Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
geworfen wurde, und trat mit einem Stiefel auf sein Handgelenk. Das zweite Messer zuckte hoch, als die Knochen brachen. Dann richtete sich Masul auf. Er nahm sich Zeit, um sich hinzustellen, als stünde er Modell für eine Szene auf einem Wandteppich. Er hielt sein Schwert mit beiden Händen auf Maarkens Brust, um es ihm ins Herz zu senken.
    Die Messer aus Rohans Stiefeln lagen nur für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Händen, ehe sie so schnell durch die Luft sausten, dass man sie nur als winzigen, glitzernden Silberfaden sehen konnte. Beide fuhren so dicht nebeneinander in Masuls Hals, dass Rohan hören konnte, wie ihre Griffe aneinanderschlugen, als sie unter Masuls entsetztem Zusammenzucken zitterten.
    Das Schwert fiel zu Boden; Maarken rollte sich mühsam zur Seite, und es verfehlte ihn nur um Handbreite. Masuls Finger und sein langsam zusammensinkender Körper wussten, was sein Gehirn noch nicht hinnehmen wollte: Er war ein toter Mann. Seine ungläubigen, weit aufgerissenen Augen suchten Rohan. Es dauerte sehr lange, bis er in die Knie ging. Er sah auf das Blut hinunter, mit dem sein Leben über seine Brust und auf den Boden strömte, als müsse es das Blut eines anderen sein. Seine Lippen bewegten sich, doch die Stahlklingen in seiner Kehle machten ihn stumm. Rohan sah regungslos zu, wie Masul vorwärts wankte und starb, immer noch in völligem Erstaunen.
    Eine Riesenhand schien sich um alle Kehlen, sogar die von Rohan, geschlossen zu haben.
    Sioned kam mühsam auf die Beine und stellte sich schwankend neben Rohan. Er warf ihr einen Blick zu, ehe er sich zu seinem Sohn umwandte. Pol klammerte sich gerade eben aufrecht an Sorins Arm. Doch als Rohan losging, folgte ihm Pol. Seine Entschlossenheit half ihm über die Schwäche hinweg.
    Rohan zog seine Messer aus Masuls Hals, wischte sie am Gras ab und steckte sie wieder in seine Stiefel. Pol wiegte Maarkens Kopf auf den Knien, wischte ihm den blut- und schweißverkrusteten Dreck vom Gesicht und flüsterte drängend den Namen seines Vetters. Maarken stöhnte. Seine Augenlider flatterten, dann sah er auf.
    Seine Worte schmerzten Rohan unsäglich. »Tut … tut mir leid, mein Prinz«, flüsterte er. »Ich … habe versagt …«
    »Nein!«, rief Pol aus. »Du bist angetreten, einen Mann zu besiegen, nicht einen Zauberer!«
    Raues Lachen zog Rohans Aufmerksamkeit auf sich. Miyon von Cunaxa stand wütend vor ihm und fauchte: »Also das ist die Geschichte, die Ihr uns auftischen werdet? Ihr sprecht von Hexerei? Eine feine Ausrede dafür, dass Ihr heute mehr Gesetze gebrochen habt, als Ihr in Eurem ganzen Leben erlassen habt, Hoheprinz! Die einzige Hexerei, die es heute gab, war das, was die Faradh’im taten …«
    »Um beide Männer vor Verrat zu schützen!«, schrie Pol zornig. »Wie könnt Ihr es wagen …«
    »Wenn Ihr glaubt, dass ich Euch das abnehme, Bürschchen, dann seid Ihr noch dümmer als Euer Vater!«
    Rohan sprach jetzt entschieden und sehr gefasst. »Ich habe das Gesetz gebrochen, indem ich Masul selbst getötet habe. Aber ich werde über die Umstände weder mit Euch noch mit sonst jemandem streiten. Ich bin sogar in Versuchung, noch ein paar andere Gesetze zu brechen und meine Truppen bei Euch einmarschieren zu lassen. Wenn Ihr glaubt, Ihr könntet Eure Befehle rascher nach Norden senden als ich, dann redet nur weiter.« Er machte eine Pause. »Andernfalls haltet Euren Mund, und verschwindet von hier.«
    Chay war jetzt auch bei ihnen und nahm seinen Sohn in die Arme, während seine Hoheit von Cunaxa trotz seiner Wut so klug war, Rohans Rat zu befolgen. Maarken protestierte schwach, es ginge ihm ganz gut und er wäre doch kein Kind mehr. Sein Vater brachte ihn mit einem einzigen Blick zum Schweigen und blickte dann zu Rohan auf.
    »Also, bevor hier noch jemand einen Aufruhr veranstaltet, möchte ich endlich meinen Sohn rausbringen!«
    Auf einen Wink von Rohan kam Tallain angerannt. »Sag den Prinzen, dass sie sich heute Abend bei mir einfinden sollen. Und hol einen Arzt. Weder meine Frau noch meine Schwester sind zur Zeit ansprechbar.«
    »Ich kümmere mich um Lord Maarken, wenn Eure Hoheit gestatten«, sagte plötzlich Gemma, die mit Tilal erschienen war. »Ich kenne mich in medizinischen Dingen aus.«
    Tilal nickte bestätigend, und so trugen sie Maarken vom Feld. Mit Danladis Unterstützung kümmerte sich Gemma geübt um Maarkens Wunden und Blutergüsse, nachdem sie ihm einen Schlaftrunk verabreicht hatte, der ihm gnädig weitere Schmerzen

Weitere Kostenlose Bücher