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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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müssen es im Kopf bewahrt haben, und als die anderen besiegt waren, wurde es nicht mehr weitergegeben. Natürlich wurde es dann vergessen.«
    Urival unterbrach seine zornige Reaktion auf Andrys Worte selbst und sagte: »Das war viel Gerede um die Vermutung, dass sie vielleicht das, was in dieser Spruchrolle hier steht, benutzt haben, um diese unbekannten Feinde zu schlagen – deren Existenz noch nicht einmal bewiesen ist.«
    »Nicht?« Andry sah seine Großtante an. »Ganz am Anfang, als Ihr hier Herrin wurdet, saht Ihr doch, wie mächtig der Hoheprinz Roelstra war.«
    Die Edelsteine an ihren Ringen vibrierten im Feuerschein und verrieten das plötzliche Zittern ihrer Hände. »Ich wusste sehr lange, was aus ihm werden würde. Als er jung war, kam er auf Brautschau in die Burg meines Vaters.«
    Andry riss die Augen auf, denn diesen Teil der Geschichte hatte er noch nie gehört. »Aber da müsst Ihr doch schon Lichtläuferin gewesen sein.«
    »Ja. Ich besuchte gerade meinen Vater und meine Zwillingsschwester zu Hause, deine Großmutter Milar. Ich weiß, was du sagen willst, Andry. Ich sah die Macht der Faradh’im schwinden und sah, wie Roelstras wachsende Macht unseren Einfluss bedrohte. Darum verheiratete ich meine Schwester mit Prinz Zehava, denn ich hoffte, dass eines ihrer Kinder die Gabe besitzen und ein Sohn sein würde. Jemand, den ich zum ersten Lichtläufer-Prinzen ausbilden wollte.«
    »Es wurde bloß nichts daraus«, murmelte Urival.
    »Nein. Stattdessen kam die Fähigkeit bei deiner Mutter durch, Andry. Dann brachte ich Rohan und Sioned zusammen, denn ich wusste, dass sie sehr mächtig war.« Andrades Gesicht zeigte einen Anflug von Bitterkeit.
    »Und jetzt ist Pol der Prinz, den Ihr ersehnt habt«, fuhr Andry fort. »Aber es ist sogar davor schon so weit gewesen, Herrin. Sioned ist Höchste Prinzessin und zögert nicht, ihre Gabe auch zum Herrschen einzusetzen, wenn es nottut. Pandsala tut dasselbe als Regentin der Prinzenmark. Mein Bruder Maarken und Riyan von Skybowl – und vielleicht andere, von denen wir noch nichts wissen –, sie alle sind Lichtläufer und Herrscher, und eines Tages wird Pol das sein. Die Methoden der Faradh’im verbinden sich mit denen der Prinzen, weil Ihr beschlossen habt, dass es so sein muss.«
    »Und müssen wir jetzt die Methoden unserer Feinde übernehmen, weil du beschließt, dass es so sein muss?«, fuhr sie ihn an.
    »Wir sollen sie nicht übernehmen. Aber warum sollen wir nicht tun, was unsere Vorfahren wahrscheinlich auch getan haben?«
    »Weil sie sicher gute Gründe hatten, dieses Wissen nicht mitzunehmen und uns das Sternenlicht zu verbieten.« Andrade lehnte sich in ihren Stuhl zurück und wirkte auf einmal sehr alt. »Sprich einmal mit Rohan darüber, ob man wirklich Methoden benutzen darf, die man verabscheut, um etwas zu bekommen, das ganz sicher richtig ist. Was meinst du wohl, warum er sein Schwert im großen Saal von Stronghold aufgehängt hat, nachdem er Roelstra besiegt hat?«
    »Aber er hat gekämpft und gewonnen! Und gerade deshalb konnte er eine Welt schaffen, in der das Gesetz regiert, nicht das vergossene Blut.«
    »Du willst also, dass wir lieber die dunklen Sterne benutzen als das reine Licht von Sonne und Monden?«
    »Ihr habt es zugegeben: Sioned hat Sternenlicht benutzt – und wenn sie auch keine Faradhi -Ringe mehr trägt, so kann doch niemand an ihrer Treue zweifeln.«
    Urival stand abrupt auf. Andry hatte hervorragend gelernt, logisch zu argumentieren. »Lasst uns jetzt allein. Ihr habt gesagt, was Ihr denkt. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass niemand hiervon erfahren darf.«
    »Nein, Herr. Das braucht Ihr nicht.« Aus Andrys Worten sprach keine Erbitterung, doch seine Augen waren voller Auflehnung. Er verbeugte sich vor den beiden und ging.
    Andrade schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Wenn ich nicht noch ein Weilchen lebe, um diesem Jungen etwas Vorsicht einzubläuen, sind wir verloren.« Sie hob ihr Gesicht zu Urival empor. »Meinst du, ich lebe noch so lange?«, fragte sie wie im Scherz, doch ihre Augen waren trübe.
    »Du wirst es sein, die den Kelch erhebt und meine Asche auf dem Wind davontreiben sieht«, antwortete er. »Aber nur, wenn du bald etwas Schlaf bekommst.«
    »Da kann ich nicht widersprechen. Pack die Schriftrollen an einen sicheren Platz.«
    »Das tue ich. Und dann komme ich zurück und sehe nach, ob du schläfst.« Er lächelte. »Störrische, alte Hexe.«
    »Dummer, alter Kerl.«
    Nachdem Urival die

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