Mondlicht steht dir gut
Gericht.
Durch den dichten Wald und das volle Laub hindurch konnte er die Gestalten von mindestens einem Dutzend Menschen ausmachen. Polizisten oder freiwillige Helfer? fragte er sich. Er wußte, daß sie bisher noch nichts gefunden hatten, weshalb die Suche auf ein größeres Gebiet ausgedehnt worden war. Voller Verzweiflung machte er sich klar, daß sie damit rechneten, Maggies Leiche zu finden.
Er schob die Hände in seine Hosentaschen und senkte den Kopf. Endlich brach er das Schweigen. »Sie kann nicht tot sein«, sagte er. »Das wüßte ich, wenn sie tot wäre.«
»Neil, laß uns gehen«, sagte sein Vater ruhig. »Ich weiß nicht mal, warum wir überhaupt hergekommen sind. Hier herumzustehen hilft Maggie bestimmt nicht.«
»Was soll ich denn deiner Meinung nach tun?« fragte Neil in einem Ton, der seinen Zorn und seine Frustration verriet.
»Chief Brower zufolge hat die Polizei noch nicht mit diesem Hansen geredet, aber sie haben herausgefunden, daß er gegen Mittag in seinem Büro in Providence erwartet wird. Im Moment sehen sie ihn nur als unbedeutende Randfigur an. Sie werden die Information über seine Betrügereien, die Norton seinem Brief beigefügt hat, an den Bezirksstaatsanwalt weiterleiten. Aber es würde nicht schaden, wenn wir in Hansens Büro sind, sobald er reinkommt.«
»Dad, du kannst doch nicht erwarten, daß ich mich jetzt um Aktiengeschäfte kümmere«, entgegnete Neil verärgert.
»Nein, und jetzt im Moment kümmern die mich auch nicht weiter. Aber du hast nun mal die Order zum Verkauf von fünfzigtausend Aktien rausgegeben, die Cora Gebhart gar nicht besaß. Du hast wahrhaftig das Recht, in Hansens Büro zu gehen und ihn dir vorzuknöpfen«, sagte Robert Stephens eindringlich.
Er schaute seinem Sohn in die Augen. »Siehst du denn nicht, worauf ich hinauswill? Irgendwas an Hansen hat Maggie ein äußerst ungutes Gefühl vermittelt. Ich glaube nicht, daß es reiner Zufall ist, daß gerade er der Bursche ist, der ihr ein Angebot auf ihr Haus gemacht hat. Du kannst ihm mit der Aktiengeschichte auf den Leib rücken. Aber ich will vor allem deshalb sofort zu ihm, damit wir eine Chance haben herauszufinden, ob er auch nur das geringste über Maggies Verschwinden weiß.«
Als Neil auch weiterhin den Kopf schüttelte, zeigte Robert Stephens auf den Wald. »Wenn du wirklich glaubst, daß Maggies Leiche irgendwo da draußen liegt, dann geh und schließ dich dem Suchtrupp an. Zufälligerweise hoffe ich – glaube ich –, daß sie noch am Leben ist, und wenn das stimmt, dann wette ich, daß ihr Entführer sie nicht in der Nähe ihres Wagens zurückgelassen hat.« Er machte kehrt, um loszufahren. »Besorg dir bei jemand anders eine Mitfahrgelegenheit. Ich fahre jetzt nach Providence, um Hansen zu treffen.«
Er stieg in den Wagen und knallte die Tür zu. Als er den Zündschlüssel herumdrehte, sprang Neil auf der Beifahrerseite hinein.
»Du hast recht«, gab er zu. »Ich weiß nicht, wo wir sie finden, aber hier bestimmt nicht.«
78
Um 10 Uhr 30 wartete Earl Bateman auf der Veranda seines Bestattungsmuseums auf Chief Brower und Detective Haggerty.
»Der Sarg war gestern nachmittag noch hier«, sagte Bateman erregt. »Ich weiß das, weil ich eine Führung gemacht habe und mich erinnern kann, daß ich noch extra darauf hinwies. Ich kann nicht fassen, wie jemand die Unverschämtheit aufbringen könnte, einfach zum Spaß eine so wichtige Sammlung wie diese hier zu entweihen. Jedes einzelne Stück in meinem Museum habe ich erst nach peinlich genauen Recherchen erworben.«
»Halloween steht ja vor der Tür«, fuhr er fort, während er mit der rechten Hand, Daumen voran, auf seine linke Handfläche einschlug. »Garantiert hat sich eine Bande Jugendlicher diese Frechheit geleistet. Und ich kann Ihnen gleich jetzt verraten, daß ich sie definitiv verklage, falls es das ist, was passiert ist. Keine mildernden Umstände, weil es sich um einen ›Bubenstreich‹ handelt, verstehen Sie?«
»Professor Bateman, warum gehen wir nicht rein und unterhalten uns darüber?« sagte Brower.
»Selbstverständlich. Vielleicht hab ich ja auch eine Abbildung des Sargs in meinem Büro. Es ist ein Gegenstand von besonderem Interesse, und ich habe sogar vor, ihn zum Glanzstück einer neuen Ausstellungsszenerie zu machen, wenn ich das Museum erweitere. Folgen Sie mir.«
Die beiden Polizeibeamten gingen durch die Eingangshalle hinter ihm her, vorbei an der lebensgroßen, schwarz gekleideten Figur in den Raum, der früher
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