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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Faolain. Unten war sie dünn wie eine Schwertspitze, doch nach oben hin war sie so breit wie der Fluss und so hoch wie die Bäume.
    »Das ist es, wovor du Angst hast!«, rief er über das Toben des Windes und der Flammen hinweg. Der Wind zerrte an ihrem Schal und an ihren Haaren, die dunkelrot in ihr weißes Gesicht flogen. »Wie kannst du sagen, dass du mich liebst, wenn du hasst, was ich bin? Das hier ist es, was ich bin, Alasen, das ist es, was Macht ausmacht!«
    Er sah das Entsetzen in ihren Augen. Wäre er jemand anders, so hätte sie ihn geliebt. Also gut, sollte sie doch sehen, was er wirklich war, dachte er bitter und wütete gegen ein Leben, das sie ihm genommen hatte, obwohl er bisher alles bekommen hatte, was er sich wünschte. Er zog sie in den Malstrom wirbelnder Farben hinein, zwang sie, mit ihm zusammen wilde Schönheit hervorzurufen. Er hob beide Arme, und der feurige Lindwurm brannte höher und heller, als er nicht nur von seiner, sondern auch von ihrer Gabe genährt wurde. Funken wurden vom Wind davongetragen, fielen ins Wasser, glänzten auf und zischten, ehe sie verschwanden. Die Bäume auf beiden Seiten des Flusses bogen sich und erzitterten; Vögel flogen mit wildem Gezeter erschrocken von ihren Zweigen auf, einige direkt in die Flammen und in ihren Tod. Das Wasser brodelte und sammelte sich zu einer glänzenden, rotgoldenen Welle, die an das jenseitige Ufer klatschte.
    Alasen taumelte zur Seite, wobei sie den Schal vor ihrer Brust zusammenhielt. Andry griff mit aller Macht nach ihr und zeigte ihr ein gewaltiges Farbenspiel: Farben, die niemand je gesehen oder benannt hatte. Er ließ sie die eindrucksvolle Kraft der Lichtläufer-Kunst spüren, doch all die Dinge, die für ihn herrlich und wunderschön waren, entsetzten sie. Sie schrie auf, als der Wind ihren Körper und die Macht ihren Geist durchrüttelte.
    »Andry, bitte!«, schluchzte sie. »Es tut weh! Lass mich!«
    Der Wirbelwind legte sich. »Alasen, vergib mir, es tut mir leid! Ich wusste nicht, dass es dir wehtun könnte! Ich wollte nur …Alasen, bitte!«
    Doch sie stolperte Hals über Kopf den Hang hinauf und verschwand in den Schatten des Waldes, während er ein letztes Mal ohne große Hoffnung ihren Namen rief.
    Es war kaum noch hell, als sie davonrannte; die Sonne hing schon hinter den Hügeln im Westen, und die gezackten, schwarzen Silhouetten der Bäume stachen gegen einen fahlen, graugelben Himmel ab. Und dann gab es überhaupt kein Licht mehr, während sie den bewaldeten Hang hinaufstolperte. Sie hätte fast laut aufgeschluchzt, als sie die Lagerfeuer sah und darauf zuhielt. Sie merkte kaum, was ihr Gesicht jedem, der Augen im Kopf hatte, verraten musste. Die flackernden Lagerfeuer blendeten sie, und sie wischte sich wiederholt beschämt die Augen, als die Wachen sie anstarrten. Endlich erkannte sie ihre eigenen scharlachroten Zelte und den großen Pavillon ihres Vaters. Erleichtert taumelte sie hinein.
    Starke Arme fingen sie auf. Sie ließ sich hineinsinken und barg dankbar ihr Gesicht in einer weichen, samtenen Tunika. Doch als ihr Herzschlag sich allmählich beruhigte und ihr Geist Stück für Stück die Flammen verdrängen konnte, erschrak sie. Es war gewiss ein Fehler gewesen herzukommen, ehe sie sich wieder in der Gewalt hatte. Ihr Vater hätte sie nie in diesem Zustand sehen dürfen. Er würde mit dem unversöhnlichen Zorn von Eltern, die ihr Lieblingskind beschützen, Andry alle Schuld geben. Neuer Schrecken durchfuhr sie, als sie daran dachte, was für Worte oder Taten folgen konnten und welche Feindschaft ihretwegen entstehen mochte.
    Sie raffte sich auf, um sich aus den Armen ihres Vaters zu lösen. Doch die tränenfeuchte Tunika zeigte nicht das Scharlachrot von Kierst. Der Samt war dunkelblau mit einem schwarzen Joch und bedeckte breitere und muskulösere Schultern als die ihres Vaters. Bestürzt stellte sie fest, dass die dunkelgrauen Augen von Lord Ostvel auf sie herabblickten.
    »Herrin«, murmelte er verlegen, während er im hellen Lampenlicht puterrot wurde. »Verzeiht mir. Euer Vater hatte mich hergebeten und wurde dann fortgerufen. Er bat mich, auf ihn zu warten. Ich wollte nicht … Aber Ihr wart so … Ich wollte nur helfen … verzeiht mir«, endete er.
    Er stammelte wie ein Schuljunge, und ihr wurde klar, dass er ebenso betreten war wie sie. Merkwürdigerweise gewann sie durch sein Unbehagen einen Teil ihrer Haltung zurück. »Ich danke Euch, Herr. Ich bin sehr froh, dass Ihr hier wart.«
    Er sah auf

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