Mondlaeufer
es aufzuheben. Als die ersten Flammen aus Masuls Körper leckten und sich ausbreiteten – und schon fast ihn und Kiele erfassten –, stieß er die Klinge seiner Frau ins Herz. Als sie in sich zusammensank, zog er ihr das Messer aus der Brust und senkte es in seine eigene. Sie waren tot, noch ehe ihre Kleider angesengt waren.
Andry fuhr herum und blitzte Ostvel voll blinder Wut an. Rohan aber, der nahe genug stand, um in den Augen seines alten Freundes zu lesen, erkannte etwas anderes, das ihn überraschte. So wie Ostvel Ianthe den Tod gebracht hatte, um Sioneds Händen deren Blut zu ersparen, so hatte er Lyell und Kiele den Tod gebracht, um Andry zu schonen – und Alasen.
Kapitel 30
Hollis erwachte in fremder Umgebung. Anstelle der weißen Wände und einfachen Ausstattung der Lichtläufer-Zelte gab es beruhigende, weiche, blaue Seide, abgeschirmte Fenster, die das Sonnenlicht einließen, und luxuriöse Eleganz. Sehr lange lag sie einfach auf den kühlen Laken, denn sie war zu müde, um mehr zu tun, als den Kopf zu drehen und ihre Umgebung in sich aufzunehmen. Irgendwann regten sich Schuldgefühle; sie hatte kein Recht, hier in den Zelten der Wüste zu sein, als gehöre sie zu Maarkens Familie. Sie konnte gar nicht glauben, dass sie je versucht hatte, als seine Frau eine von ihnen zu werden. Ganz sicher würde das jetzt nie mehr wahr werden. Selbst wenn er ihr verzieh, blieb doch die Tatsache, dass sie bald sterben würde.
Ein breitschultriger Schatten tauchte neben ihrem Bett auf, zögerte und trat dann auf den dicken Teppich. Hollis erkannte Meath und wandte ihr Gesicht ab.
Meath lachte leise, als er auf sie herabsah. »Na ja, Ihr seht wirklich ziemlich schrecklich aus«, sagte er zu ihr. »Aber alles, was Ihr braucht, ist etwas Gutes zu essen und ein Bad. Um Ersteres kümmere ich mich sofort, und Ihr werdet sicher jeden Bissen essen! Auch bei Letzterem würde ich liebend gern helfen, aber dann würde mich Maarken wohl dafür verprügeln.«
Ohne es zugeben zu wollen, fühlte Hollis so etwas Ähnliches wie ihren alten, trockenen Humor um ihre Mundwinkeln zucken. O Göttin, wie lange war es her, seit sie zum letzten Mal gelacht hatte?
»Ach, kommt schon, Hollis.« Meath kniete sich neben ihrem Bett auf den Teppich und nahm ihre Hand. »Ich bin nicht den ganzen Weg von der Schule der Göttin bis hierher geritten, um Euren Hinterkopf zu bewundern. Seht mich an. Ich kann gar nichts für Euch tun, wenn Ihr mich nicht einmal ansehen wollt.«
Sie wünschte, er würde sie wieder necken oder einfach weggehen. Es war unmöglich, sein Mitleid und seine Freundlichkeit ohne Schmerz anzuhören.
Meath seufzte. »Ich weiß, mein Gesicht ist nicht ganz nach Eurem Geschmack, aber es ist doch noch ganz ansehnlich. Es wird sogar gelegentlich gut aussehend genannt, wenn ich auch fürchte, dass die Damen, die das sagten, etwas betrunken waren.«
»Oder es war sehr dunkel, und das durch Euer Zutun«, hörte sie sich sagen.
»Das ist schon besser! So, könnt Ihr Euch aufsetzen? Gut.« Er stopfte Kissen hinter ihren Rücken, in die sie sich müde zurücksinken ließ, während ein Lächeln über ihr Gesicht glitt. »Ich dachte, ich hätte gerade etwas Wein gesehen …«
»Nein!« Sie fand sich selber am Rande der Panik wieder und zwang ihren Körper, sich zu entspannen. »Verzeiht. Ich hätte wirklich gern etwas zu trinken, bitte.«
Meath strich ihr das Haar zurück und sagte mit weicher, mitleidiger Stimme: »Er hat es also in den Wein getan?«
»Und in den Tee und in alles andere – oh, Meath …«
»Schsch. Wir reden später darüber.« Er ging zum Tisch und goss aus einem schönen, hellen Weinkrug aus Syr zwei Kelche voll. »Eines spricht wirklich für das Leben in der Wüste – Prinz Davvi versorgt seine Schwester mit dem besten Wein, der je abgefüllt wurde. Das hier ist eine Mischung aus Moosbeeren und Trauben, die um Sioneds alte Heimat River Run herum wachsen. Ihr müsst einmal dorthin reisen. Es ist ein hübsches Fleckchen, wenn man mal von all dem Wasser absieht!«
Sie lächelte wieder, diesmal etwas befreiter, und nippte an dem Wein. Meath redete über River Run und Wein aus Syr und wie gut sich die Höchste Prinzessin damit auskenne. Schließlich entspannte sich Hollis ein wenig. Meath sah es ihrem Gesicht an und unterbrach sich selbst mitten im Satz.
»Ich nehme an, Ihr wüsstet gerne, was inzwischen passiert ist.«
Sie nickte müde. »Ich erinnere mich an gar nichts, nach … nach …«
»Schon klar.
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