daranwagen, Licht zu weben. Es fiel keine Sonne durch die Wolken, nichts, womit man arbeiten konnte. Er lächelte verächtlich über ihre Schwäche. Doch welcher von ihnen würde sein Tun bemerken können? Pandsala war am gefährlichsten; Ianthes Mutter war auch ihre Mutter gewesen und hatte die Macht der Diarmadh’im besessen. Vielleicht hielt sie sich für eine Lichtläuferin; doch Segev wusste es besser. Urival war eine weitere echte Gefahr. Segev hatte nicht vergessen, dass er damals im Frühling gemerkt hatte, wie Mireva ihn und Andrade belauschte.
Aber nur Andry wusste und verstand genug von der Sternenrolle, um eine wirkliche Bedrohung darzustellen. Aber so weit würde es nur kommen, wenn Segev unvorsichtig war.
Er sah aufmerksam zu, wie Maarken und Masul den Kampf eröffneten. Das erste Aufeinanderklirren von Stahl ließ Hollis zusammenzucken. Segev hatte sie fast vergessen. Morgens war sie ihm für kurze Zeit entwischt, wahrscheinlich, um zu Maarken zu laufen. Als wenn einer von ihnen irgendwelchen Trost aus der Begegnung ziehen könnte. Er sah ihr weißes, erschöpftes Gesicht mit den riesigen Augen und drückte wie zum Trost ihre Hand.
Maarken war vielleicht einen Fingerbreit größer als Masul, doch der hatte breitere Schultern. Beinahe schienen sie einander gewachsen zu sein. Segev warf einen raschen Blick auf die Wasseruhr, die man von Rohans Zelt hierhergebracht hatte, um die Dauer des Kampfes zu messen. Sobald der Pegel in der unteren Kugel um einige Grade gestiegen war, wollte Segev handeln. Die Gegner würden bis dahin schon müde sein und die Nerven aller Anwesenden zum Zerreißen gespannt. Niemand würde auf den unbedeutenden, jungen »Lichtläufer« achten, der dann den Ausgang des Duells bestimmen würde.
Er unterdrückte ein zufriedenes Grinsen und holte tief Luft. Er konnte warten.
Kapitel 28
Riyan sah mit kritischen Augen zu, wie Maarken und Masul versuchten, die Stärken und Schwächen des Gegners zu erkunden. Zweifellos war Maarken mit seinen eleganten, geschmeidigen Bewegungen der bessere Krieger. Doch Masul kämpfte mit kontrolliertem Feuer, das wie in einem Brennofen sengend heiß geschürt war. Maarken musste versuchen, Masul wütend zu machen, damit ihn ein Wutausbruch unvorsichtig machte. Oder er konnte auf sein besseres Training und seine Kampftechnik vertrauen. Im Moment hielt er sich zurück und führte die üblichen Finten und Paraden aus, um Masuls Schwächen aufzuspüren. Doch Riyan erkannte wie jeder andere Schwertkämpfer, was auch Maarken sehen musste: Masul hatte nicht viele Schwächen.
Der angebliche Sohn von Roelstra hatte einen meisterhaften Lehrer gehabt. Riyan konnte sich gut vorstellen, dass irgendein Ritter, der sich auf Gut Dasan zur Ruhe gesetzt hatte, wohl Unterhaltung gebraucht hatte. Wenn er keine eigenen Söhne unterrichten konnte, musste die Entdeckung eines so begabten Schülers an so einem Ort das ideale Ventil für Langeweile gewesen sein. Es gab sicher viele solcher jungen Männer in den Prinzenreichen, die sich mit dem Schwert einen Weg aus der Gewöhnlichkeit in die Wache eines Lords oder Prinzen und vielleicht sogar zu eigenem Besitz verdienten. Andry war der Beweis, dass nicht jeder Edelsohn zum Kämpfer geboren war; Masul zeigte, dass nicht jeder Bauer für den Pflug bestimmt war.
Dennoch gab es einiges, was er anscheinend nicht kannte. Zunächst schien es, als ob Maarken fast zu raffiniert kämpfte, besonders im Vergleich mit Masuls brutaler Direktheit. Doch er erkannte bald die Unterschiede im Kampfstil, und als der Kampf härter wurde, nickte Riyan langsam, weil er sah, dass Maarken eine entscheidende Schwäche von Masul bemerkt hatte. Hiebe und Paraden mit einer Hand beherrschte er vollkommen, doch er hatte die schlechte Angewohnheit, sein Schwert weit über die linke Schulter zurückzunehmen, um einem wenig eleganten, zweihändigen Schlag besondere Wucht zu verleihen, als würde er Holz hacken. Hätte er Maarken dazu bringen können, sein Gleichgewicht zu verlieren, so wäre dieser Schlag
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