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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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hinunter?«, antwortete sie mit perfekter Selbstbeherrschung, obwohl ihre Wangen sehr blass waren. Doch das konnte auch der Kontrast zu dem leuchtenden Rot und dem tiefschwarzen Samt sein. »Ja, es ist wohl an der Zeit, dass wir uns unterhalten, Herr.« Sie drehte sich anmutig zu ihrem Vater um. »Darf ich?«
    »Natürlich.« Volog nahm einen bestickten Fransenschal, legte ihn seiner Tochter um die Schultern und küsste sie auf die Wange. »Es wird früher dunkel, als du denkst, und es ist schon kühl. Bleib nicht zu lange weg.«
    Als sie Vologs Lager verlassen hatten, fing Alasen an: »Ich war vorhin bei den Pferden, um beim Verkauf zuzusehen. Die Tiere Eures Vaters haben hervorragende Preise erzielt.«
    »Das ist immer so.«
    »Neulich habe ich eine sehr schöne Stute bewundert. Ich hatte gehofft, mein Vater würde sie mir kaufen, aber Lord Ostvel hat sie sich schon geholt. Sie war zweifellos für Riyan bestimmt.«
    »Zweifellos.«
    Sie gingen schweigend durch die weißen Zelte der Schule der Göttin und die blauen der Wüste, und dann begann Andry, höfliche Konversation zu machen.
    »Ich war den ganzen Tag bei Zusammenkünften mit unzähligen Leuten. Aber es gab dort niemanden, den ich wirklich sehen wollte. Ich konnte einfach nicht früher zu Euch kommen. Alles ist so schnell gegangen. Vor dem heutigen Tag hatte ich noch keine Zeit, die Prinzen offiziell als neuer Herr der Schule der Göttin zu empfangen.«
    »Es ist eine große Ehre, von Lady Andrade erwählt zu sein.«
    »Ich weiß. Es macht mir auch etwas Angst«, gab er zu. Aber größer als seine Furcht war sein Zorn. Die Feindseligkeit in den Augen einiger Adliger hatte seinen Verdacht bestätigt: Wenn gewissen Leuten schon die Vorstellung, einen Lichtläufer als Hoheprinz zu haben, nicht gefiel, so gefiel ihnen der Enkel eines Prinzen als Herr der Schule der Göttin noch weniger. Er musste ihnen zu verstehen geben, dass er nicht von Stronghold aus gelenkt werden würde. Andrade war zu parteiisch gewesen. Das konnte er nicht sein, seine Ehre verbot es. Seine Stellung als Herr der Schule der Göttin verdankte er seinen angeborenen Faradhi- Kräften, nicht seiner Verwandtschaft mit Pol.
    »Ich weiß, dass Ihr Eure Sache gut machen werdet, Andry«, sagte Alasen.
    Mit dir an meiner Seite gewiss, dachte er erregt. Doch das konnte er nicht laut sagen. Noch nicht. »Ich hatte heute auch endlich Gelegenheit, mit meinem Bruder zu sprechen.« Er lächelte plötzlich. »Ich dachte, er würde mich schlagen, als ich ihm erklärte, er müsse meine offizielle Erlaubnis einholen, wenn er Hollis heiraten wolle. Jedenfalls, bis er merkte, dass ich Spaß machte. Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen!«
    Sie lächelte ihn von der Seite her an und hatte ein lustiges Funkeln in den Augen. »Schämt Euch, Herr! Euer eigener Bruder! Ich bin allerdings überrascht, dass er Euch nichts an den Kopf geworfen hat.«
    »Aber er wäre auch enttäuscht gewesen, wenn ich ihn nicht aufgezogen hätte!«, lachte Andry. »Außerdem nahm er es so ernst. Es war witzig, wie er rot wurde, den Mund bewegte und kein Wort herausbrachte!«
    »Trotzdem war es nicht besonders nett. Nach allem, was er durchgemacht hat …«
    Andry sah ihren plötzlichen Schmerz und sagte eilig: »Genau darum sollte er lachen. Mein Vater sagt, das ist das beste Heilmittel.« Er rieb sich trübselig die Schulter. »Maarken hat sich trotzdem noch ganz gut gerächt, als er es merkte und ich nicht mehr aufpasste!«
    Alasen lachte. »Erwartet Ihr etwa Mitleid von mir?«
    Sie schwiegen wieder, während sie den flachen Hang zum Fluss hinuntergingen. Das Knirschen ihrer Stiefel auf dem Uferkies untermalte die Abendlieder der Vögel mit einem Rhythmus. Sie gingen an der Brücke vorbei flussabwärts, weg von dem Platz, wo am Morgen Masul, Kiele und Lyell verbrannt worden waren. Eine Brise trug den Geruch nach Salz herüber und kündigte frühen Herbstregen aus den Wolken an, die vor der Küste lauerten.
    Schließlich konnte Andry nicht mehr länger an sich halten. »Alasen …«
    »Bitte. Nicht.« Sie legte ihre Handflächen gegen einen großen, grauen Felsen. Er starrte auf die scharlachroten, blauen und weißen Blumen, die in ihren Schal eingewebt waren, und sah, dass sich ihre Schultern nervös strafften. »Ich muss das auf meine Weise sagen, Andry.«
    »Alles, was ich hören will, ist, dass du mich liebst und mit mir gehen wirst und …«
    »Du willst, dass ich Faradhi werde, wie du.«
    »Du bist doch wie ich. Ich habe deine

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