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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Stück von dem Marschapfel anbot; Äpfel brachten sie zum Würgen. Um Meath brauchte man sich keine Sorgen zu machen; er war hungrig geboren und aß für zwei. Und was Chay anging, der ließ wie Rohan und Urival das Essen zugunsten des ausgezeichneten syrenischen Weins stehen.
    Tobin runzelte missbilligend die Stirn, als Rohan Tallain winkte und eine weitere Flasche öffnen ließ. Doch sie sah bald, dass es unwahrscheinlich war, dass der Alkohol einen von ihnen betrunken machen würde. Sie tranken nicht aus einem der üblichen Gründe: um zu vergessen, um zu feiern, um ihren Schmerz zu betäuben. Sie tranken, um Mut zum Reden zu finden.
    Was Tobin am meisten sorgte, war das Fehlen irgendwelcher Gespräche, die nicht absolut oberflächlich waren. Es gab Dinge, die ausgesprochen und geklärt werden mussten. Doch nicht einmal sie wagte es, heute Abend irgendwelche verfänglichen Themen anzuschneiden. Noch nicht; jedenfalls nicht, solange alle so verdammt ernst aussahen.
    Sie war den Gefühlen gegenüber, die der bedrückten Stimmung zugrunde lagen, nicht unempfindlich; sie teilte die anhaltende Trauer um Andrade, sie fühlte dasselbe Entsetzen darüber, wie die anderen gestorben waren, und vor allem die bleierne Müdigkeit der Lichtläufer. Doch wenn sie nicht miteinander sprachen, konnte es kein Verstehen geben, konnte man mit den schrecklichen Ereignissen dieses Rialla nicht wirklich fertig werden.
    Dennoch fehlten noch einige, die hätten da sein sollen. Sie winkte Tallain heran und fragte ihn, ob er wüsste, wo Andry und Ostvel wären. Der Jüngling schüttelte den Kopf und hob bedauernd die Schultern.
    »Tut mir leid, Herrin. Ich habe in ihren Zelten Nachricht hinterlassen, aber …«
    Tobin knabberte einen Moment lang an ihrer Unterlippe. »Aha. Schick bitte jemanden los, sie zu suchen.« Sie ging zu Riyan hinüber, der neben Meath saß. Die beiden erhoben sich, doch Tobin winkte nur ab. »Seid nicht kindisch«, mahnte sie mit schwachem Lächeln. »Riyan, was ist mit Eurem Vater passiert?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen, seit er zu Prinz Volog ging, Herrin.« Er lehnte sich zu Sorin vor. »Warum wollte Euer Herr eigentlich mit meinem Vater reden?«
    »Ach, das.« Sorin schluckte und zuckte mit den Schultern. »Er wollte ihm noch einmal dafür danken, dass er Allie neulich geholfen hat. Sie war ganz schön durcheinander, wisst Ihr. Ostvel hat sie wieder einigermaßen beruhigt.«
    »Da du so viel weißt, kannst du mir vielleicht auch sagen, wo dein Bruder steckt?«, fragte Tobin.
    »Das kann ich nicht, Mutter«, erwiderte Sorin ungezwungen. »Aber einmal ganz offen, Riyan, wenn ich euer Vater wäre, würde ich ihm eine Weile aus dem Weg gehen. Habt ihr eigentlich Andrys Gesicht gesehen, als Ostvel Lyell dieses Messer zugeworfen hat?«
    »Das war Gnade«, sagte Meath langsam. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob so etwas zu Andrys Auffassung von Gerechtigkeit passt.«
    Tobin runzelte die Stirn. Sie stimmte dem Lichtläufer zwar zu, wollte jedoch nur ungern zugeben, dass sie ihren eigenen Sohn nicht verstanden hatte. Es war keine gute Sache, dass man seine eigenen Söhne nicht sah, solange sie bei ihren Ziehherren waren. Man hatte sie als kleine Jungen in Erinnerung, und es war dann äußerst beunruhigend, sie plötzlich als junge Männer wiederzusehen. Es geschah so schnell, dass man ihren neuen Stolz als Erwachsene verletzte, wenn man sie unüberlegt als die Kinder behandelte, die sie schon seit Jahren nicht mehr waren.
    Und wer war der Nächste, fragte sie sich trocken, der geschickt einem Thema auswich, über das man reden musste?
    »Sorin«, sagte sie unvermittelt, »hol mir einen Becher Wein.« Er stand auf, um ihre Bitte zu erfüllen, und Tobin fand, dass es sehr angenehm war, wenn junge Leute Manieren hatten. Sie setzte sich neben Meath und Riyan und fragte ohne Umschweife: »Sagt mir die Wahrheit: Was ist mit Maarken passiert, als er mit Masul kämpfte?«
    Meath riss verblüfft die Augen auf; Riyan, an den die Frage gerichtet gewesen war, legte seine Gabel ab und schüttelte den Kopf. »Herrin, wie alle anderen Lichtläufer habe ich nur wenig gesehen.«
    »Ich glaube, Ihr habt mehr gesehen als viele von ihnen«, murmelte Tobin. Riyan wurde rot. »Verzeiht mir, aber …«
    »Ich weiß«, flüsterte er. »Aber ich muss mich erst noch an den Gedanken gewöhnen.«
    Meath sah verwirrt aus, doch keiner von beiden klärte ihn auf. Tobin fragte weiter: »Was habt Ihr gesehen?«
    Riyan sah auf seine Ringe hinunter.

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