Mondlaub
trefft mich immer in den unmöglichsten Situationen an.«
Talavera lächelte. »Ihr wart wohl auf dem Fest und Euch ist vom Tanzen schwindlig geworden.«
Ihr lag schon eine Verneinung auf der Zunge, als sie an sich herabblickte und ihr auffiel, dass sie noch immer das Kleid der Infantin trug. Die Lage war noch unmöglicher, als sie gedacht hatte. Mit etwas Glück achtete Talavera nicht auf so weltliche Dinge wie Kleider.
»Ja«, stimmte Layla langsam zu. »So ist es.« Sie stand auf; die Luft flimmerte vor ihren Augen und der Pater musste sie erneut stützen.
»Besser, ich bringe Euch in Eure Kammer«, sagte er sachlich.
»Ihr jungen Leute solltet nicht so wild sein. Doña Lucia, Ihr müsst Euch den Mund aufgeschlagen haben, als Ihr gestürzt seid. Ihr blutet.«
Talaveras Freundlichkeit machte es ihr schwer, genügend Gegenargumente zu finden, als er ein paar Tage später in Begleitung des Kardinals Mendoza Suleiman aufsuchte. Glücklicherweise geschah diesmal nichts Peinliches. Erst eine Viertelstunde vorher hatte Suleiman sie getreten, und sie hatte ihm eine Ohrfeige verpasst, aber nun saßen die beiden Sprösslinge der Banu Nasr friedlich bei einem Brettspiel. Nicht Schach - Schach, hatte Layla entschieden, war noch zu schwer für Suleiman -, sondern das Spiel, das die Kastilier »Dame« nannten.
Sie wusste, dass sie vor einem Kardinal niederknien und seinen Ring küssen sollte, aber sie brachte es einfach nicht fertig.
Stattdessen knickste sie tief, als er mit Talavera eintrat, und sagte, sie und ihr Neffe seien tief geehrt durch seinen Besuch. Der unglückselige Suleiman verstand inzwischen genügend Rastilisch, um lauthals zu fragen: »Wieso? Er ist ein Ungläubiger und ich bin der nächste Emir von Granada!«
»Du bist das nächste Futter für die Hunde, wenn du nicht den Mund hältst«, zischte Layla auf Arabisch und entschuldigte sich bei Don Pedro Gonzales de Mendoza, Kardinal von Spanien.
Doch was sie befürchtet hatte, trat ein. Der Kardinal fixierte sie streng.
»Ich hatte geglaubt, meine Tochter, Ihr würdet Eurem kleinen Verwandten den Irrtum Eurer alten Lehren aufzeigen und ihn auf den Weg leiten, den Ihr vorangegangen seid. Jedoch scheint mir…« Ihr war schon länger der Verdacht gekommen, dass die christlichen Könige mehr als nur eine Fessel für Muhammad im Sinn gehabt hatten, als sie seinen Sohn als Geisel forderten.
»Euer Eminenz«, erwiderte Layla, bevor sie sich zurückhalten konnte, »Granada würde einen christlichen Emir niemals akzeptieren.« Er runzelte die Stirn und sie fügte hastig hinzu: »Überdies bin ich nur eine Frau und selbst neu im Glauben und daher ungeeignet, einen anderen Menschen zu unterweisen.«
Seine Mundwinkel zuckten. »So viel Bescheidenheit ehrt Euch, meine Tochter, aber immer wenn ich eine Frau sagen höre, sie sei nur eine Frau, warte ich bereits auf den Angriff von hinten.«
Layla erinnerte sich an die drei unehelichen Kinder des Kardinals und schwieg. Unter anderem, weil ihr nicht einfiel, wie sie darauf antworten sollte. Der Kardinal verschränkte die Arme und fuhr fort, sie zu mustern, von oben bis unten. Fray Hernando de Talavera schien die Zeit zum Eingreifen gekommen.
»Niemand«, sagte er begütigend, »will eine Taufe dieses Kindes erzwingen. Erzwungene Bekenntnisse sind ein großes Übel vor dem Herrn, auch wenn einige meiner Brüder bedauerlicherweise… aber lassen wir das. Doch Ihr müsst verstehen, Doña Lucia, dass wir alle die Hoffnung hegen, das Kind durch Erziehung zum wahren Glauben zu bekehren. Wie auch das ganze Reich Granada.«
»Fray Hernando«, sagte Kardinal Mendoza mit schwachem Lä cheln, »ist ein Idealist. Ich bin dafür, Granada zu erobern, er ist der Letzte von uns, der noch den Geist der Apostel in sich trägt.
Er will es bekehren.«
Wenn Layla nicht so sehr darauf geachtet hätte, diesmal ihre Beherrschung zu bewahren, wäre ihr der Mund offen geblieben.
Bekehren? Wie, um alles in der Welt, stellte sich der Beichtvater der Königin das vor?
»Die Bekehrung scheint mir immer noch die christlichste Möglichkeit zu sein, den Islam von unseren Gestaden zu vertreiben«, gab Talavera zurück, und Layla hatte den Eindruck, die beiden führten ein freundschaftliches Streitgespräch, das ihnen sehr vertraut war. Mendoza zog eine Grimasse.
»Einigen wir uns darauf, zuerst zu erobern und dann zu bekehren… ohne Zwang, ganz wie Ihr wollt, Fray Hernando.«
Dem Madchen wurde bewusst, von welcher Eroberung sie
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