Mondlaeufer
und sie mit Kräften bekämpfte, die denen der Faradhi glichen – und doch wieder nicht. Es war, als würden sich ihre Hände auf beiden Seiten eines feinmaschigen Gewebes treffen. Handflächen und Finger passten, es war wie die Wärme von Haut zu Haut ohne eine wirkliche Berührung. Sie schlug zurück und forderte die wirbelnden Lichtläufer auf, noch mehr zu geben, bis sie nichts mehr hatten.
Sioned bemerkte plötzlich einen Rückzug, das Fehlen von Macht und Farben eines Faradhi. Sie konnte nicht einhalten, um die verlorene Kraft zurückzufordern; sie suchte und fand andere und stöhnte auf, als sie die glänzende, schier endlose Kraft ihres Sohnes erkannte, die ihr freigiebig angeboten wurde. Wie sie es getan hatte, als er kaum einen Tag alt war, benutzte sie seine rohe Kraft und dankte der Göttin für seine Gaben, während sie sie gleichzeitig anflehte, ihn zu schützen. Pandsala kämpfte sich wieder hoch. Rohan hatte sie zu Boden sinken lassen, als Sioned mit ihrer Beschwörung begann. Sie war noch immer Teil dieser Beschwörung und fühlte Sioneds drängendes Verlangen nach ihrer Kraft. Doch es war nicht wie vor vielen Jahren, als sie dem mächtigen Griff der Lichtläuferin gegenüber hilflos gewesen war. Sie konnte den größeren Teil von sich und damit ihren bewussten Willen Sioneds Zugriff entwinden.
Sie stolperte vorwärts, hielt an, um Luft zu holen, und musterte die feuerüberglänzten, entsetzten Gesichter unter dem rauchigen Glanz um sich herum. Wer war es, und wo war es? Ihre Ringe brannten sich in ihr Fleisch, ihr Denken glühte. Doch zum ersten Mal waren es zwei unterschiedliche Wahrnehmungen von Macht. Sie überschnitten sich gelegentlich und waren einander bemerkenswert ähnlich, doch sie ließen sich ganz fein voneinander unterscheiden. Eine davon konnte sie leicht als die Faradhi- Kraft ausmachen, die von Sioned ausging. Die andere war auf seltsame Weise getrennt von der Höchsten Prinzessin und zog sie zu einer anderen, gleichwertigen Macht.
Plötzlich erkannte sie die Quelle. Sie erkannte sie so instinktiv, wie sie wusste, wie man atmet. Wilde Augen in einem katzenhaften, feuerüberglänzten Gesicht – einem Gesicht, das ihr schon vorher seltsam bekannt vorgekommen war. Die Augen hatten eine andere Farbe, doch das Gesicht war plötzlich das Spiegelbild von jemandem, den sie ihr halbes Leben lang gehasst hatte, ein Gesicht, das sie in den Albträumen ausgelacht hatte, die jetzt wahr geworden waren. Ianthes Gesicht.
Pandsala schrie beinahe auf, als diese Erkenntnis sie qualvoll traf. Ianthes Gesicht, Ianthes Sohn, Ianthes Sieg. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund, Hexenblut, das sie mit ihm teilte, und wusste, dass sie sich selbst gebissen hatte. Ihre Unterlippe glühte wie die goldenen und silbernen Ringe um ihre Finger, ihre Lichtläufer-Ringe, die in Gegenwart von Hexerei aufjammerten. Schmerz schoss durch ihren Körper, doch statt heißem Zorn fühlte sie eisige Ruhe.
Er war ganz in ihrer Nähe. Sie schob sich an Chay vorbei, der seine beinahe besinnungslose Frau in den Armen hielt, und drängte Volog, Ostvel und Alasen beiseite, die mit weit aufgerissenen Augen das Drama beobachteten. Der Junge sah sie nicht. Er hielt sich an der jungen Lichtläuferin fest, die Maarken heiraten wollte, und starrte fest auf den Feuerdom. Pandsala ging näher.
Sie war jetzt nahe genug, um ihn berühren zu können, um die Schatten in seinen Augen zu sehen. Ihre Form, die dichten Wimpern und wie sie in seinem Gesicht standen – er war wie Ianthe. Die Farbe seiner Augen war jetzt durchdringend grün ohne jedes Grau – wie die von Roelstra. Pandsala hob ihre Hände, um sie ihm aus dem Schädel zu kratzen.
Auf einmal sah er sie und stieß die andere Frau von sich fort. Pandsala stürzte sich mit einem erstickten Schrei auf ihn. Er war einer von denen, die Pols Leben, seine Macht und seine Vernichtung wollten. Ianthes jüngster Sohn Segev, der dies alles heiß ersehnte, obwohl und gerade weil Pol sein eigener Bruder war. Das Alte Blut in ihr schrie und drängte sie, nicht nachzugeben. Es versprach ihm ungeahnte Kräfte, wenn sie sich auf die Seite des Volkes ihrer Mutter stellte, von dem ihre Macht stammte.
Pandsala grub ihre Nägel in die Schultern ihres Neffen. Er wimmerte kläglich und versuchte sich loszureißen. Sie griff nach seiner Kehle und presste ihre Daumen in die Vertiefung an seinem Hals.
Höllenqualen durchjagten plötzlich jeden Nerv ihres Körpers. Ihre Hände fielen von seiner Kehle ab
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