Mondlicht steht dir gut
betreten, es sei denn, sie hatten guten Grund, sich Sorgen zu machen. Schwester Markey jedoch schien schwer von Begriff: Bloß weil die Tür nicht abgeschlossen war, hatte sie nicht das Recht, einfach hier hereinzuplatzen. Manche Leute schienen die aufdringlichen Schwestern zu schätzen. Greta gehörte jedenfalls nicht dazu.
Wie befürchtet kam Schwester Markey hereinspaziert, das energische Gesicht von einem professionellen Lächeln aufgehellt, noch bevor Greta auf das Klopfen reagieren konnte. »Wie geht’s uns denn heute abend, Mrs. Shipley?« fragte sie laut, während sie auf Greta zuging, sich auf dem Fußkissen abstützte und ihr dabei mit dem Gesicht unangenehm nahe kam.
»Mir geht’s ganz gut, danke, Miss Markey. Ihnen hoffentlich auch.«
Greta fand das fürsorgliche »Uns« oder »Wir« ärgerlich. Sie hatte schon mehrfach darauf hingewiesen, aber diese Frau hatte eindeutig nicht die Absicht, irgend etwas zu ändern; wozu also die Mühe? fragte sich Greta. Plötzlich stellte sie fest, daß sich ihr Herzschlag allmählich beschleunigte.
»Wie ich höre, hatten wir einen Schwächeanfall in der Kirche …«
Greta legte sich die Hand auf die Brust, als könne sie damit das wilde Herzpochen beschwichtigen.
»Mrs. Shipley, was ist denn los? Alles in Ordnung?«
Greta spürte, wie nach ihrem Handgelenk gegriffen wurde.
So plötzlich, wie es begonnen hatte, ließ das Herzrasen wieder nach. Sie schaffte es zu sagen: »Geben Sie mir nur einen Moment. Mir geht’s gleich wieder gut. Ich hab eben bloß nicht richtig Luft bekommen, das ist alles.«
»Ich möchte, daß Sie sich zurücklehnen und die Augen zumachen. Ich geh rasch Dr. Lane holen.« Schwester Markeys Gesicht war jetzt nur noch Zentimeter von ihrem eigenen entfernt. Instinktiv wandte sich Greta ab.
Zehn Minuten danach versuchte Greta, die nun, von Kissen abgestützt, in ihrem Bett ruhte, dem Arzt zu versichern, daß der kleine Anfall, den sie erlitten hatte, völlig ausgestanden sei. Später jedoch, als sie allmählich mit der Hilfe eines milden Schlafmittels einzudösen begann, konnte sie sich nicht der beängstigenden Erinnerung daran erwehren, wie nur zwei Wochen zuvor Constance Rhinelander, die erst so kurz hiergewesen war, unerwartet einem Herzanfall erlegen war.
Erst Constance, dachte sie, dann Nuala. Großmutters Haushälterin hat doch immer gesagt, daß Todesfälle dreifach auftreten. Bitte, laß mich nicht die dritte sein, dachte sie, als sie einschlummerte.
14
Nein, es war kein Alptraum gewesen; es war tatsächlich geschehen. Die volle Bedeutung der Ereignisse aus den letzten paar Tagen wurde Maggie nachdrücklich bewußt, als sie in Nualas Küche stand, hier in dem Haus, das nun – unglaublich, aber wahr – ihr gehörte.
Um drei Uhr hatte Liam geholfen, ihr Gepäck aus dem Gästezimmer der Woods’ herüberzuschaffen. Er hatte die Sachen oben auf der Treppe stehenlassen. »Weißt du schon, welches Schlafzimmer du benützen willst?« hatte er gefragt.
»Nein.«
»Maggie, du siehst so aus, als ob du gleich zusammenklappst. Bist du dir sicher, daß du hierbleiben willst? Ich finde nicht, daß das so eine tolle Idee ist.«
»Ja«, hatte sie nach einem Moment des Nachdenkens erwidert, »ich will wirklich hierbleiben.«
Während sie nun einen Kessel Wasser aufstellte, sagte Maggie sich dankbar, daß eine der nettesten Eigenschaften von Liam war, nicht zu widersprechen.
Anstatt weiterhin Einwände vorzubringen, hatte er schlicht erklärt: »Dann laß ich dich jetzt allein. Aber ich hoffe wirklich, daß du dich eine Weile ausruhst. Fang nicht gleich an, auszupacken oder Nualas Sachen durchzugehen.«
»Heute abend bestimmt nicht.«
An der Tür hatte er einen Arm um sie gelegt und sie freundschaftlich an sich gedrückt. Dann war er
verschwunden.
Maggie, die mit einemmal völlig erschöpft war und sich so träge bewegte, als sei es schon mühsam, einen Fuß vor den anderen zu setzen, hatte die Haustüren vorne und hinten abgeschlossen und war dann die Treppe hinaufgestiegen. Als sie einen Blick in die verschiedenen Schlafzimmer warf, stellte sie sofort fest, daß Nuala ihr das zweitgrößte zugedacht hatte. Es war schlicht eingerichtet – ein Doppelbett aus Ahornholz, ein Frisiertisch mit Spiegel, ein Nachttisch und ein Schaukelstuhl –, und es waren keine persönlichen Gegenstände zu sehen. Auf dem Frisiertisch lag lediglich eine altmodische Toilettengarnitur: Kamm, Bürste, Spiegel, Stiefelknöpfer und Nagelfeile.
Nachdem Maggie ihre
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